Amok
Häufig ist von "Amokläufern"
die Rede, obwohl die Recherche zeigt, dass es sich um gründlich vorbereitete
Verbrechen handelt. Auch wegen der Häufigkeit des tatfinalen Suizids drängt
sich der Vergleich mit "Selbstmordattentätern"
auf.
Der Begriff "Selbstmordmassaker" scheint oftmals angebrachter.
Bei Überlegungen zur Prävention steht die Betrachtung des Täterprofils im medialen Vordergrund, aber sicherlich wäre es gut, wenn nach solchen Taten mehr über die Opfer berichtet würde. -sven-20090315
http://de.wikipedia.org/wiki/Amok
gibt nachstehende Auskunft:
Amok (malaiisch: meng-âmok, in blinder Wut angreifen und töten) ist eine
psychische Extremsituation, die durch Unzurechnungsfähigkeit und absolute
Gewaltbereitschaft gekennzeichnet ist. Die Täter, die in einer solchen
Ausnahmesituation Straftaten begehen können, nennt man Amokläufer oder auch
Amokschützen, falls sie Schusswaffen gebrauchen, oder Amokfahrer, falls sie
Fahrzeuge einsetzen.
Laut Definition der Weltgesundheitsorganisation (WHO) versteht man unter Amok
„eine willkürliche, anscheinend nicht provozierte Episode mörderischen oder
erheblich (fremd-)zerstörerischen Verhaltens. Danach Amnesie und/oder Erschöpfung.
Häufig auch der Umschlag in selbst-zerstörerisches Verhalten, d.h. Verwundung
oder Verstümmelung bis zum Suizid“.
Definitionen
Im DSM-IV wird Amok in den Rubriken Dissoziative Störungen und Störungen der
Impulskontrolle aufgeführt, im Glossar kulturabhängiger Syndrome wird Amok als
„eine dissoziative Episode, die durch eine Periode des Grübelns
charakterisiert ist, auf die ein Ausbruch gewalttätigen, aggressiven oder
menschengefährdenden Verhaltens folgt, das sich auf Personen und Objekte
richtet“ definiert. Das ICD-10 dagegen verwendet den Begriff nicht.
Begriffsgeschichte
Ursprünglich war Amok keine private Einzeltat, sondern im Gegenteil eine im
indonesischen Kulturkreis kriegerische Aktion, bei der einige wenige Krieger
eine Schlacht dadurch zu wenden versuchten, indem sie ohne jegliche Rücksicht
auf Gefahr den Feind blindwütig attackierten (dieses Muster findet sich auch
beim Berserker).
Im 17. bis zum 19. Jahrhundert erreichte der Begriff den westlichen Kulturkreis.
Dies geschah insbesondere durch europäische Berichterstatter (z.B. durch
Captain Cook), wurde aber weiterhin mit der malaiisch-indonesischen Kultur in
Verbindung gebracht, insbesondere bei spektakulären Fällen wie etwa in
Kapstadt 1786. Im westlichen Sprachgebrauch erfuhr die Bezeichnung bis heute
eine erweiterte Bedeutung und ist inzwischen bedeutungsgleich für jegliche Art
blindwütiger Aggression mit oder ohne Todesopfer.[1]
Noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts glaubte man, dass Amokläufer nur im
Vollrausch ihre Tat begingen. Im renommierten Lexikon von Meyer aus dem Jahre
1888 heißt es dazu:
Zitat aus Meyer: „Amucklaufen (Amoklaufen, vom javan. Wort amoak, töten),
eine barbarische Sitte unter mehreren malaiischen Volksstämmen, zum Beispiel
auf Java, besteht darin, dass durch Genuss von Opium bis zur Raserei Berauschte,
mit einem Kris (Dolch) bewaffnet, sich auf die Straßen stürzen und jeden, dem
sie begegnen, verwunden oder töten, bis sie selbst getötet oder doch überwältigt
werden.“
Der Begriff Amoklauf erfuhr eine Bedeutungsveränderung, da er für Taten
benutzt wird, die keinesfalls spontan erfolgen, sondern geplant und gelegentlich
auch durch sogenannte Leakings angekündigt werden können. Unterschieden werden
zudem zwei Formen von Gewalttaten, die als „Amokläufe“ bezeichnet werden:
die rein fremdgerichtete Aggression und der erweiterte Suizid.
