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"Erfordernisse und Grenzen deutscher und europäischer Politik in Asien" - Rede des Staatssekretärs des Auswärtigen Amtes, Jürgen Chrobog, vor der Jahresversammlung der Deutschen Gesellschaft für Asienkunde, 22.05.2003 

Rede des Staatssekretärs des Auswärtigen Amtes, Jürgen Chrobog, vor der Jahresversammlung der Deutschen Gesellschaft für Asienkunde im Atrium der Deutschen Bank, Unter den Linden, 22. Mai 2003, 18.45 Uhr, nach Begrüßung durch Herrn Jürgen Fitschen, Mitglied des Vorstands, und dem amtierenden Vorsitzenden der DGA, Herrn Hans-Ulrich Klose, Mitglied des Deutschen Bundestages 

Lieber Herr Klose, meine Damen und Herren! 

Ich bin sehr geehrt, daß ich Gelegenheit habe, heute hier vor diesem Kreis sprechen zu dürfen. Herr Klose, was meinen eigenen Lebenslauf anbetrifft, darf ich noch auf eines verweisen. Ich habe meinen ersten Auslandsposten in Singapur gehabt und dort fast viereinhalb Jahre gelebt. Damit schließt sich ein Bogen, der fast die ganze Welt umspannt. Und diese Erfahrung hat auch immer eine gewisse Affinität zu dieser Region aufrecht erhalten. Asien ist für mich immer attraktiv und interessant gewesen. Meine Damen und Herren, ich bedaure, daß Herr Minister Fischer heute nicht hier sein kann. Er hätte heute gern zu Ihnen gesprochen, aber der Termindruck ist im Augenblick so groß, daß es ihm nicht möglich war. Herr Klose, ich darf Ihnen sehr herzlich im Namen der Bundesregierung für Ihre zwei Jahre Vorsitz in der DGA danken. Was diese Gesellschaft leistet, ist für uns auch als Bundesregierung von ganz großer Bedeutung, weil sie doch sehr viel Input gibt in das Denken und Handeln der Politiker. Ich freue mich, daß mit Theo Sommer ein Nachfolger gefunden worden ist, der in der Tat politische und wissenschaftliche Fähigkeiten miteinander verbindet, und der es durch seine journalistische Laufbahn sehr gut versteht, Sachverhalte nach außen hin zu kommunizieren und der deutschen Bevölkerung das Verständnis für schwierige Fragen zu vermitteln. Herr Fitschen, ich darf Ihnen sehr herzlich für die Gastfreundschaft danken. Ich habe bereits viele interessante Stunden in diesem Hause verbracht. Ihnen und der Deutschen Bank gebührt die Anerkennung dafür, daß Sie immer bereit stehen, als Gastgeber aufzutreten. Hier verbinden sich Politik, Wirtschaft, Kultur in einem Maße, wie es gerade in Berlin jetzt von besonderer Bedeutung ist. Ich glaube, daß gerade die Bundesregierung auch in ihrer Asienpolitik auf die Zusammenarbeit von Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft angewiesen ist. Meine Damen und Herren, das beeindruckende Wachstum der Weltwirtschaft nach dem 2. Weltkrieg, noch weiter beschleunigt nach dem Ende des Kalten Krieges, schuf eine wechselseitige Abhängigkeit der Weltregionen voneinander, die die Welt nie zuvor gesehen hatte. Die geistigen Wurzeln für diese Globalisierung in Asien, die mit Verwestlichung einherging, liegen bereits im 19. Jahrhundert. Damals entstand die Einsicht, dass Wissenschaft und Technologie zunächst Europas, später der USA, entscheidende Antriebe von Reichtum und Einfluss des Westens waren, aber auch Voraussetzungen zum eigenen staatlichen und sozialen Überleben. Daher entschloss sich zunächst Japan in den Meiji-Reformen ab 1868 zur Öffnung nach Westen. Später folgten China und – und nach der Dekolonisierung – die meisten Nationen Asiens. Seit den 1980er Jahren schufen die "Tigerstaaten" Südostasiens ein beachtliches Wirtschaftswunder. Der freie Strom von Gütern und Investitionen erzeugte Wohlstand, der sich bis weit in die Mittelschichten ausbreitete. In jenen Boom-Jahren entstanden Theorien von den „asiatischen Werten" wie Kollektivismus oder straffer Staatsführung, sowie einem von diesen Werten gekennzeichneten „asiatischen Jahrhundert". Ich erinnere mich daran, Ende der 70er Jahre, wie ich von Singapur aus mit großer Faszination über diese gesellschaftlichen Entwicklungen berichtet habe. Die Globalisierung präsentierte jedoch eine erste Rechnung mit Ausbruch der Asienkrise 1997. Die Überlegungen von Jürgen Habermas oder Dieter Senghaas zur Universalität der Menschenrechte scheinen bestätigt. Die angeblich asiatischen Werte zeigten ihre negative Kehrseite. Vetternwirtschaft, Intransparenz und mangelnde demokratische Rechenschaftslegung führten zu massivem Vertrauensverlust in Währungen und Investitionsstandorte. Aber Indonesien vollzog nach 30 Jahren der Herrschaft Suhartos, einen schmerzhaften Übergang zur Demokratie. In China beeinflusste die freie Wirtschaftsentwicklung auch den gesellschaftlichen Weg dieses Landes. Asien hat seine Fähigkeit unter Beweis gestellt, auf Krisen flexibel zu reagieren und sich neuen Herausforderungen anpassen zu können. Dies war in Einzelfällen auch gegen den Rat der Internationalen Finanzorganisationen erfolgreich. Dabei stützt Asien sich auf Primärtugenden wie Fleiß, Disziplin oder Abwesenheit von Selbstmitleid. Der Ausbruch der Lungenkrankheit SARS hat die Allgegenwart der Globalisierung auf dramatische Weise in Erinnerung gerufen. Die Reaktionen der Regierungen darauf haben unterstrichen: Gesundheitsbehörden, die betroffenen Menschen selbst wie auch die internationale Öffentlichkeit benötigen rasche Information sowie Transparenz. Die Bundesregierung begrüßt daher die Initiative der ASEAN-Staaten zur Errichtung eines regionalen Gesundheitsregimes mit abgesprochenen Regeln, denen sich der chinesische Ministerpräsident angeschlossen hat. Die neue Führung in China hat erste Konsequenzen aus der bisherigen Handhabung der Krise durch chinesische Behörden gezogen. China gehört zu den Ländern Asiens, die im 21. Jahrhundert eine Schlüsselrolle im internationalen System spielen wollen. Die neue Führung steht dabei vor in ihrer Komplexität kaum fassbaren Aufgaben. Sie muss den wirtschaftlichen Reform- und Öffnungsprozess fortsetzen, die soziale Stabilität des Landes gewährleisten, das zunehmende Wohlstandsgefälle in den Griff bekommen sowie den sozial schwachen Gliedern der Gesellschaft, wie etwa den Bauern oder Minenarbeitern, mehr Aufmerksamkeit widmen. Neben den USA und Europa ist Asien ein Kraftzentrum der Weltwirtschaft, ihre dritte Lokomotive. Die Staaten in Asien-Pazifik sind wettbewerbsfähige Exportnationen mit Tokyo, Shanghai oder Singapur als bedeutende, globale Finanzzentren. Die Staaten Ost- und Südostasiens halten mehr als die Hälfte der Devisenreserven der Welt. In Asien leben 56 % der Weltbevölkerung, aber auch 80 % der Ärmsten dieser Welt mit einem Pro-Kopf-Einkommen von weniger als einen Euro pro Tag. Zugleich ist Asien der Kontinent, der die für die Stabilität der Welt gefährlichsten Krisenherde beherbergt. Von möglicherweise vier asiatischen Nuklearstaaten gehören