Stundenlang gewartet auf dem Flughafen.
Der Professor für Deutsch und Geschichte kam nicht. Sein Wagen war
über Nacht gestohlen. Also mit der Taxe. Die Unterbringung war
phantastisch: ein Haus aus dem Jahr 1881 und von solcher Raffinesse,
dass täglich Busse mit meist japanischen Touristen anlandeten, um es
sich von vorn erklären zu lassen, dabei waren die Specials
innenliegende Belichtungsschächte und die rückwärtig integrierten
Gartenwohnungen.
Wir schliefen in antiken Betten und waren
für die kommenden zwei Wochen im Alleinbesitz der Wohnung, weil unser
Gastgeber in die Südstaaten fliegen musste, um seine Mutter zu
begraben.
Abends gab es für uns die erste
Enttäuschung, denn mit unserem verlodderten Outfit hatten wir in vielen
Locations keinen Zutritt, wenn wir uns nicht als Touris auswiesen, was
wir eigentlich zu vermeiden suchten. Aber als Amis wollte man uns nicht
:-)
Mein Begleiter zog sich vor das heimische TV zurück, während ich mein
Glück weiterhin in den Straßen und Parkanlagen Downtowns suchte, aber
es kam immer anders: in einer Parkanlage wollten mich zunächst
irgendwelche singenden Christenmenschen zum Jesusjünger in Uniform
machen, zehn Minuten später nahm mich die Polizei fest, weil ich einer
Straftat (mindestens Raub und Dealerei) verdächtig sei. Dass ich meinen
Ausweis aus Sorge vor Taschendieben im Quartier gelassen hatte, kostete
mich nun einige Stunden, bis man mich mit Blaulicht zurückfuhr.
Da man an Gestalten wir mir in den
besseren Stadtteilen zumindest kein spontanes Interesse hatte, besuchte
ich die schlichteren Viertel. Auch dort war man ein wenig irritiert,
dass ich auf "Lebensumstände" neugierig war, aber die
Vorzeige-Projekte der Stadt hatte ich binnen eines Tages fotografiert
und war mir sicher, dass es bereits genügend Fotos davon geben werde.
Meine "Friends" in den Armenvierteln Chicagos unterschieden
sich mental kaum von denen in den Reichenvierteln. Unstillbarer Hunger
nach Erzählungen aus "Old Germany": Was ist das beste
Bier? Zu welchem Fußball-Club ich mich bekenne. - Ich sah
möglicherweise nach Bier aus, aber ich war aus Vollmilch und ich guckte
grundsätzlich kein Fußball, sondern spielte selbst. Allerdings nicht
bei Bayer München :-) Also, das war es nicht, weshalb ich in
Chicago war! Diese Leute musste man einfach zur Revolution
anstiften. Das klappte aber nicht. Sie meinten, dass ich erst 'mal einen
Joint rauchen solle ... Wenn ich mich recht erinnere, gab es
1977 in den USA keine Revolution. Wir flogen noch für zwei Wochen
nach NY. Elvis starb. Amerika heulte. Und wir flogen back to
Germany. Sven
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