Friedensnobelpreis 2010
Oslo (Norwegen), 08.10.2010 WIKINEWS
– Das Norwegische Nobel-Komitee gab heute seine Entscheidung bekannt, dem
chinesischen Literaturwissenschaftler und Publizisten Liu Xiaobo
den Friedensnobelpreis 2010 zu verleihen. Das Nobelkomitee würdigt damit Lius
Einsatz für politische Rechte und Demokratie in China. Wörtlich sagte der Präsident
des Nobelkomitees Thorbjørn Jagland in Oslo, das Komitee wolle mit der
Verleihung des Preises den „langen gewaltlosen Kampf“ Lius für die
Menschenrechte in China honorieren. Es ist das erste Mal, dass der
Friedensnobelpreis nach China geht. Liu sitzt zurzeit in einem chinesischen Gefängnis.
Am 26. Dezember 2009 war der 54-Jährige wegen „Anstiftung zum Umsturz der
Staatsmacht“ zu einer elfjährigen Gefängnishaft verurteilt worden.
Liu Xiaobo ist Mitverfasser der Charta 08. Dabei handelt es sich um ein
Dokument, in dem chinesische Kritiker der herrschenden Politik ihre Forderungen
nach grundlegenden demokratischen Reformen in China formulieren. Darin setzen
sich die Verfasser mit der Herrschaft der Kommunistischen Partei in China
auseinander und fordern grundlegende Rechte ein wie Meinungs- und
Versammlungsfreiheit sowie Religions- und Organisationsfreiheit. Außerdem
verlangen sie eine staatliche Neuordnung mit dem Ziel der Trennung von
Legislative, Judikative und exekutiver Gewalt. Auch an den Protesten auf dem
Platz des himmlischen Friedens (Tienanmen) im Juni 1989 hatte sich Liu Xiaobo
beteiligt und war damals mit einer Gefängnisstrafe belegt worden. In den
1990-er Jahren war Liu ebenfalls zu einer 20-monatigen Haftstrafe verurteilt
worden.
Die chinesische Regierung betrachtet Liu als Staatsfeind. Die Verleihung des
Friedensnobelpreises an ihn hatte sie bereits im Vorfeld zu verhindern versucht.
Ein Regierungssprecher hatte eine mögliche Auszeichnung Lius als
„unfreundlichen Akt Norwegens“ bezeichnet und angekündigt, dass eine
Verleihung des Friedensnobelpreises an Liu sich auf die Entwicklung der
Beziehungen zwischen China und Norwegen negativ auswirken werde, um so Druck auf
das Nobelkomitee auszuüben. Chinesische Regierungsstellen versuchten nach der
Verleihung des Preises die diesbezügliche Medienberichterstattung in dem Land
zu unterbinden. Die Ausstrahlung von Informationen des US-Fernsehsenders CNN zur
Nobelpreisverleihung wurden gestört. Chinesische Internetseiten wurden offenbar
zensiert, berichtet NZZ-Online. Versuche von Reportern in China mit Lius Frau
Xia in ihrem Haus zu sprechen, wurden von Polizisten verhindert. Telefonisch äußerte
sie sich so: „Ich konnte mir nicht vorstellen, dass er den Nobelpreis gewinnen
würde“ und fügte hinzu: „Deswegen ist es umso schwerer, mir vorzustellen,
wie sich alles entwickeln wird, nachdem er ihn bekommen hat.“
Von Regierungen in zahlreichen Ländern wurde die Entscheidung des Nobelkomitees
als „mutiger Schritt“ mit „historischer“ Dimension gewürdigt. In einem
Glückwunschschreiben des deutschen Bundespräsidenten Christian Wulff heißt
es: „Ihr Mut, sich für die Menschenrechte in Ihrem Land friedlich
einzusetzen, hat meinen größten Respekt.“ Im Auftrag der deutschen
Bundeskanzlerin Angela Merkel erklärte ein Regierungssprecher der deutschen
Bundesregierung: „Die Bundesregierung wünscht sich, dass er aus der Haft
freikommt und diesen Preis selber in Empfang nehmen kann.“
Friedenspreis der Initiative-Dialog und Friedenspreise weltweit