In der US-amerikanischen Kriminologie gibt es weitere sprachliche
Unterscheidungen, wie den so genannten spree killer (abgeleitet von killing
spree – ins Deutsche übersetzt etwa Töten im Rausch). Während der als „spree
killer“ bezeichnete Täter sein Wirkungsgebiet sehr weit ausdehnen kann,
beschränkt sich der klassische Amokläufer auf ein relativ kleines Gebiet. Im
Gegensatz zu einem Serienmörder sind die Taten von Amokläufern auf einen eher
kurzen Zeitraum beschränkt und unterliegen selten sexualpathologischen Motiven.
Die im angloamerikanischen Raum heute gebräuchliche Bezeichnung School Shooting
wird im deutschen Sprachraum oft als Schulamoklauf bezeichnet.
„School Shooting“
In vielen wissenschaftlichen Publikationen hat sich für schulbezogene Amoktaten
der Begriff School Shooting durchgesetzt, wenngleich nicht alle Taten mit
Schusswaffen oder jede Schießerei auf Amoktaten zurückzuführen sind. Mit
diesem Begriff werden Tötungen und Tötungsversuche von Jugendlichen
bezeichnet, die in einem direkten Bezug zu einer schulischen Einrichtung
begangen werden. Dieser Bezug kann sich in der Wahl der Opfer insbesondere auch
nach ihrer Funktion in der entsprechenden Bildungseinrichtung äußern. „Amokläufe
bzw. Massenmorde an Schulen“ und „schwere zielgerichtete Gewalttaten an
Schulen“ werden häufig synonym verwendet. In Medien ist häufig auch von
„Schulmassakern“ die Rede.
Empirik
Die Empirik zu Amoktaten wird zur Zeit zumeist als ungenügend bewertet, da es
zum einen eine niedrige Prävalenz gibt sowie erhebliche Unterschiede bei den
Fallkonstellationen (Lange & Greve, 2002) auftauchen. Zudem fehlt es an
einer einheitlichen Definition sowie der zweifelhaften interkulturellen Übertragbarkeit
von empirischen Befunden und dem häufigen Tod des Täters (durch Suizid oder
Fremdtötung; vgl. Gallwitz, 2001).
Die meisten Fälle zeigen einen unmittelbar nach der Tat anschließenden
Suizid(-versuch) auf. Daher wird auch von „Homizid-Suizid“ gesprochen (extrafamiliar
homicid suicide nach Kuehn & Burton, 1969; vgl. auch Adler, 2002).
Angenommen wird, dass der Suizid keine spontane Reaktion sei, sondern ein
geplantes abschließend geplantes Tatelement darstellt. Darüber hinaus wird
aber auch vermutet, dass Täter sich suizidieren, um eine Rückkehr in die
„Hauptrealität“ nach der Tat zu vermeiden (Lempp, 2006).[5]
Monokausale Erklärungsansätze, die Amoktaten auf eine einzige Ursache zurückführen,
scheiterten bei der Erklärung des Phänomens. Vielmehr wirken Voraussetzungen
des sozialen Umfelds mit Voraussetzungen in der Persönlichkeit des Amokläufers
zusammen. Während früher ein Amoklauf als direkte Folge einer individuellen
psychischen Störung angesehen wurde, gilt diese Erklärung heute als widerlegt.
