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Islam

Zur Geschichte:

Mindestens 1 Milliarde Menschen bekennen sich weltweit zum Islam; er ist die zweitgrößte Weltreligion. Er geht auf Mohammed (570 bis 632 nChr) zurück, der 610 nChr in der Wüste bei Mekka eine Berufung zum Propheten erlebte. Weitere Offenbarungen folgten und wurden später niedergeschrieben, nämlich die Suren des Koran. Mohammed wurde vom Judentum, daneben auch von Christen geprägt, denen er auf Reisen als Händler begegnete. Er lehrte ursprünglich einen strengen Monotheismus: Es gibt nur einen Gott, Allah. Er selbst, Mohammed, wurde als "Warner" gesandt, er hat dazu das Prophetenamt inne. Er kündigte das göttliche Gericht und die Totenauferstehung an. Daraus folgte die Mahnung, ein vor Gott richtiges Leben zu führen, Maßstäbe Mohammeds waren Gerechtigkeit, Ehrlichkeit und Milde.

Der Prophet erlebte in Mekka entschiedene Gegnerschaft. Daher kam es 622 nChr zur Hedschra, zur Auswanderung in die 300 km entfernte Stadt Medina. Damit beginnt die am Mondjahr orientierte islamischen Zeitrechnung. In Medina stieg Mohammed zum Herrscher auf. Er sah sich vor der Aufgabe, die verfeindeten Araberstämme zu einer Gemeinde (Umma) zusammenzuschließen. Aufgrund von Auseinandersetzungen mit dem Judentum, das Mohammed nicht als Propheten anerkannte, wurden die starken jüdischen Gemeinden vertrieben oder vernichtet. Mohammed wandte sich vom Judentum ab, es kam zur Ausbildung des Islam als eigener Religion. Nach jahrelangen Kriegen folgte 630 nChr die Eroberung Mekkas und die Einigung der Araberstämme.

Durch Mohammeds Tätigkeit in Medina entstand im Islam eine enge Verbindung von Geistlichem und Weltlichem, von Religion, Staat und Gesellschaft. Mohammed gilt als "Siegel der Propheten" und der Islam als abschließende Offenbarung für alle Völker. Mohammed starb 632 nChr in Medina. Seine Nachfolge als religiöser und politischer Führer, aber nicht als Prophet, wurde durch das Kalifenamt (Khalifa bedeutet Stellvertreter) geregelt. In der Nachfolgefrage trennte sich der Islam jedoch in Sunniten, für die das Kalifat an Tradition und Lehre orientiert ist, und in Schiiten, für die es an die Blutsverwandtschaft mit dem Propheten gebunden bleibt. 1924 wurde das Kalifat unter Kemal Atatürk abgeschafft. Der Islam ist seitdem ohne zentrale Autorität.  

 

Die Lehre des Islam
Folgende Unterschiede zum Judentum und Christentum machten den Islam zur eigenständigen Religion:


Abraham wurde als Urvater nicht nur der Juden (über Isaak), sondern auch der Araber (über Ismael) betrachtet. Er galt auch als Gründer der Kaaba (Heiligtum in Mekka) und wurde damit wichtiger als Mose.

Mekka wurde neues Religionszentrum, Wallfahrtsheiligtum und Ziel der Gebetsrichtung (wie im Judentum Jerusalem).

Der Koran als Heilige Schrift stand über der Bibel.

Statt der drei täglichen Gebetszeiten im Judentum galten jetzt fünf.

Es entstand eine eigene Fastenzeit (Monat Ramadan).

Der Tag des Gottesdienstes wurde Freitag statt Sabbat oder Sonntag.

Es gab eine Armensteuer statt des jüdisch-christlichen Zehnten.

 

m Zentrum islamischer Theologie steht die Einheit und Einzigkeit Allahs. Die Lehre von der Dreieinigkeit und Jesu Gottessohnschaft werden abgelehnt. Allahs Wesen wird von seiner absoluten Erhabenheit und Majestät bestimmt. Das Gottesbild orientiert sich am unumschränkt herrschenden, aber auch gnädigen Monarchen, nicht an dem des Vaters. Allah ist auch Schöpfer, wie im AT schafft er die Welt aus dem Nichts. Durch die Auferstehung der Toten wird der Mensch eine Neuschaffung erleben.

Allahs Allmacht führt zu einer souveränen Vorherbestimmung sowohl des menschlichen Schicksals als auch des menschlichen Heils oder Unheils. Die richtige Haltung des Menschen gegenüber Allah ist die Ergebung in seinen Willen: aktiv durch Gehorsam und Unterwerfung, passiv durch Hinnahme des eigenen Schicksals und durch Hingabe. Islam bedeutet wörtlich Ergebung.

