Instandhaltungsrücklage
Wie die Solidität der Immobilienfinanzierung
von der Eigenkapitalquote abhängig ist, so hängt die Solidität der
langfristigien Immobilienbewirtschaftung maßgeblich von genügend hohen
Instandhaltungsrücklagen ab, ansonsten droht Hauseigentümern und Teilhabern
von Eigentumswohnungen die Schuldenfalle.
VORSICHT beim Eigentumswohnungskauf, denn oft wird im Wohngeld die
Instandhaltungsrücklage zu niedrig angesetzt.
:
Mit dem Verkauf von Eigentumswohnungen lassen sich höhere Quadratmeter-Preise
als mit dem Verkauf von Mietshäusern erzielen. Um ein Verkaufsangebot günstig
erscheinen zu lassen, werden bei der Berechnung des Wohngeldes häufig zu
niedrige Instandhaltungsrücklagen einberechnet. Wenn dann eine neue Dachdeckung
oder sonstige Großmaßnahme ansteht, reicht die Rücklage häufig nicht aus und
die Wohnungseigentümer werden zu "Sonderumlagen" verpflichtet.
Erscheint Ihnen die angesetzte Instandhaltungsrücklage zu gering, so rechnen
Sie sich vor dem Kauf aus, wie hoch sie eigentlich zu sein hätte, um den
Bestand zu sichern - und sondieren Sie, ob sich genügend andere Eigentümer auf
eine höhere Instandhaltungsrücklage einigen würden ODER hinreichend
wohlhabend sind, um größere Sonderumlagen zu stemmen..
Falls Sie bereits gekauft haben und nachträglich feststellen, dass die
Instandhaltungsrücklage zu niedrig bemessen ist, kommen
Schadensersatzansprüche gegen den Veräußerer in Betracht.
In jedem Fall sollten Sie genau überlegen, ob Sie und die anderen Eigentümer
für Sonderumlagen finanziell stark genug sind oder ob Sie die nächste
Eigentümerversammtlung für einen Beschluss-Antrag auf höheres Wohngeld zum
Zwecke einer höheren Instandhaltungsrücklage nutzen.
Falls Sie den Eindruck haben, dass die Versammlung ohne taugliche Gründe Ihren
Antrag ablehnt, fordern Sie zunächst die Eigentümerverwaltung auf, der
Versammlung die Risiken einer zu geringen Instandhaltung zu erläutern. Lassen
Sie seine Ausführungen ins Versammlungsprotokoll aufnehmen.
Wenn Ihnen seine Ausführungen unzureichend erscheinen, fragen Sie ihn, auf
welche Weise sich seine Instandhaltungsrücklage berechnet, denn es gehört zur
ordnungsgemäßen Verwaltung, dass sich genügend Gedanken gemacht wird, welcher
Geldbeträge es bedarf, um Instandhaltungserforderlichkeiten nachzukommen.
Auch diese Frage und Antwort gehört ins Protokoll.
Weisen Sie notfalls die Versammlung darauf hin, dass jeder Einzelne ein
gesetzliches Anrecht auf hinreichende Rücklagenbildung hat, also gerichtlich
erzwingen kann und auch eine WEG-Verwaltung schadensersatzpflichtig machen kann,
wenn diese es unterlässt, die Eigentümergemeinschaft auf
Instandhaltungsrisiken hinzuweisen.
Falls es durch solches Drängen zum Streit oder sogar zum Rechtsstreit kommt,
wäre es natürlich keine schöne Sache für den Hausfrieden, aber wenn Ihr
Verlangen gut genug begründet ist, dann hat es auch keinen Zweck, wenn Sie Ihr
Vermögen vermeidbaren Risiken durch zu niedrige Wohngelder aussetzen.
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Ermittlung der Instandhaltungsrücklagenhöhe
Wir sind es gewohnt & verpflichtet, unsere Kraftfahrzeuge regelmäßig
technisch überprüfen zu lassen, weil defekte Fahrzeuge ein erhebliches Risiko
im Verkehr darstellen.
Hingegen beschränken sich im Gebäudebereich routinemäßige Überprüfungen
oft nur auf die Heizungstechnik, während sich Mängel an Gebäudesubstanz oft
erst zeigen, wenn sie nur noch durch großen Aufwand in den Griff zu bekommen
oder zu beheben sind.
Darum empfiehlt sich eine turnusmäßige Inspektion des Gebäudezustandes.
Halbjährlich: Treppenhäuser, Dachrinnen, Außenanlagen.
Jährlich: Dachdeckung, Schornsteine, Keller.
Alle zwei Jahre: Fassaden-Inspektion inkl. Riss-Dokumentation,
Wohnungsinspektion.
Falls alles in Ordnung ist und das Gebäude in solider Bauweise, dann sollte die
Instandhaltungsrücklage binnen fünf Jahren auf zwei Prozent des
Gebäudesachwertes berechnet sein.
Bei Eigentumswohnungen darf die Instandhaltungsrücklage je nach
Kostentragungsregel der Teilungserklärung geringer sein, denn der Sachwert
wäre "nur" für das Gemeinschaftseigentum zu ermitteln.
Beispiel: Hätte ein Haus mit 10 Wohnungen einen aktuellen Sachwert i.H.v. 2 Mio. EURO. so wären bei einer jährlich einprozentigen Preissteigerungsrate monatlich ca. 70 EURO anzusparen.
Falls ein Instandhaltungsstau ermittelt wird, muss die Instandhaltungsrücklage im Maßstab der Dringlichkeit angehoben oder um "Sonderumlagen" ergänzt werden.