drei nicht dem Atomwaffensperrvertrag an. Regionale Konflikte, wie der um Kaschmir, berühren nicht nur die unmittelbar Betroffenen und ihre Nachbarn, sondern die Weltgemeinschaft insgesamt, sei es, dass Massenvernichtungswaffen und weitreichende Trägersysteme im Spiel sind, sei es, dass Terrorismus, Migrationströme und andere soziale Folgen drohen. Asien zeichnet sich, anders als andere Weltregionen, durch akute Proliferationsprobleme aus. Die Europäische Union ist bereit, Indien und Pakistan bei der Lösung des Kaschmir-Problems behilflich zu sein. Der Dialog über Sicherheit und Fragen der Konfliktprävention muss auf allen Ebenen geführt werden, zwischen Politik und Militär ebenso wie zwischen Wirtschaft und Kultur. Bisher lag die Hürde oft im fehlenden Willen, tragfähige Lösungen zu finden. Die jüngsten Schritte zur Normalisierung der indisch-pakistanischen Beziehungen machen neue Hoffnung und können Wegbereiter für eine dauerhafte Lösung bilden. Im pakistanisch-indischen Gegensatz spiegelt sich das Dilemma Südasiens insgesamt. Heimat eines Viertels der Weltbevölkerung, ist diese Region eine der Quellen des geistesgeschichtlichen Erbes der Menschheit mit hoher wissenschaftlicher Attraktivität, enormem wirtschaftlichem Potential und menschlicher Schöpfungskraft. Südasien wählte 1960 mit Frau Bandaraneike die erste Regierungschefin der Welt, 1988 mit Frau Bhutto die erste Chefin eines muslimischen Landes. Bisher steht die Region ihrer Entwicklung aber noch selber im Wege. Die südasiatische Regionalorganisation SAARC ist blockiert. Das Beispiel Sri Lanka zeigt: Es ist wichtig, dass nach Jahrzehnten von Terrorismus und Bürgerkrieg der ermutigende Friedensprozess jetzt nicht abgebrochen wird. Das Ziel der EU ist die Festigung regionaler Strukturen und die Ermutigung, Vorteile eines wirtschaftlichen Zusammenwachsens nicht politischen Konflikten unterzuordnen. Beispiel ist das Induswasser Abkommen von 1960. Im Energiesektor können Pipeline-Projekte ähnlich übergreifende Bindungen in der Region schaffen. Der nukleare Rüstungswettlauf in Südasien steht nicht allein. Das wirtschaftlich zerrüttete Nordkorea hat sich den zweifelhaften Ruf eines globalen Spielers bei der Proliferation von Raketentechnologie erworben. Konflikte, die die regionale Stabilität bedrohen, müssen von uns auch als Bedrohung europäischer Sicherheit erkannt und behandelt werden. Die dreiseitigen Pekinger-Gespräche geben der Hoffnung Raum, dass nach einer Phase kalkulierter Konfrontation in Nordostasien ernsthafte diplomatische Lösungen wieder eine Chance haben werden. Nordkorea muss auf den Pfad der Diplomatie zurückkehren und in die internationale Gemeinschaft eingebunden werden. Seine Isolierung wäre ebenso gefährlich wie die Hinnahme eines De-facto-Nuklearstatus für dieses verschlossene Land. Angesichts der Eskalation durch Nordkorea zeigen sich - wie kaum sonst in Asien - die Grenzen deutscher und europäischer Außenpolitik. Dennoch werden Deutschland und die EU von den Akteuren der Region als Partner geschätzt; sie können das regionale Umfeld positiv beeinflussen und ihren Beitrag zu Entspannung und Annäherung leisten. Wir werden uns dabei immer eng mit den USA abstimmen. Die Koalition zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus, die nach dem 11. September 2001 geschlossen wurde, stellt eine bemerkenswerte globale Koalition