Gegendarstellung genügt nicht | |
Dokumentation einer Kontroverse |
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Rabanus 30. August 2001 8:07 Sehr geehrte Telepolis-Redaktion, |
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Burks 30. August
2001 9:46
Rabanus (verlag@rabanus.de) schrieb am 30. August 2001 8:07: |
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Sehr geehrter Herr Schröder, Vergangenheitsbewältigung ist nicht gerade die Stärke der
Deutschen, aber wenn Sie meinen, mir dabei helfen zu müssen, können Sie es gerne tun.
Als Arbeitsgrundlage dürften meine privat an Sie geschriebenen E-Mails
dienlich sein. Ob es die Öffentlichkeit interessiert, darf bezweifelt
werden. Gleiches gilt für das Treiben meiner Immobilienfirma, die weder
für den Pranger von Mietervereinen taugt noch für einen
Hauptstadtskandal, aber solange sich Ihre Phantasien im Rahmen
journalistischer Freiheit bewegen, wird es meinerseits keine Einwände
geben. Ich meine, das alles kann kaum Ihr wirkliches Problem sein. Was die Initiative-Dialog zum Thema Rechtsextremismus auf die Beine gestellt hat, bietet genügend Angriffsfläche, um mit uns zu streiten. Aber ersparen Sie uns dabei doch bitte Enthüllungen, die keine wären. Und stellen Sie Unverhülltes nicht in Abrede. - Wir sind stolz darauf, über das Internet so viele Menschen für dieses Thema interessieren zu können. Zumeist mehr als 10.000 Seitenabrufe pro Tag sprechen für eine Nachhaltigkeit, die nicht jeder Internetinitiative beschieden sein dürfte. Allerdings sind unsere Inhalte überwiegend plakativ, aber sie kommen besser durch als bleierne Analysen von Leuten, die nicht so sehr wie wir in der unmittelbaren Auseinandersetzung mit den Rechtsextremisten stehen. Den einzigen Vorwurf, den ich Ihnen durchgehen lasse, ist derjenige,
dass unsere WebSites "wirr" seien. Es gibt drei Betrachtungswinkel. Erstens die politische Zielgruppe, zweitens das intellektuelle Niveau, drittens das Userverhalten. Wir wollen alle Zielgruppen erreichen. Und das klappt auch, wie sich an
Zuschriften, Mitwirkung, Verlinkungskommentaren und Anfragen zur
Textübernahme in andere Webs und Projekte zeigt. Wir erreichen zugleich Linksextremisten und Autonome dadurch, dass sie bei uns in Foren und Chat auf Rechtsextremisten treffen können. Wir erreichen vor allem die "ganz normalen Menschen", die dankbar dafür sind, dass sie bei uns weitgehend schlüssige Humanismusformeln sammeln können, die sie in der Auseinandersetzung nicht dümmer aussehen lassen als die mit verinnerlichten Antihumanismusparolen auftretenden Extremisten. - Von solchen "Normal-Menschen" bekommen wir die meisten E-Mails, während sie sich weniger in den Foren oder im Chat zu Wort melden würden. Wir sind gerne für sie da. Das intellektuelle Niveau der User spiegelt ebenfalls die ganze Breite
der Gesellschaft. Vom Halbalphabeten bis zum Hochschullehrer. Letzteren
sind wir als "Blick in die Praxis" interessant, aber er fühlt
sich möglicherweise im Elfenbeinturm wohler. Trotz der vielen Anfragen,
die wir mühevoll für Hochschulen beantworteten, befand es nie jemand
für erforderlich, etwas von den gewonnenen Erkenntnissen in die
praktische Arbeit zurück fließen zu lassen. Der "bloß neugierige Besucher" wird in allen Framesets
berücksichtigt. Vor allem im ersten Frameset, welches in seinem
Inhaltsverzeichnis Titel aufruft, die den Neugierigen auf die Seiten
verführen. Der "systematische Besucher" findet schnell über das "Register" zu besserer Übersicht. Der "Stamm-User" interessiert sich ohnehin nach kurzer Zeit nicht mehr für die WebSite, sondern klickt sich direkt in die interaktiven Bereiche, also in die Foren und in die Chats der verschiedenen Webs, vor allem www.Nazis.de und www.Zigeuner.de Insgesamt riskieren wir es, belächelt zu werden, aber auch die Unzulänglichkeit ist Teil des Konzepts, denn der eingestandene Versuch emanzipiert unsere Leser und das ist effektiver als eine Krone mit falschen Steinen. Folgende Punkte machen uns hingegen nicht glücklich: - wir würden gerne mehr Vertiefungsangebote erarbeiten, aber dazu fehlt die Zeit in unserem seit fast drei Jahren täglichen Dauerstress mit immer neuen und akuten Problemen, - wir würden gerne mehr mit der kommunalen Jugendpflege zusammenarbeiten, denn uns werden aus der ganzen Bundesrepublik Probleme Jugendlicher bekannt, die sich nicht virtuell lösen lassen, aber auch die Organisation solcher Zusammenarbeit wäre wiederum eine Mehrbelastung, die wir nicht schaffen können, wenn sie nicht von staatlicher Seite selbst initiiert wird, - wir würden gerne den Nazis.de-Chat rund um die Uhr moderiert sehen, aber das lässt sich mit Ehrenamtlichen nicht realisieren, weshalb unsere einzige Forderung an die öffentliche Hand lautet, dass der Chat von einem öffentlichen Träger mitbetreut wird, - wir würden gerne das katastrophale "Design" aufgebessert sehen, denn es ist eine Zumutung für täglich Tausende, wobei es keine Hochglanz-Site werden müsste, weil dadurch die Schwellenängste zur Interaktion wachsen würden. Uns wäre Hilfe statt Kritik an den von uns in keiner Weise verheimlichten Missständen erheblich willkommener. Ob Sie glauben, in mir einen Vertreter der Totalitarismustheorie bekämpfen zu müssen, spielt a) für die Anforderungen, die an journalistische Arbeit zu stellen sind, keine Rolle, b) werden die widerstreitenden Theorien weder der Faschismus-Analyse noch der Sozialismus-Analyse gerecht, weil beide Theorien allzu sehr dem System-Konflikt verpflichtet waren. Die Initiative-Dialog behauptet für sich keinen Königsweg, bestreitet niemandem das Recht auf die Lichterkette und die Verhinderung von Nazi-Aufmärschen, einzig behaupten wir, dass man reden muss "mit denen", weil wir die Erinnerung allein noch nicht für Aufklärung halten, weil wir wissen, dass Menschen nicht bleiben müssen, wie sie sind, aber bis zu ihrer Veränderung nicht allzu "pop" Schäden anrichten müssten, wenn man sich mehr um sie kümmerte; weil wir Vorurteile nicht für "resistent gegen Argumente" halten usw. usf. - das alles sind Streitgegenstände zwischen vielen und uns, aber kann Ihre Methoden nicht rechtfertigen. Sie titelten Ihren Artikel und Ihre Linkliste "Hochstapler,
Mitläufer, ..." - was denken Sie, wie lange ich noch auf eine
Entschuldigung warten werde? Herr Schröder, ich habe viel Geduld,
aber ich habe keine Veranlassung, mich mit der Verletzung meiner Ehre, um
die ich selbst kein Theater machen würde, abzufinden. Mit freundlichen Grüßen |