Nationalsozialismus und Religion

Lachesis hat folgendes geschrieben::
... grade der nationalismus ist religiöser als man es in erinnerung hat. angefangen von den "deutschen christen" bis zum germanengeschwafel himmlers........der antisemitismus kommt auch nicht von ungefähr, entwickelte er sich doch aus dem antijudaiismus der christen heraus.

vllt sollte man an der stelle auch erwähnen das die katholische kirche den nationalsozialismus begrüßt hat und unter seinem schutz in den serbisch orthodoxen gebieten gewütet hat. da zog die ss vor den jesuiten noch den hut.

(nein die standhaftigkeit vieler geistlichkeiten ggü den nazis hab ich nicht vergessen, aber die kirche als institution stand nicht hinter diesen leuten die ihr gewissen nicht herhalten wollten.)


KLICK >> DISKUSSION

Hallo Lachesis,

Deine Beispiele stehen mir primär für taktische Bündnisse zwischen Religion und NS, die sich zum Teil allerdings auch aus Schnittmengen ergaben, ebenso aber auch gänzlich widersprachen: Gebot zur Nächstenliebe wie sich selbst - schließt Unfriedlichkeit und Rassismus aus usw.
Solche Unvereinbarkeiten waren nur durch primitiven Geist und ordinär politische Motive der Beteiligten zu überbrücken.

 
"Gemeinsam sind wir sündiger"

Daneben gab es Strömungen innerhalb des NS, die germanische und keltische Mythen zu reanimieren versuchten, um ihrem antisemitischen Wahn Wotan an die Spitze zu setzen.

   Wotan+Wotan  WotanFarewellBrunhilde.jpg (38430 bytes)

Wieder andere Strömungen und Hitler nahmen religiös-ideologisch indifferenter die "Vorsehung" für sich in Anspruch und delegierten die eigene politische Verantwortung an vermeintlich höhere  naturgesetzliche Imperative.

Hitler übt die Vorsehung

Zu solch übersinnlichen Legitimationsversuchen kam es indes nur, wenn keinerlei Aussicht bestand, das eigene Handeln als Reaktion auf den Feind rechtfertigen zu können:

Für das ideologische Modell "Herrenrasse" gab es aus Völkerrecht oder Fremdverschulden keinen Grund. Mythen mussten her, um die zwangsläufig unzureichenden, aber behaupteten Naturgesetzlichkeiten zu stützen.

Dennoch genügten Gleichschaltung und Ideologie zur Durchsetzung nationalsozialistischen Denkens nie. Immer brauchte es den Terror durch SS und Gestapo dazu, um die Massen nicht von Zweiflern anstecken zu lassen. 
Aus dem Mix der Drohungen, mal subtil, dann wieder tobsüchtig, als könne sie die ganze Welt zertrümmern, woran sie sich ab 1939 versuchte, erwuchs die disziplinierende Angst.
Aus dem Mix der heimlichen und zur Schau gestellten Gewalt, getröstet durch die Zuckergaben der verlogenen "Wir-Propaganda", "Kraft durch Freude", die dann wieder nur dem mitlaufenden Jubelvolk vergönnt war und dem jede Kritik im Keim erstickt wurde.

Ob irgendwelche Nazis nun an einen Jesus, Teufel oder an das Naturgesetz der allen Birken überlegenen Eichen glaubten, ist restlos schnuppe, denn zu offenbar liefen die Legitimationstheorien den Machtgelüsten hinterher, passend geschmückt mit Totenkopf an den Mützen und den alle Wahrheit verhöhnenden Sprüchen an den Toren der Todeslager.
 
Mag sein, dass einzelne Nazis solange am wiederentdeckten Wotan anhimmelnde Freude übten, bis sie ihn empfanden. Mag sein, aber das war für nichts relevant, denn weder von Wotan ist überliefert noch aus Naturgesetzen spricht, dass es Sinn macht, ein Volk gegen die Menschheit in den Krieg zu hetzen, aus dem es dann auch nicht "Heil" zurückkommen kann.

Der Nationalsozialismus war nur darin "rational", dass er für all sein Treiben Rechtfertigung suchte. Aber darin war er kaum erfolgreicher als im Treiben selbst, also irrational, was ihn angreifbar machte. Darum schützte der Nationalsozialismus so umfassend wie möglich die offenen Flanken seines ideologischen Flickwerks im Wege des Terrors und der Ritualisierung bzw. Sakralisierung:

Fackelträger-Aufmarsch

Der Nationalsozialismus war weder Religion noch Ideologie im Sinne einer nach innerer Logik strebenden Konzepts, sondern blieb, was er von Anbeginn war:

1. auf der Personalebene ein Konglomerat von Rücksichtslosen, Leichtgläubigen und Geistesgestörten aus allen Schichten und Bereichen der Gesellschaft, also auch, wie oben schon gesagt, solchen Kirchenleuten von primitivem Geist oder mit ordinären Gelüsten,

2. auf der mehr propagandistischen als weniger ideologischen Ebene ein Konglomerat aus allen dienstbaren Vorurteilen und Legitimationsdoktrinen.

Der Nationalsozialismus war mit seinem Budenzauber samt Verbrechen für geistesgegenwärtige Menschen eine nicht nur menschliche, sondern dergestalt intellektuelle Katastrophe, die kaum nachzuzeichnen ist, weil im Donner von Kanonen und Bomben wenig Platz für Feinsinnigkeit blieb, weshalb Menschen von der Größe einiger Opponenten zuweilen sehr platt den Faschismus zu kontern versuchten und sich daraus im nachfolgenden Ost-West-Konflikt nur wenig zu emanzipieren verstanden.

Der Schaden ist bis heute.

Und der NS ist noch lange nicht "lange her".

Grüße von Sven    
>> DISKUSSION  im Ethik-Forum

ps: in diesem Thread dulde ich keine Diskussionsteilnahme von Rechtsextremisten. Mit ihnen diskutiere ich nur im Antifa-Forum, denn sie können einfach die Höhe moralischen Überlegens nicht mithalten, wie sie in diesem Forum zumindest als Anspruch Voraussetzung ist. Daran aber fehlt es dem Rechtsextremismus in seiner Suche nach Ungleichberechtigung der Menschen von vornherein.
Ich setze deshalb dieses Posting in Kopie zugleich ins Antifa-Forum, damit sich Rechtsextremisten dort abreagieren können >> DISKUSSION im Antifa-Forum

Nationalsozialismus und seine Bestandteile         Dialog-Lexikon