Als Auslöser eines Amoklaufs gelten eine fortgeschrittene psychosoziale
Entwurzelung des Täters, der Verlust beruflicher Integration durch
Arbeitslosigkeit, Rückstufung oder Versetzung, zunehmend erfahrene Kränkungen
sowie Partnerschaftskonflikte. Meist spielen vor einem Amoklauf mehrere Faktoren
eine Rolle. Dabei sind diese nicht unmittelbar direkt vor dem Ereignis gelegen,
sondern können bereits seit längerer Zeit bestehen.
Die Täter sind meist Männer mit aggressions- und konfliktgehemmter Persönlichkeit.
Typisch sei, dass es sich bei Amokläufen nicht um Affekthandlungen (relativ
spontanen, vom Täter nicht kontrollierbaren Handlungen aus starken Gefühlen
heraus) handelt, sondern vielmehr um eine Folge allmählicher Entwicklung
gewalttätiger Gedanken und Fantasien.[6]
Bei einer statistischen Auswertung durch A. Schmidtke, S. Schaller, I. Müller,
D. Lester und S. Stack 2002 wurden Zeitungsberichte von 143 Ereignissen aus den
Jahren 1993 bis 2001 ausgewertet. Dabei wiesen sieben Prozent der Täter eine
psychiatrische Vorgeschichte auf. Tatmotiv war meist Rache (61 Prozent).[1]
Andere Untersuchungen wie die Auswertung von 30 nordamerikanischen Amokläufen
von Hempel, Meloy & Richards (1999) gehen von einem Täteranteil von 40 bis
67 Prozent mit psychotischen Symptomen aus, wovon die meisten unter paranoiden
Wahnvorstellungen litten.[7] Adler et al. hatten 1993 ebenfalls aus
Presseberichten von 196 Fällen eine Quote von 55 Prozent psychisch erkrankter Täter
ermittelt, wovon 15,3 % an Psychosen, 5,1 % an Wahnerkrankungen, 14,8 % an
schweren Persönlichkeitsstörungen, 14,3 % Intoxikationen und 5,6 % an Affektstörungen
litten.
Phasenartiger Ablauf
In seiner Dissertation „Über nicht kulturgebundene Amokläufe“ hat Schünemann
1992 die These der sogenannten Amokphasen aufgestellt,[9] der typische Amoklauf
spielt sich demnach nach folgendem Muster ab:
Vorstadium
Zunächst erfolgt das Vorstadium eines mehr oder weniger langen Brütens und Grübelns.
Dem potenziellen Täter erscheint sein Umfeld zusehends undurchdringlich, seine
Sichtweise der Welt verdunkelt sich mehr und mehr, er isoliert sich selbst, vor
allem bezüglich seiner sozialen Kontakte und zieht sich weitgehend aus der Welt
zurück, die für ihn immer bedrohlichere Züge annimmt. Die erlernten
Anpassungsmechanismen zerfallen allmählich, soziale und psychische
Desintegration vermischen sich und setzen einen Regressionsprozess in Gang.
Tat
Unmittelbar vor der Tat erfolgt ein Wutanfall, der sich in einer Reihe von Tötungshandlungen
ohne ersichtliches Motiv entlädt. Dabei wird der Blick des Amokläufers starr,
er reagiert kaum auf andere Reize, ist nicht mehr ansprechbar. Während der Tat
ist die Impulskontrolle ausgeschaltet, der Täter befindet sich in einem
„Zustand der inneren Leere“.
Abschluss
Der Täter befindet sich danach oft in einem Zustand der Amnesie und Erschöpfung
oder zeigt selbstzerstörerisches Verhalten bis hin zum Selbstmord. Statistisch
gesehen töten sich 27 Prozent der Täter selbst, in 16 Prozent der Fälle
werden sie getötet, wobei nicht ausgeschlossen werden kann, dass eine Absicht
zum „suicide by cop“ (selbstmörderische Absicht, sich von der Polizei
erschießen zu lassen) bestehen kann.
Quellenhinweise bei http://de.wikipedia.org/wiki/Amok