der Willigen dar. Mit den Methoden des Multilateralismus einerseits, einem breiten Instrumentenmix von begrenzten Kriegs- und Polizeimaßnahmen sowie Entwicklungshilfe und Dialogangeboten andererseits, ging sie den Terrorismus im Kern an. Dessen eigentliches Problem reicht tief: Gibt es einen anderen Weg zur Moderne als den der Globalisierung, den der Interdependenz ökonomisch sich entwickelnder Staaten, den der Hochtechnologie mit all ihren gesellschaftlichen Konsequenzen? Gibt es einen anderen Weg des Wirtschaftens, der aus der Globalisierung Nutzen zieht und dennoch an der eigenen Kultur und Tradition festhält? Einen anderen Weg zu einer Gesellschaft, die auf spezifischen, nicht-westlichen, kulturellen Traditionen gründet, und zugleich auf den universellen Menschen- und Freiheitsrechten? All dies sind Fragen, die in Zukunft beantwortet werden müssen. In Asien umfasst diese globale Koalition gegen den internationalen Terrorismus Staaten, die den großen Religionen und Weltkulturen angehören: Die katholischen Philippinen ebenso wie das hinduistische Indien, die islamischen Schwergewichte Indonesien, Pakistan oder Malaysia ebenso wie China oder Japan. Der Islam wird oft mit der arabischen Welt gleichgesetzt, aber die Mehrzahl der Muslime lebt in Asien. Unser Dialog mit dem Islam wird daher auch im wesentlichen in Asien geführt werden müssen. Das gemeinsame Interesse der Staaten an einer Bekämpfung der inhumanen und menschenverachtenden Ideologien des Terrorismus hat zu vielfältiger Kooperation auf globaler, regionaler und bilateraler Ebene geführt. Im Einzelnen kann sie oft gute Erfolge aufweisen, wenn auch große Herausforderungen fortbestehen, etwa in Afghanistan, Kaschmir oder den südlichen Philippinen. Es ist wichtig, diesen Konsens gegen die neuen asymmetrischen Bedrohungen zu erhalten. Er hat auch zu neuen regionalen Stabilisierungssystemen geführt wie der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit, in der Russland, China und vier Staaten Zentralasiens zusammenarbeiten. Eines bleibt jedoch unverzichtbar: Terrorismusbekämpfung darf nicht zum Vorwand für Menschenrechts-Verletzungen und für Rechtfertigung von Diktaturen werden. Der Irak-Krieg hat eine neuartige, fundamental andere Antwort auf mögliche globale Bedrohungen aus einer Region gegeben. Soll es künftig völkerrechtlich zulässig werden, in diesen Fällen präventiv mit den Mitteln des Krieges vorzugehen? Die Bundesregierung hat sich in ihrer Politik von tiefer Skepsis gegen eine durch vorbeugende Abrüstungskriege gekennzeichnete Zukunft leiten lassen. Sie hätte eine andere als die bisher gekannte, auf der VN-Satzung aufgebaute Weltordnung zur Folge gehabt. Eine, die auch die einzig verbliebene Supermacht USA wirtschaftlich überfordern könnte. Eine, die noch mehr statt – wie erstrebt - weniger asymmetrische Bedrohungsreaktionen - sprich internationalen Terrorismus - zur Folge haben könnte, vor allem bei den Modernisierungs- und Globalisierungsverlierern in den volkreichen und ärmeren Ländern Asiens. Der Fragezeichen, die der Irakkrieg hinter die Rezeptur des Multilateralismus gesetzt hat, sind noch mehr. Sie könnten langfristig gravierende Auswirkungen haben, wenn nicht aktiv entgegengewirkt wird. Es geht um das Auseinanderlaufen der öffentlichen Meinungen und Regierungsentscheidungen in Asien. Das Ende des Kalten Krieges war in Asien mit zaghaften regionalen Ansätzen für kollektive Konfliktverhütung und Streitbeilegung verbunden, die über das System bilateraler Sicherheitsverträge der Nachkriegszeit hinauswiesen. 