von Koffee am
30.Jan.2004 06:03
Hallo erstmal :D
Ich poste hier eine kurze (?) Zusammenfassung meiner letzten beiden
Lebensjahre, in der Hoffnung dass du als Leser nicht die selben Fehler
machst wie wir.
Angefangen hat es bei mir Ende des ersten Lehrjahres, als eine gute
Freundin mir eine halbe Pille schenkte. Das war nicht das gefürchtete
"Äxtäsie" sondern nur eine kleine, harmlose halbe Tablette
(dachte ich).
Ich hatte zu dem Zeitpunkt einige Probleme mit meiner Familie, war im
Job gefrustet und sah irgendwie keinen Sinn im Leben. Und innerhalb
einer halben Stunde ... war ich glücklich ... schwerelos ... sorgenfrei
und dabei irgendwo durchs Universum zu schweben. Dieser Trip war so
unglaublich für mich, ich *MUßTE* das wieder haben.
Lange Rede, kurzer Sinn - das war der erste Schritt aus der Welt der
Normalos. Ich hatte mich innerhalb eines viertel Jahres langsam aber
sicher durch's halbe Programm gezappt (XTC, Speed, Ephedrin, DXM, auch
pflanzliche Wirkstoffe usw usw) - nachdem die erste Pille durch die
Speiseröhre nach unten gewandert war hatte ich irgendwie keine Bedenken
mehr auch mal was Neues zu probieren. Nun, bei anderen Menschen meines
Alters (damals 18) mag vielleicht früher oder später die Kohle
ausgehen, aber ich verdien(t)e nicht schlecht und lebte nach dem Motto
'Brauchst du Zeug - gehst du erst zum Bankomat – oder geht’s bei dir
auch mit Bankkarte?!'
Das ging dann eine Weile gut bis meine Eltern 100 km entfernt ein Haus
gebaut hatten und aus der Mietwohnung auszogen. Gezwungenermaßen, um
nicht jeden Tag 200 km fahren zu müssen, suchte ich mir eine eigene
Wohnung in der Stadt.
Die Einweihungsparty bestand aus mir, 15 Pillen und einigen Gramm
qualitativ hochwertigem Speed und zum Ausgleich etwas Gras. Konsumiert
in einer Woche. Das Resultat waren übelste Ess- und Schlafstörungen
sowie ein gewisser Realitätsverlust, denn ich führte an meiner
Arbeitsstelle die Gleitzeit ein, d.h. Arbeitsbeginn 6 Uhr, Erscheinen
nach Lust und Laune von 7 bis 12, dann und wann auch mal gar nicht. Um
nicht im Stehen einzuschlafen griff ich dann noch großzügiger zu
Ephedrin, was dann den typischen Kreislauf ergab. Nachts konnte ich
nicht schlafen weil die Tabs noch wirkten, tagsüber waren die nicht
stark genug um mich richtig wach zu machen, was zum Nachschmeißen
zwang.
Mir ist bis heute nicht klar, warum mein Chef diesem Spielchen volle
drei Wochen zugesehen hat. Ich kam mit einem blauen Auge davon, mit
einer Abmahnung wegen „mehrmaligem zu spät Kommens“ und ohne
Drogentest. Nachdem ich zwei Wochen Urlaub genommen und die praktisch im
Tiefschlaf verbracht hatte ging’s wieder einigermaßen.
Dann war fast ein Jahr Pause mit einigen Ausrutschern zwischendurch bis
ich meinen jetzigen Freund kennen lernte. Nun, er ist ein Stückchen älter
als ich und hat bis 1998 ziemlich heftig eingeworfen. Wir fuhren knapp
800 km quer durch Deutschland um auf eine Privatparty zu kommen. Die
fand in einer zur Disco umgebauten kleineren Lagerhalle statt. Ich hatte
das noch nie gesehen – Hunderte von Pillen in einer Geldkassette,
Briefchen mit Speed und Koks, Rauchwaren – alles ganz frei zu haben,
Abrechnung per Strichliste am nächsten Tag. Wir griffen kräftig zu,
was sich dann im Mix und vor allem in viel zu hoher Dosis als absolutes
Desaster erwies (verdammte Gier!). Ich hatte noch nie in meinem Leben so
üble Paranoia, war nicht wach und konnte auch nicht schlafen, überall
um mich herum Schatten, in den Augenwinkeln Bewegungen, ich hatte das
Gefühl mich ständig übergeben zu müssen, außerdem hatten plötzlich
alle Leute so Augen wie Katzen, nur glühend rot. Ich packte es nervlich
nicht mehr und schwankte hin und her zwischen Depressionen, Wein-anfällen
und purer Angst. Meinem Freund ging es auch nicht besser und wir fingen
erst mal an uns derart zu zoffen, dass der Gastgeber einschreiten
musste. Ich hatte dann noch fast drei Tage Katerstimmung.
In gegenseitigem Einvernehmen haben wir auf der Heimfahrt beschlossen,
weder in Clubs noch zu sonstigen Techno Events zu gehen, und einen
Neuanfang ohne Chemie zu wagen. Ich hätte es nicht gedacht, aber es
klappt!! Ich habe die Beziehung, die ich immer haben wollte, endlich
auch wieder Spaß am Leben, mein Job ist zwar immer noch stressig, aber
ich werde den Erwartungen meines Bosses gerecht, und meine Eltern stehen
wieder voll hinter mir – mehr will und brauche ich nicht. Okay, ich müsste
lügen, würde ich behaupten wir wären total abstinent, aber chemische
Hämmer sind nicht mehr und dann und wann gibt’s mal eine Tüte.
Leute, ich habe von der Party einen Haufen Psychosen mit nach Hause
genommen – tut es euch nicht an wenn ihr euch selbst auch nur ein
bisschen was wert seid.
Grüße an alle Ex-Raver,
Koffee
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