Gelobt sei der Herr ?

Es geht für den alten Löwen gut aus, aber mir ist die Natur zu grausam, um an einen anbetungswürdigen Schöpfer glauben zu mögen.

Auch Leibniz und frühere, spätere Theologie lösen mit ihrer Theodizee das religiöse und moralphilosophische Dilemma nicht, sondern stehlen sich in gottesfürchtigen Konstruktionen davon, als sei der Ekel vor Brutalität leibhaftiger Teufel und hinter ihnen her, Verrenkungen erzwingend, den Ekel nicht bekennen zu dürfen, um die Menschen zu hindern, dass sie denken und mitleiden, was sie sehen und fühlen. - Es sei denn, sie erfreuen sich der Brutalität, denn auch solche Menschen gibt es.

Der Natur und Evolution hingegen lassen sich keine Vorwürfe machen, wenn betrachtet als Selbstläufer ohne moralisches Regelwerk.

Aber Kultur kommt ohne moralische Regeln nicht aus, wenn wir miteinander gut leben möchten, wenngleich sich unsere Kultur der Natur einzuordnen und ihr Raum zu lassen hat.

Drum scheint mir Religiosität nur aus wenigen, aber gewichtigen Gründen entschuldbar:
a) Weil allem menschlichen Verstand zum Trotze die tradierte Gottesfurcht eben auch sehr vielen Menschen so groß sein kann, dass sich ihnen jede moralische Kritik am perfekten Gott verbietet.
b) Weil dem Irrtum verhaftet, dass Milliarden Menschen über Jahrtausende nicht so sehr irren könnten, obgleich viele im Glauben bis hin zu Kriegen verschieden und oft den Glauben mit den Herrschern wechselnd.
c) Weil so unglücklich mit Schicksal und Endlichkeiten des eigenen Lebens, dass ihnen der Glaube Trost und Hoffen auf ein Glück im Jenseits so übermächtig ist, dass sie sich nicht fragen mögen, warum es ihnen dort gerechter und besser vergönnt sein soll als auf Erden.
d) Weil Sinnlosigkeit fürchtend, als sei das Leben nicht wert, wenn kein Zeitvertreib ewiger Göttlichkeit, die sich mit uns Menschen doch recht spät nach Werdung von Planet und Dinos ein gottgefälliges Hobby zu Zwecken eigener Liebe und Zorns gebacken haben.

Und er sah, dass es gut war. - Oder es lief ihm dann vielleicht aus dem Ruder. Ich mag es jedenfalls nicht, wenn ein Grauwal nach anderthalb Stunden im Todeskampf gegen Orkas erliegt, wenngleich ich die Orkas nicht weniger mag als den Grauwal. Oder das Reh weniger als den Jäger, es sei denn für mich und ich der Jäger - als Scheitern meiner Kultur an meiner Natur.

Und so gar nicht ich jemandem Auschwitz verzeihe, so auch einem Gott nicht, der sicherlich massenhaft angebetet wurde, es hindern zu können - und deshalb verpflichtet gewesen wäre.
Keine Theologie und keine Freiwilligkeit hilft dem Dilemma ab, denn freien Willens sind Opfer kaum jemals.

Markus S. Rabanus  2018-12-12   FB-Diskussion 

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