1994 nahm das ASEAN Regional Forum (ARF) seine Arbeit auf, ein von den Außenministern gesteuerter Sicherheitsdialog. 2002 folgte der sogenannte „Shangri-La-Prozess", ein nach dem Markenzeichen der Münchener Wehrkundetagung in Singapur veranstaltetes Jahrestreffen der Verteidigungsminister. Japan, Korea, die Philippinen und Singapur haben keine Kampftruppen in den Irak entsandt, dies tat einzig Australien. Andere asiatische Staaten, insbesondere Indonesien und Malaysia, haben den Irakkrieg zum Teil heftig verurteilt. Wir müssen hoffen, dass das ASEAN Regional Forum dennoch ein neues Momentum gewinnt. Auch wenn das ARF sich bisher nicht auf bindende Rüstungskontroll- oder Streitschlichtungsmechanismen einigen konnte, bleibt es das einzige umfassende Dialogorgan für kollektive Sicherheit in Asien-Pazifik. Es geht auch in Asien um die Zukunft des Multilateralismus. Künftig werden Staaten mehr Flexibilität zeigen müssen, die - wie etwa Vietnam oder China – in der Vergangenheit vor allem die Uneingeschränktheit der Souveränität der Staaten betont haben. Zu den positiven Signalen auf diesem langen Weg zählen die Einigung über Grundsätze zur Vermeidung von Konflikten in der Südchinesischen See oder die Verhandlungen über Freihandelszonen, die zwischen China und ASEAN, aber auch zwischen anderen asiatischen Staaten geführt werden. Ermutigend ist auch die zurückhaltende Sprache der neuen chinesischen Verteidigungsdoktrin. Die USA werden überzeugende Antworten auf die Fragen ihrer Alliierten in der Region geben müssen, ob sie auch in Zukunft die seit dem Zweiten Weltkrieg geschätzte Rolle des wohlwollenden Sicherheitspartners spielen wollen oder eine neue wünschen, die Allianzen lediglich nach jeweiligem Ermessen ad hoc sucht. Europa ist in dieser Lage in Asien als „weiche" Supermacht gefragt. Es muss ihr nicht zum Nachteil gereichen, dass sie im Vergleich mit den USA nur in geringem Umfang „harte" militärische Macht in Asien projizieren kann. Die Methoden der regionalen Integration Europas werden seit der Asienkrise mit neuerwachtem Interesse verfolgt. Insbesondere der Ursprungsgedanke der EU, nämlich Verflechtung und Friedenssicherung über gemeinsame funktionale Interessen, wie dem an stabilen Waren-, Reise- oder Währungsmärkten, genießt große Aufmerksamkeit. Südostasien hat in der Hochzeit des asiatischen Kalten Krieges mit ASEAN eine Regionalorganisation geschaffen, die eine Reihe von funktionalen Aufgaben erfüllt und sich ins Zentrum stabilisierender Großstrukturen wie dem ARF und ASEAN plus Drei gerückt hat. Nach dem Scheitern des japanischen Vorschlags eines asiatischen Währungsfonds wurde – mit ASEAN im Fahrersitz von ASEAN plus Drei – ein dichtes Netz bilateraler Abkommen zur Stabilisierung der Währungen unter Einschluss Japans, Chinas und Koreas geschlossen. Ein Beispiel guter Zusammenarbeit von Asien und Europa ist Afghanistan. Die Stabilisierung Afghanistans ist – wiewohl auf gutem Wege – noch nicht unumkehrbar gesichert. Wir Deutschen können stolz sein, dass die Rückkehr Afghanistans in die Völkergemeinschaft untrennbar mit den Namen Bonn und Petersberg verbunden ist. Bundesregierung und EU arbeiten eng mit Japan zusammen, dem einzigen