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Mittels Tabellenkalkulation lassen sich Instandhaltungspositionen und
Instandhaltungszyklen exakter sammeln und in Ansparpläne umrechnen:
Beispiel Instandhaltungsrücklage für ein fünfgeschossiges Treppenhaus
mit 10 Wohnungen:
Der Neuanstrich inkl. Putzausbesserung kostet 10.000 EURO.
Die Haltbarkeit wird auf 10 Jahren geschätzt.
Die Preissteigerung wird auf 10 Prozent geschätzt.
11000/10/10/12 = 9,17 € pro Monat hätte jede Wohnung monatlich für diese
Position beizusteuern.
Beispiel Instandhaltungsrücklage für
die Dacherneuerung eines Hauses mit 10 Wohnungen:
Kosten: 60.000 EURO.
Haltbarkeit: 40 Jahre
Preissteigerung: 40 Prozent.
60000+40% = 84000/40/10/12 = 17,50 € pro Monat hätte jede Wohnung monatlich
für diese Position beizusteuern.
Beispiel Instandhaltungsrücklage für die Fassadenerneuerung eines Hauses mit 10 Wohnungen:
Kosten: 80.000 EURO.
Haltbarkeit: 40 Jahre
Preissteigerung: 40 Prozent.
80000+40% = 112000/40/10/12 = 23,33 € pro Monat hätte jede Wohnung monatlich
für diese Position beizusteuern.
Beispiel Instandhaltungsrücklage für die Frisch- und Abwasser-Strangerneuerung eines Hauses mit 10 Wohnungen:
Kosten: 20.000 EURO.
Haltbarkeit: 40 Jahre
Preissteigerung: 40 Prozent.
20000+40% = 28000/40/10/12 = 5,83 € pro Monat hätte jede Wohnung monatlich
für diese Position beizusteuern.
Beispiel Instandhaltungsrücklage für die Fenster-Erneuerung eines Hauses mit 10 Wohnungen & insg. 86 Fenstern:
Kosten: 90.000 EURO.
Haltbarkeit: 40 Jahre
Preissteigerung: 40 Prozent.
90000+40% = 126000/40/10/12 = 26,25 € pro Monat hätte jede Wohnung monatlich
für diese Position beizusteuern.
ALLEIN aus
diesen vier Instandhaltungspositionen errechnet sich eine monatliche
Anspargröße i.H.v.
9,17+17,50+23,33+5,83+26,25 = 82,08 EURO.
Alternativ-Beispiel Instandhaltungsrücklage für regelmäßige Fassadenarbeiten eines Hauses mit 10 Wohnungen:
Kosten: 30.000 EURO.
Haltbarkeit: 20 Jahre
Preissteigerung: 20 Prozent.
30000+20% = 36000/20/10/12 = 15,00 € pro Monat hätte jede Wohnung monatlich
für diese Position beizusteuern.
Alternative Rücklagenrechnung bei größeren
Immobilienvermögen:
Wenn der Gebäudebestand groß und hinreichend wirtschaftlich ist, so können
Rücklagen in Grlößenordnung weniger Monatsmieten genügen, um dafür zu
sorgen, dass sich die Gebäude bei Großmaßnahmen gegenseitig
"subventionieren". sofern gewährleistet ist, dass sich
Großmaßnahmen zeitversetzt einplanen lassen.
Ob solche Rücklagenrechnung funktionieren kann, ist ähnlich zu rechnen wie in
der Versicherungswirtschaft, also möglichst alle Positionen erfassend und
Reserven für unvorhergesehene Investitionserfordernisse, die zwar auch
gebäudeversichert sein können, aber trotzdem aus Rücklagen bezahlbar sein
sollten, um notfalls die Zögerlichkeiten von Gebäuderversicherungen
ausgleichen zu können.
Degressive NOTRESERVE: Je größer der
Wohnungsbestand, desto geringer darf die Instandhaltungsrücklage pro Wohnung
sein.
1 Wohnung = 20.000 € Rücklage,
2 Wohnungen = 30.000 € Rücklage,
3 Wohnungen = 35.000 € Rücklage.
Für jede weitere Wohnung zusätzliche 2.000 € Rücklage.
z.B. 10 Wohnungen = 35.000 € + 14.000 € = 49.000 € Rücklage,
z.B. 20 Wohnungen = 35.000 € + 34.000 € = 69.000 € Rücklage,
z.B. 30 Wohnungen = 35.000 € + 54.000 € = 89.000 € Rücklage,
z.B. 40 Wohnungen = 35.000 € + 74.000 € = 109.000 € Rücklage,
z.B. 50 Wohnungen = 35.000 € + 94.000 € = 129.000 € Rücklage,
usw.
Was ist die anzuratende Konto-Variante für
Rücklagen-Gelder?
Wie bei allen größeren Geldbeträgen empfiehlt es sich, Rücklagen auf ein
Festgeldkonto zu beordern,
a) über welches nur gemeinsam mit einer weiteren Vertrauensperson verfügt
werden kann, auch wenn es sich um eigenes Geld handelt.
b) Die Kündigungsfrist sollte mindestens 5 Werktage betragen, denn größere
Investitionen werden gewöhnlich nicht "über Nacht" entschieden.
c) Die Verzinsung muss regelmäßig überprüft werden, denn Banken neigen dazu,
die Altkunden schlechter als die Neukunden zu stellen.
ACHTUNG: Alle Zahlenbeispiele haben das
Bezugsjahr 2016.
Markus S. Rabanus letztes Update 2016-10-01