Krieg und Haftungsfragen 

Kommentar zur ai-Pressemitteilung

Ich finde die ai-Presseerklärung inhaltlich richtig. Auch der ehemalige Botschafter Israels Avraham Primor wertet die israelischen Angriffe auf Libanons zivile Infrastruktur als schwerwiegenden Fehler.

Diesbezüglich sollte eine Sachschadensersatzhaftung Israels in Betracht gezogen werden.

Kommentieren will ich die Presseerklärung aber deshalb, weil ein Unterschied zwischen "ziviler Infrastruktur" und "zivilen Objekten", insofern die Infrastruktur nur einen Ausschnitt des zivilen Sektors darstellt.

Bedeutung hat diese Unterscheidung für die Beurteilung der Zerstörungen an Wohnhäusern, die immerhin erheblich, am erschreckendsten waren und möglicherweise auch die meisten Leben unter der Zivilbevölkerung kosteten.

Hinsichtlich dieser Zerstörungen muss allem Entsetzen zum Trotz auf eine haftbare Mitschuld der Hisbollah erkannt werden, wenn Untersuchungen ergeben, dass sie tatsächlich aus zivilen Wohnkomplexen heraus Raketen gegen Israel verschoss.

Aber Mitschuld hebt die Haftungen nicht gegeneinander auf, sondern müsste sie unter rechtsstaatlichen Bedingungen gegenüber den Opfern verteilen.

Von solch Haftung sind wir zu weit entfernt, so dass Nachstehendes nur gedankliches Experiment sein kann, also unpraktisch für den Moment, aber es soll problemtechnisch sensibilisieren:

Wünschenswert könnten umfassende Untersuchungen aller kriegerischen Handlungen sein - und zwar im Wege der Einzelfallprüfung:

1. Jedes zerstörte Haus gehört untersucht, durch Zeugenbefragung, wer sich dort aufhielt und in welcher Weise kriegerisch beteiligt war.

Die "Hisbollah-Helden" sollten zu einem Drittel* am Sachschadensersatz beteiligt werden, wenn sie ziviles Domizil als Stützpunkt nutzten.

2. Jedes zerstörte Haus gehört anhand der israelischen Einsatzbefehle untersucht, wie es um die Beweislage stand, dass dort kriegerische Handlungen bekämpft wurden.

Die israelische Armee sollte zu einem Drittel* am Sachschadensersatz beteiligt werden, wenn der Nachweis zur Kriegerbekämpfung nicht gelingt.

Das verbleibende Drittel am Sachschadensersatz sollte der Weltgemeinschaft sein, dass sie den Konflikt zuließ. Aus der allgemeinen Mitverantwortung würde die Gleichgültigkeit vergehen, dem Streit trödelig zuzusehen oder sogar durch Waffenverschaffung zu subventionieren.

Alle Minderjährigen, die durch den Krieg elternlos geworden sind, sollten einen sofortiges Recht auf Einwanderung in jedes ihnen beliebige Land und ordentliche Unterbringung bekommen.

Wie gesagt: Nur Phantasie und wenig durchdacht. Nichts für den Verhandlungstisch, denn dort muss es aus Gründen des allgemeinen Verzugs leider pragmatischer zugehen und weniger juristisch.

Aber auf Dauer braucht es für internationale Konflikte ein Haftungsrecht, damit nicht die Verlierer bezahlen, sondern nur dann, wenn sie Kriegsverbrecher sind, wobei auch kriegsverbrecherische Sieger keinen Vorteil haben sollen, sondern im Falle fehlender Rechtfertigung für die Schäden der Besiegten aufkommen.

Grüße von Sven200608      
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zu einem Drittel* = sehr experimentell und unausgereift, "vielleicht als Geständnis-Anreiz, sonst Halbe/Halbe" 

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