G-8-Partner in Asien, mit dem wir überdies gemeinsame Werte teilen. Weitere Vorbedingung für ein dauerhaft demokratisches Afghanistan ist ein System guter Nachbarschaft rund um Afghanistan, das Länder wie Iran und Pakistan oder Indien und Russland einschließt. Afghanistan darf nicht wieder zum Ausgangspunkt islamistischen Terrorismus werden. Hauptprobleme beim Wiederaufbau in Afghanistan sind die allgemeine Sicherheitslage und die Durchsetzung der Regierungsautorität in den Provinzen. Sie ist durch kriminelle Banden, Restkräfte von Al Qaida, Taliban und sich bekämpfende Milizenführer in Frage gestellt. Deutschland hat sich erheblich in dieser Region engagiert. Wir spielen eine der entscheidenen Rollen und können dies auch tun aufgrund einer traditionell, geschichtlichen Verbindung mit diesem Land. Deutschland hat sich ferner engagiert durch die Übernahme des ISAF III-Kommandos und die Führungsrolle beim Aufbau der Polizei. Die NATO hat ihre Planungen zur Übernahme des Nachfolge-Kommandos von ISAF IV begonnen. Und auch hier wird Deutschland präsent bleiben. Nation-building ist unser Ziel nicht nur in Afghanistan. Ost-Timor darf deshalb nicht aus dem Blick der Weltgemeinschaft verschwinden. Der Südwest-Pazifik ist gekennzeichnet durch eine Reihe von wenig stabilen Klein-Staaten. Es ist Aufgabe der Weltgemeinschaft, zu verhindern, dass sie sich zu failing oder failed states entwickeln, in denen sich Geldwäsche oder internationaler Drogen- oder Waffenhandel dauerhaft ansiedeln. Wenn wir über Nation building sprechen, dürfen wir unsere Verpflichtung für den Erhalt der territorialen Integrität der Staaten Asiens nicht vergessen. Zu den Regionalkonflikten, die derzeit eine beunruhigende Tendenz zu erneuter Zuspitzung haben, gehören die Konflikte in Aceh/Indonesien sowie Sri Lanka. Das Selbstbestimmungsrecht der Völker darf nicht zu einem Recht auf Sezession umgedeutet werden. Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zum Schluss meiner Ausführungen kommen. Die Entscheidung der Deutschen Gesellschaft für Asienkunde, ihre diesjährige Tagung nach Berlin zu legen, begrüße ich sehr. Berlin mit seinen Museen und anerkannten Hochschuleinrichtungen von Weltruf ist ein asienpolitisches Kompetenzzentrum. Seit Ende der 90er Jahre hat Berlin sein Profil mit den Asien-Pazifik-Wochen weiter geschärft, die im September 2003 mit dem Schwerpunktland Indien ihre Fortsetzung finden werden. Dies ist keine Beeinträchtigung der lebendigen Asienprofile anderer deutscher Städte und Bundesländer. Sie signalisieren in ihrer Zahl und Spannweite vielmehr weiter zunehmendes Interesse an Asien auf allen Ebenen und in allen gesellschaftlichen Sektoren Deutschlands, ebenso wie unsere Universitäten mit ihren immer stärker zukunftsgerichteten asienkundlichen Schwerpunkten in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft. Meine Damen und Herren, ich bedanke mich für die Gelegenheit, daß ich einige Gedanken für die Bundesregierung habe vortragen können. Ich wünsche Ihnen allen viel Erfolg bei Ihrer Arbeit im Rahmen der asiatisch-deutschen und -europäischen Beziehungen. Und vor allem wünsche ich Ihnen morgen mit Ihrer Konferenz viel Erfolg und einen interessanten Austausch von Erfahrungen. Vielen Dank. weitere Informationen und Links unter:

http://www.auswaertiges-amt.de/ww...

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