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BeitragVerfasst am: 11.11.2005, 12:05    Titel: Der Fall Fujimori Antworten mit Zitat 

Zwischen Peru und Japan herrscht Streit, weil der ehemals peruanische Präsident Alberto Fujimori im Jahr 2000 mit seiner Familie vor der peruanischen Justiz nach Japan flüchtete und Japan jahrelang das Auslieferungsgesuch Perus zurückwies, weil Fujimori dort kein fairer Prozess erwarten würde.

Gegen Fujimori sind in Peru 21 Klagen anhängig, darunter wegen Menschenrechtsverbrechen und Korruption. Die Nachrichtenagenturen berichten, dass er einen etwa 20-Prozent-Rückhalt in der Bevölkerung habe und für die Präsidentschaft im kommenden Jahr kandidieren wolle, aber das peruanische Parlament ein politisches Betätigungsverbot gegen ihn aussprach.

Am vergangenen Sonntag flog Fujimori nach Chile, um von dort aus seinen Wahlkampf zu organisieren, wurde jedoch auf Drängen Perus von der chilenischen Polizei sofort verhaftet. Japan mahnte Chile zur Zurückhaltung mit dem Hinweis darauf, dass Fujimori auch die japanische Staatsbürgerschaft besitze.

Wegen des andauernden Auslieferungsstreits zog jetzt Peru seinen Botschafter aus Japan ab.

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Mangels Kenntnis der konkreten Anklagen gegen Fujimori kann ich nur zu den völkerrechtlichen Problemen Stellung nehmen:

Auf einen zwischenstaatlichen Streitfall mit dem Abzug des Botschafters zu reagieren, ist zwar Bestandteil der klassischen Diplomatie, aber ebenso klassisch falsch, denn nach meiner Auffassung sollten die Staaten verpflichtet werden, gerade in Streitfällen ihre diplomatischen Beziehungen auf höchstem Niveau zu aktivieren, anstatt sie - und sei es auch nur symbolisch - zu demontieren.

Falls die gewahrte zwischenstaatliche Diplomatie scheitert, so wären Drittstaaten um Vermittlung anzurufen.

Falls auch die drittstaatliche Vermittlung scheitert, sollten sich die Streitparteien an den Weltsicherheitsrat wenden.

Dass die Staaten heute noch immer nicht das Recht und die Pflicht haben, den Internationalen Gerichtshof direkt anzurufen, ist eines der Hauptdefizite der gegenwärtigen Weltordnung, aber immerhin existiert der Rechtsumweg über den Weltsicherheitsrat.

Ich bitte über die chilenische Vertretung in Berlin die chilenische Regierung aus Achtung vor der Person des Inhaftierten, aus Achtung gegenüber Peru und Japan, alle weitere Handhabung von der Humanität und der Entscheidung der Vereinten Nationen abhängig zu machen. Das wäre ein gutes Vorbild in Sachen Menschenrechte und Weltpolitik.

Ich bitte über die peruanische Vertretung in Berlin die peruanische Regierung um neue Entsendung eines Botschafters nach Japan und den Versuch einer Streitregelung über die Vereinten Nationen. Das wäre vorbildliche Weltpolitik.

Ich bitte über die japanische Vertretung in Berlin die japanische Regierung ihr Verhalten gegenüber dem peruanischen Auslieferungsbegehren als unzulässige Einmischung in innere Angelegenheiten einzusehen, wenn sie nicht rasch durch die UNO-Zuständigen legitimiert wird. Das wäre vorbildliche Weltpolitik.

Ich bitte das bundesdeutsche Außenministerium, die Europäische Union und den UN-Generalsekretär in obenstehendem Sinne positiven Einfluss zu nehmen. So würde sich in einem Fall üben, was in größeren Streitigkeiten bereits geübt sein muss, um verlässlicher zu sein.

-sven-                         DISKUSSION

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