 

Gott offenbart sich dem Menschen abschließend im Koran. Das Wort bedeutet "Lesung", "Rezitation".Seine 114 Suren sind "Bilder" oder Abschnitte. Vor Mohammed sandte Allah jedem Volk der Erde seinen eigenen Boten. Daher gab es vor ihm schon 124.000 Propheten. Der Koran bringt die zusammenfassende, unverfälschte Offenbarung Allahs. Er ist in jedem Wort Allahs Offenbarung, im Himmel aufgezeichnet und Mohammed zur Weitergabe mitgeteilt. Die Sunna (Tradition, Überlieferung) ergänzt den Koran durch weitere Aussprüche Mohammeds und durch Erzählungen. Am Jüngsten Tag findet eine allgemeine Totenauferweckung statt. Allah hält Gericht über die Menschen aufgrund ihrer Werke, die er auf seiner Waage bewertet. Er bestimmt jeden Menschen zu Himmel oder Hölle. Diese Orte der Ewigkeit werden im Islam recht irdisch gedacht, das Paradies als Fortsetzung der Wonnen des Lebens, die Hölle als Ort der Qual. Die islamische Frömmigkeit: rechtgeleitete Selbstauslieferung

 

Für die islamische Frömmigkeit steht der Gedanke an den Gehorsam gegen Gottes Willen, und der Gedanke an Gottes Gericht im Mittelpunkt des Lebens. Sünde ist eine Unvollkommenheit, die überwunden werden kann. Der Mensch muss und kann durch Erfüllung des Gotteswillens sein Heil schaffen. Dabei gilt es als größte Sünde, wenn Menschen sich auf etwas anderes als auf Gott verlassen. Allah vergibt großzügig dem, der bereut. Er hat dem Menschen im Koran die Kenntnis seiner heilsamen Lebensordnung gegeben, aber auch die Weisungen, die er braucht, um das Leben nach Gottes Willen zu gestalten. Darin besteht Gottes Erbarmen, dass er den Menschen diese "Rechtleitung" offenbarte

 

Die fünf Säulen der islamischen Frömmigkeit sind

Das Glaubensbekenntnis "Es ist kein Gott außer Allah, und Mohammed ist der Gesandte Allahs". Es ist zugleich Übertrittsformel zum Islam.

Das Pflichtgebet in Richtung Mekka, das fünfmal täglich vorgeschrieben ist (vor Sonnenaufgang; Mittag; Nachmittag; nach Sonnenuntergang; bei Einbruch der Nacht). Unter bestimmten Bedingungen kommt die Waschung dazu, nämlich an einem reinen Ort (in der Moschee, auf einem Gebetsteppich). Das Freitagmittaggebet bildet den Wochengottesdienst in der Moschee. Es gilt Teilnahmepflicht; sonst ist aber keine Arbeitsruhe vorgeschrieben.

Die Armensteuer ist einmal jährlich je nach dem Einkommen zu entrichten.

Das Fasten im Monat Ramadan wird von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang eingehalten, keinerlei Speise und Trank und keine sexuellen Handlungen sind erlaubt. Im übrigen sind Alkohol und Schweinefleisch immer verboten.

Die Wallfahrt nach Mekka soll nach Möglichkeit einmal im Leben stattfinden.

Am Ende des Ramadan wird das Fest des Fastenbrechens (türkisch: Zuckerfest) gefeiert. Wichtig ist auch das Opferfest am Ende der Wallfahrtszeit, zu dem Opfertiere geschlachtet werden und das Fleisch verteilt wird. Familienfeste finden anlässlich von Namensgebung, Beschneidung und Eheschließung statt.

 

Zur Vertiefung der islamischen Frömmigkeit über die Bereiche von Theologie und Recht hinaus trägt die islamische Mystik bei, vor allem in Gestalt des Sufismus. Sie entwickelte Wege der Gottesliebe, des ständigen Gottesgedenkens (dhikr) und der mystischen Erfahrung, die im persönlichen Verhältnis zwischen Meister und Schüler weitergegeben wurden und zur Gründung mystischer Orden (tariqa) führten.Islamisches Recht: die Scharia.

