Fliesenwaldis Traum von Ruhm und Tapferkeit |
Fliesenwaldi, beschwerst Dich, dass ich nicht schlafe? Liegst wahrscheinlich schon wieder im
Bett, während ich das Reich unterminiere. Um 5 kräht der Hahn. Wie oft wirst
Du mich verleugnet haben? Und dann musst Du vielleicht Steine schleppen. Herrenmenschen erträumen sich anderes, nichtwahr?
Schwarze Uniform, Totenkopf statt Taschentuch, alle drei Meter "Jawolllll,
Herr Obersturmbannführer! Zu Befehl!" Hacken knallen und "Heil Hitler!" vor jedem
Briefkasten. Zwischendurch Juden abholen und einem kommunistischen Homosexuellen
die Finger im Schraubstock zerquetschen, weil der Dich und den Führer
"einfach scheiße" findet. Alles lief glatt. Glänzte. Wie die Wichse am Stiefel. Österreich längst dabei. Tirol, na ja. Böhmen, Mähren. Hakenkreuzfahnen flattern munter im Wind. Dann schnell halb Polen holen. Blöde Engländer! Royal Oak versenkt. Hurraaa!! Blitzkrieg Dänemark. Blitzkrieg Norwegen. Den Holländern eins aufs Dach. Musste sein. Belgien und rein nach Paris. Rache ist süß. Fliesenwaldi sitzt zuhause. Wartet. In den Wüsten Afrikas wird aufgeräumt. Auf dem Balkan fließt das Blut in Strömen und die Wehrmacht dringt unaufhörlich vor. Fliesenwaldi noch immer zuhaus. Aber dann! 22.Juni 41. Volksempfänger angestellt. Die Kameraden sind auf nach Moskau! Lebensraum erobern. Die slawischen Untermenschen. Fliesenwaldi hält es nicht mehr aus. Ist freiwillig an die Front. Wo sind die bloß? Überall liegt Gelumpe rum. Nachschub hier, Nachschub da. Kreuz und quer. Wenn das der Führer wüsste. Wo ist die Front? Acht Marschbefehle in drei Wochen. Einsatz in der Partisanenabwehr. Die Schweine legen Bomben! "Zur Front noch 50 km", sagt einer. Was denn, die Front ist'ne Ortschaft? Ziemlich viele Lazarette. Rotes Kreuz statt Hakenkreuz. Fliesenwaldi hört von einem Kameraden. Soll nur die Beine ab haben, aber Fliesenwaldi kommt zu spät. Eigene Bomber hatten sich verpeilt. Sabotage, am Funkgerät saß ein Russe. Galt als zuverlässig. Fliesenwaldi reinigt sein Gewehr. Die Russen kommen!! Alles tritt den geordneten Rückzug an. Fliesenwaldi auch. In der ersten Reihe sozusagen, steht seinen Mann. Schlamm. Überall kracht es. Links, rechts, die Kameraden fallen. Ihr Heldenblut wird nicht umsonst vergossen sein. Die Reihen fest geschlossen lösen sich im nahen Wald auf. Man hüpft in Erdlöcher, buddelt sich ein. Nur Fliesenwaldi turnt noch rum. "Kameraden! Zum Angriff!!" Es rummst. Fliesenwaldi hechtet in einen Busch. Sitzen Partisanen drin. Egal, solange die Erde wackelt, weiß keiner recht, wer mit dem Schießen anfangen soll. Kam schon anders, was Auszeichnungen beweisen. - So ging es noch ein paar Jahre. Umgruppierung der Streitkräfte. Dann in Gefangenschaft bei den Untermenschen, die keine sein wollten, aber auch irgendwie nur Befehle zu befolgen hatten. Etwas gehungert, mit Flöhen und Krätze zurück nach Hause. Mann, da sah es schlimm aus. Der Luftkrieg war doch über England. Alles buchstäblich im Arsch. Und die Frau verwirrt in der Anstalt. Wurde von Russen vergewaltigt. Niemand hat sie schützen können. Die Helden waren in Russland, am Westwall, in Afrika, überall, nur nicht zuhause. Fliesenwaldi. Beim nächsten Mal wird alles besser. - Aber zackig! Ruhm und Ehre den gefallenen Kameraden! Grüße von Sven |
DISKUSSION |