Kreuzzug

Liebster Noah, 

Du hast ganz klar recht und trotzdem können wir ähnlich der uns so oft paradoxen buddhistischen Philosophie unserem feindlichen Richard auch für diesen Link wieder auch dankbar sein -"von Feinden lernen":

Denn Richard weist uns in seiner Kronzeugen-Taktik erneut auf solche "Experten/Politologen/Christen" hin, die sich auf "Kreuzzügen" befinden und mit ihren subtilen Methoden Ängste und Hass in den Menschen schüren. 
Bassam Tibi kannte ich zwar und stets mit antiislamischer Intonation, aber ich vergesse zu schnell, dass man sich kümmern muss, ihm und jenen, die sich seiner bedienen, in die Quere zu gehen. Ich schrieb Dir kürzlich in gleich gelagerter Sache. 

Und es ist auch nicht so schwierig, jetzt dagegen einzuschreiten, denn noch ist genug Frieden in Deutschland, dass Argumente Gehör finden und bei den Christen leichter als bei Richard, denn vielen ist die wachsende Angst noch nicht wie bei ihm in Wahn und Hass umgeschlagen.

Schaue Dir bitte den Link von Richard an. Der Link führt zu einer Schweizer Seite für Christen und ist getitelt: 
[color=darkred][i]Politologe Bassam Tibi: Für Muslime sind Christen “Gläubige zweiter Klasse”[/i][/color]

Wer möchte sich "Zweitklassigkeit" vorwerfen lassen und dürfte sich dagegen nicht "wehren"? 
In solch Weise inspirierten die Nazis den Deutschen ihren mörderischen Nationalismus und Antisemitismus. 

Nach Auschwitz kann niemand mehr widerspruchslos gegen Juden sprechen wie vorher, aber solche Methoden sind lebig und befleißigen sich jetzt gegen Muslime: bestehende Widersprüche werden hochgeschaukelt, damit jemand weichen muss. 

Immer, auch gegenüber dem Judentum wie umgekehrt dem Judentum gegenüber den Christen, gibt es Widersprüche zwischen den Religionen, über die es kein Einvernehmen geben kann, weil verschiedener Glauben ist verschiedener Glauben und soll, wenn es so ist, dann auf Friedlichkeit achten.

Doch worauf die Friedlichkeit gründen? 
Auf das allgemeine Recht - sicherlich. 
Auf das Tötungsverbot - sicherlich. 

Aber ist es da nicht längst auch sehr spät für den Frieden, wenn diese Gebote wichtig werden?

Und die Dialogie? Klar werbe ich für sie, aber sie ist reine Ratio und längst keine Tugend, missbrauchbar, wie wir andauernd sehen.

Es ist doch klar: Die bessere Basis für Friedlichkeit wäre die Nächstenliebe anstelle der Angst vor dem Streit, denn die Angst lässt sich eher missbrauchen als die Liebe, weil wirkliche Liebe sehend ist und Kritik konstruktiv zu packen versteht.

Und die Nächstenliebe ist nicht nur Tugend allgemein, sondern Juden und Christen gemeinsam religiöses Gebot, aber weil das Gebot vernachlässigt wurde, weil Misstrauen stattdessen belassen und gefördert wurde, waren die Christen gegen die Juden zu missbrauchen. - 

Nicht anders heute gegen die Muslime. - Und schwierig für sie, für Dich und mich, denn es kann passieren, dass viele Christen, Juden und Atheisten gegen Muslime zusammenstehen und uns wie Narren und Verräter ansehen, während uns einige Muslime zwar Freunde werden, aber andere im hochgeschaukelten Wahn in solchen wie uns ebenfalls Spinner, die zwischen den Fronten selbstverschuldet Zielscheiben sind, allenfalls lästig, weil sie das Feuer auf den Feind behindern, von dem sich alle Krieger stets das meiste versprechen.

Wir sind weit von solchen Zuständen entfernt - zumindest mehrere Flugstunden entfernt, aber das heißt, dass Menschen in solchen Zuständen leben und wir tun zu wenig dagegen.

Was also tun? Alle Seiten zur Nächstenliebe aufrufen und sie darauf verpflichten, denn sonst verraten sie ihren Glauben und den Menschen gleich mit. Wir müssen hinweisen auf die Methoden, mit denen Angst und Hass geschürt werden und den ehrlichen Dialog fördern, der die Regeln bekennt und nicht trojanisches Pferd für Mission sein will, also lügt, wie gut auch immer der Inhalt sein mag, wenn nicht dran steht, was drin steckt, der lügt.

Was also tun? Lasst uns aufmerksam sein in die eigenen Reihen, zu denen, denen wir jeweils am nächsten stehen, denn sie können wir am ehesten erreichen und es ist auch unsere eheste Pflicht, dafür zu sorgen, dass die eigenen Reihen friedlich sind, denn sonst haben sie von anderen nichts an Friedlichkeit zu fordern.

Was also tun? Sehende Nächstenliebe zu üben in Kritik aneinander und Dankbarkeit auch mit dem Feind, den wir uns als Partner vorstellen müssten gegen die Feindschaft. Und Ruhe braucht es in uns, damit die Vernunft Atem hat. Also Pause, denn die Hysterie ist die Energie der Zerstörung. 

Die Frage ist, wie viele Seelen lasse ich in mich hinein und wie bekomme ich sie zu Tisch, dass sie miteinander reden und finden? Damit nicht weiterhin passiert, was immer passiert, dass sie mal so, mal so posaunen, sondern besser, dass die verschiedenen Töne auch passen? 

Ich brauche dafür mehr Zeit. Lasse das sich ein jeder. Nur darf man nicht solch eigene Unstimmigkeit überhören und muss üben.

Herzliche Grüße
Sven