Gaucks NATO-Evangelium    7. September 2014

Sehr geehrter Herr Gauck,

Sie sind unser Bundespräsident, protokollarisch weit über Löw und Jauch, weshalb beleuchtet gehört, mit welchen Thesen Sie uns in solcher Funktion vertreten oder belehren möchten.
Aus Ihrem Brief an 64 ostdeutsche Theologen (schade, falls es im Westen an solchen fehlt) werden Sie mit folgenden Worten zitiert: "Der Pazifismus ist nicht der einzige Weg des Evangeliums."

Fünf Fragen an Ihren Intellekt und Ihr Gewissen:

1. Mit Pazifismus meinen Sie vermutlich Gewaltlosigkeit, aber was kann es rechtfertigen, den unstrittigeren Begriff Gewaltlosigkeit durch den strittigeren Begriff Pazifismus zu ersetzen?

2. Wo wäre in den Evangelien den Christen ein anderer Weg als die Gewaltlosigkeit empfohlen?

3. Begreifen Sie Ihre Reden von Münchner Sicherheitskonferenz bis zur Westerplatte als Konkretisierung der Feindesliebe oder eher als Mobilisierung unserer Gewaltpotentiale und Gewaltbereitschaft?

4. Sollten Sie als Christ die Gewaltlosigkeit nur prinzipiell begrüßen, mitunter jedoch nach menschlichem Ermessen für dumm oder unterlassene Hilfeleistung halten, warum bekennen Sie dann nicht, mit den Evangelien in solch zentraler Frage zu hadern?

5. Welcher Glaubwürdigkeitsverlust erscheint Ihnen erträglicher:

Glaubwürdigkeitsverlust durch Bekennen von Zweifeln oder Glaubwürdigkeitsverlust durch Verdrehen der eigenen Glaubensgrundsätze?

Niemand hat die Absicht, einen Krieg zu führen. "" Auch Sie nicht, aber wenn Sie tatsächlich mehr und gerechteren Frieden möchten, dann stellt der sich eben nicht über Sprüche her, wie mit Ihrer Floskel vom "Soldaten als ultima ratio", sondern über die schrittweise Veränderung unserer Weltordnung, wem die Soldaten verpflichtet sind, ob ENTWEDER den zu Interessenkonflikten neigenden Horden, Nationen und Allianzen ODER den allein zur Völkerrechtsdurchsetzung berufenen Vereinten Nationen.
Passt uns solche Fragestellung nicht zur Tagespolitik, weil die NATO, Russland oder Dritte noch immer und wieder bloß aus eigener Stärke akut zu treiben versuchen, was ihnen nach dem Völkerrecht verboten ist, dann sollten wir es wenigstens nicht beschönigen, denn wir haben alles andere getan als die Vereinten Nationen politisch und militärisch gegenüber potentiellen Streitparteien zu stärken.

Es ist perfide, den Pazifismus damit widerlegen zu wollen, dass wir das Gegenteil von ihm tun. Oder pastoral gesprochen: Gebote werden durch Sünden nicht widerlegt, sondern gebrochen.

Mit freundlichen Grüßen,
Markus Sebastian Rabanus          Diskussionen

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