KONJUNKTURBELEBUNG
? 3.Dezember 2008
Rezession mit Wende-Chancen
Rezessionsmilderung bzw. Konjunkturbelebung aus den unteren Einkommensschichten
bewirken zu wollen, ist zunächst mal kein Fehler, aber dazu braucht es keine
Zweitwährung in Form von Einkaufsgutscheinen, wie es SPD-Vize Frau Nahles
propagiert. Konsistenter und verwaltungssparender wäre die Erhöhung von
Sozialhilfesätzen und Steuersenkung für Niedrigverdiener (Lohn und
Kleingewerbe).
Das wäre meines Erachtens der zuverlässigste Part zur Konjunkturbelebung, aber
längst keiner, der alle Bereiche wieder auf Trab bringen kann. So werden sich
die auf Halde produzierten Neuwagen damit kaum weniger beschwerlich verkaufen.
Hier könnte eine Mehrwertsteuersenkung den Konsum ankurbeln, aber ob aus
"29.990 €" die möglichen "26.990 €" würden, hinge von
den Strategien der Automobilkonzerne ab, ob sie ihre Probleme durch Einbehalt
der ersparten Steuer oder durch Mehrabsatz lösen möchte. So kann passieren,
dass bei hochwertigen Konsumgütern der Konjunkturbelebungseffekt ebenso
ausbleibt, wie es bei kleinpreisigen Konsumgütern zu erwarten ist: "Ein
gutes Paar Socken kosten mit oder ohne Mehrwertsteuer stets 2,99 €."
Darum favorisiert die Bundesregierung den Verzicht auf Kfz-Steuer, um dem
Neuwagenkäufer einen Vorteil zu garantieren.
Eine weitere Möglichkeit wäre die Erhöhung der steuerlichen Abschreibbarkeit
bzw. Einführung bei privater Nutzung, aber das wäre wiederum
steuerkonzeptionell systemwidrig, wie auch schon die Abschreibbarkeit von
privaten Handwerkerrechnungen eigentlich ein Systemverstoß darstellt und das
Steuerrecht komplizierter macht.
Es ist also gar nicht so leicht, die richtige Politik zu machen. Die
steuerpolitische Flickschusterei, wie sie von den Parteien die jeweils eigenen
Zielgruppen bedienen möchte, ist jedoch eher kurzatmig und den
Wirtschaftsstandort Deutschland schwächend, denn so vertun wir unsere Zeit mit
Steuerspar-Erwägungen anstatt mit Innovation auf den Feldern, mit denen es
produktiv zu sein gilt.
Weiteres Konjunktur-Instrument ist die Zinspolitik. Da steuern wir erneut auf
Zinstiefen zu, die zwar eine Verschuldung erleichtern, aber längst nicht deren
Tilgung, sondern exakt auf den Irrweg führen, auf dem die Hypothekenblase
platzte. Ein bis zwei Prozent Deflation sind dem Grunde nach nicht dramatischer
als Inflation in gleicher Höhe, sondern Wertkorrektur. Wenn die Wertbewegung
des Geldes nur eine Richtung hat, kommt sie mehr aus dem Lot, als wenn sie mit
der Konjunktur pendelt.
Im allgemeinen Geldmarkt sollte die Preisbildung ruhig marktwirtschaftlicher
sein = weniger beeinflusst durch die Notenbanken, weniger gestützt, weniger
beschränkt, sondern an Nachfrage, Angebot und Risiko orientiert, während die
Politik dafür sorgen soll, dass Missbrauchsgrenzen wirken und das
Kreditvertragsrecht für die Verbraucher verständlicher und verlässlicher
wird.
Weiteres Konjunktur-Instrument sind staatliche Investitionen in die Bildung,
Forschung und Infrastruktur. Das wäre auch der eigentliche Arbeitsbereich von
Landesbanken und KfW, zu dem sie von ihrem m.E. zwangsläufig missglückten
"Global-Player" wieder rückgeführt werden müssten, also politisch
gewünschte Investitionen durch günstige Kredite zu fördern, wo die Zukunft
sonst zu "unwirtschaftlich" wäre, z.B. Investitionen in eine ökologische
Energie- und Ressourcenwirtschaft.
Bleiben die Landesbanken hingegen auf Feldern aktiv, die typischerweise von
private Banken beackert werden, dann hätten diejenigen recht, die den
Landesbanken das Aus wünschen. Aber dann wäre ein Instrument futsch, mit dem
die Politik Investitionen begünstigen kann, die im kurzfristigen
Renditewettbewerb unterliegen würden.
Wirtschaftliches und sozialpolitisches Daueranliegen sollte die bessere
Verteilung der Arbeit durch gesetzliche Kürzung der Arbeitszeit sein, eine
drastische Höherbesteuerung von Überstunden, Aushilfen, Leiharbeit und
Nebenverdiensten, so dass die Eingliederung Arbeitsloser wettbewerbsfähiger
wird als die Auslutschung des Stammpersonals.
Die "Arbeitszeitkonten" sind für die Flexibilität vieler Firmen
zweifellos gut, aber sollten gegen systematische "Kontoüberziehung"
geschützt werden.
Wenn eine Rezession droht - und das scheint der Fall, dann müsste sie
jedenfalls nicht in größere Massenarbeitslosigkeit führen, sondern sollte als
Einschränkung verallgemeinerter sein, würde jedoch wirtschaftlicher sein, denn
je verteilter die Arbeit, desto weniger kostet der Sozialstaat.
Richtig wären also:
1. Steuersenkung für untere Einkommensschichten,
2. 32-Stundenwoche als Regelarbeitszeit,
3. staatliche Kredite in ökologische Umbaumaßnahmen der Wirtschaft
Markus Rabanus 20081203 >> DISKUSSION
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