Lehrstellenpolitik

Kommentar Sven  Diskussion o. BLOG

Presseerklärung der PDS vom 29.04.2003

Ausbildungsgipfel als Luftnummer

Zu den Ergebnissen des "Ausbildungsgipfels" erklärt der bildungspolitische Sprecher der PDS, Rouzbeh Taheri:

Wieder ist eine Gelegenheit verstrichen, um eine verbindliche Regelung für mehr Ausbildungsplätze zu schaffen.

Eine Ausbildungsoffensive, in der die Betriebe ganz unverbindlich aufgefordert werden, mehr Ausbildungsplätze zu schaffen, ist das Ergebnis. Wie viele solche Appelle gab es schon? Unzählige. Wie oft haben sich die Arbeitgeber dran gehalten? Noch nie.

Wenn Wirtschaftsminister Clement selbst von einer alarmierenden Situation auf dem Ausbildungsmarkt spricht, dann hat er auch die Pflicht, für Gegenmaßnahmen zu sorgen. Und zwar Gegenmaßnahmen, die bei einer Nichteinhaltung Sanktionen nach sich ziehen.

Die Presseerklärung der PDS und gleichlautende Forderungen aus anderen Parteien zum Ausbildungsgipfel suggerieren eine Unternehmerpflicht, die in keiner Weise besteht oder begründbar ist.

Ausbildungspflichten für die Privatwirtschaft können sich nur aus Ausbildungsverträgen und Tarifverträgen ergeben.

Der Staat unterminiert das Ausbildungssystem durch das ineffiziente Berufsschulsystem,

die Spitzenverbände der Tarifparteien DGB und BDA sind für diese Zustände mitverantwortlich, da sie auf die Berufschulausbildung Einflussmöglichkeiten haben, die sie nicht zum Vorteil tatsächlich berufsorientierter Unterrichtung nutzen und insbesondere Kleinbetrieben die Lehrstellenschaffung durch zu hohe Tarifabschlüsse finanziell erschweren, während sie gleichzeitig in "betriebsunabhängigen Ausbildungsunternehmen" Milliarden in die Taschen ihrer Spitzenverbände wirtschaften.

   
PRESSEMITTEILUNG

NR. 255 der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen
Datum: 29. April 2003

Ausbildungsoffensive 2003: Den Worten müssen Taten folgen

Zum Lehrstellengipfel erklärt Grietje Bettin, bildungspolitische Sprecherin:

Wir begrüßen, dass Bund, Arbeitgeber und Gewerkschaften einen gemeinsamen Weg aus der Lehrstellenmisere suchen. Die Lage ist dramatisch: Immerhin fehlen rund 140.000 Ausbildungsplätze. Die versprochene Ausbildungsoffensive 2003 darf daher nicht ein bloßes Lippenbekenntnis bleiben: Den Worten müssen nun Taten folgen.

Die Hauptverantwortung für eine ausreichende Zahl von Lehrstellen liegt bei der Wirtschaft. Die rot-grüne Regierung hat mit der Aussetzung der Ausbildereignungsverordnung und der Festschreibung der Geringverdienergrenze für Ausbildungsverhältnisse auf 325 Euro bürokratische Hemmnisse beseitigt.

Wir begrüßen die Bereitschaft der Arbeitgeber, mehr Betriebe als Ausbilder zu gewinnen. Die Ausbildung junger Menschen liegt auch in ihrem Interesse: Je mehr Betriebe Lehrstellen schaffen, desto gerechter sind die Kosten verteilt.

Wir sehen in Selbstverpflichtungen ein gutes Mittel, gesellschaftliche Ziele unbürokratisch zu erreichen. Eines ist aber sicher: Wenn die Wirtschaft ihre Selbstverpflichtung nicht erfüllt, wird die rot-grüne Bundesregierung diese Ziele auf anderem Weg durchsetzen müssen.

Die Presseerklärung der BT-Fraktion Bündnis90/Grüne verbreitet den selben Unsinn wie bei der PDS und in vielen Köpfen von Sozialdemokraten.

Die Strategie dabei ist:  Zunächst werden die Spitzenverbände der Wirtschaft zu  sogenannten "Selbstverpflichtungen" veranlasst, um sie dann die gesamte Privatwirtschaft des "Verpflichtungsbruchs" beschuldigen zu können, obwohl kleine  und mittlere Unternehmen diesen Verbänden weder angehören noch hinsichtlich ihrer Leistungsfähigkeit und Leistungsbereitschaft angehört wurden/werden.

Wird sodann auf "Nichterfüllung der Selbstverpflichtung" erkannt, was die zwangsläufige Folge solcher Selbstverpflichtungen am Grünen Tische ist, so wird mit "Sanktionen" gedroht.  Für fehlende Lehrstellen alsdann mit einer "Ausbildungsplatzabgabe".

Die Ausbildungsbereitschaft von Kleinunternehmen war solange gut, solange es für sie kein Zuschussgeschäft war.

Viele Betriebe bilden junge Menschen aus, die somit qualifiziert in größeren Unternehmen Arbeit finden und Leistungen erbringen, die von kleinere Unternehmen nicht hinreichend entlohnt werden können.

Wenn nun die Kleinbetriebe Konkurrenz durch "außerbetriebliche Ausbildungsplätze" bekommen, so wird deren Bereitschaft zur Lehrstellenangeboten noch weiter abnehmen und es können gar nicht so viele "außerbetriebliche Ausbildungsplätze" entstehen, wie die Kleinbetriebe bislang schafften.  Es wird vielmehr Milliarden verschlucken in praxisfernen und damit ineffektiven Ausbildungsprogrammen,
in denen schwachsinnige "Bewerbungstrainings" absolviert werden, aber die Auszubildenden nicht lernen, wie sie ihre Bewerbungsversprechen durch qualifiziertes Arbeiten substantiieren.

Solche "Ausbildungsoffensiven" spotten jeder "Nachhaltigkeit" Hohn, aber es steht zu befürchten, dass man mit solch populistischen Unsinn in den breiten Wählerkreisen ebenso Eindruck schindet wie mit der sogenannten beruflichen Weiterbildung beglückt, obwohl der zwangsläufige Schaden durch unzureichende Ausbildung volkswirtschaftlich unermesslich groß sein wird.

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