Der Islam ist eine alle Lebensbereiche ordnende, gemeinschaftliche und öffentliche Religion, wie man am rituellen Gebet, an der Beachtung des Ramadan in islamischen Ländern und am Freitagsgebet in der Moschee erkennen kann. Dieses Verständnis von Religion prägt auch die Rolle des Rechts im Islam. Ohne die öffentliche Geltung des religiösen Gesetzes kann nämlich der Islam, zumindest im traditionellen Verständnis, nicht voll verwirklicht werden. Dies macht eine der Schwierigkeiten für Muslime in der Diaspora aus, etwa in der Bundesrepublik Deutschland.

Das islamische Gesetz, die Scharia, behandelt auf der Grundlage von Koran, Sunna und bestimmten Auslegungsregeln ausführlich das Ehe- und Familienrecht, das Erbrecht sowie rituelle (Speisegebote und Schlachtungsvorschriften) und kultische Fragen. Dazu kommt, auch heute noch in bestimmten islamischen Staaten, das Strafrecht einschließlich körperlicher Strafen. Innerhalb des sunnitischen Islam haben sich vier unterschiedliche Rechtsschulen entwickelt; in der Türkei herrscht die hanafitische vor. Der schiitische Islam besitzt eine eigene Rechtstradition. Kontroversen entzünden sich vor allem an der Anwendung der Scharia auf Nichtmuslime in islamisch dominierten Staaten. Islamische Rechtsgelehrte können über Einzelfragen Rechtsgutachten (fatwa) anfertigen.Strömungen des Islam.

m Islam gibt es Auseinandersetzungen über den Umgang mit der modernen westlichen Welt, über das Verhältnis der muslimischen Traditionen zueinander usw. Man kann schematisch traditionalistische, reformistische, modernistische und islamistische (fundamentalistische) Strömungen unterscheiden. Die Grenzen sind allerdings fließend. Traditionalisten in weiterem Sinn sind heute noch die Mehrheit aller Muslime. Sie leben im Strom ihrer Tradition, wie sie sich in ihren Ländern und sozialen Schichten geschichtlich ausprägte. Reformisten gehören dagegen zu einer Bewegung ("Islah", Reform), die sich als Reaktion auf den westlichen Kolonialismus ausbreitete und den Islam von (aus ihrer Sicht) nichtislamischen Einflüssen (zB Heiligenkult und Verehrung von Gräbern) befreien wollte. Die Modernisten versuchen die Quellentexte der Religion, vor allem Koran und "Hadith", mit heutigen Augen zu lesen, um sie so zu verstehen, dass sie für die heutige Zeit und Gesellschaft relevant werden. Sie versuchen die Tradition zu revidieren, ohne die Grundlehren des Islam zu verlassen.

Islamisten (oder "Fundamentalisten") formen ihre Religion zu einer Ideologie um. Sie streben politische Macht an und wollen den Islam von der Übermacht fremder Weltanschauungen und nichtislamischer Gemeinschaften befreien. "Den Islam" freilich setzen die Islamisten mit dem Religionsgesetz ("Scharia") gleich, das im neunten und zehnten Jahrhundert von angesehenen Gottesgelehrten jener Epoche aufgrund der Quellenschriften ausgearbeitet wurde. Diese Gesetze wollen sie möglichst unrevidiert im heutigen Staatsleben zur Geltung bringen. Das extremste Beispiel dafür bildet die Bewegung der Taliban in Afghanistan. Politisch motivierte Gewalt und Terror, wie wir ihn in den USA erlebt haben, gehen meist - wenn nicht immer - von radikalen islamistischen Gruppen aus.

 

Türkischer Islam in Deutschland

Im türkischen Islam in Deutschland finden sich alle genannten Strömungen wieder: Der Volks-Islam prägt wahrscheinlich die Mehrzahl der türkischen Muslime. Ihr Islam sind gelebte Riten und Gebräuche, die im sozialen und Familienbereich oft sehr konservativ sind. Religiöse Erfahrung drücken sie in Weisheitssprüchen aus, die mit Versen aus Koran und Tradition angereichert sind.

Der reformierte türkische Islam ist ein Ergebnis der Reformen, die seit 1924 unter Kemal Atatürk mit dem Ziel durchgeführt wurden, die Türkei in einen modernen Staat nach westlichem Vorbild umzuwandeln. Seine Anhänger sehen im Islam nicht mehr die Einheit von Religion, Gesellschaft und Politik, sondern für sie ist Islam im modernen Sinn nur Religion. Andere vertreten die Meinung, der Islam sei weder Religion noch Politik, sondern nur ein verpflichtendes kulturelles Erbe.

Der fundamentalistische Islam ist aus der Opposition gegen den Staat Kemal Atatürks entstanden. Er stellte in der Vergangenheit die bestorganisierten und aktivsten Gruppen des türkischen Islam in Deutschland. Er sieht im Islam das von Gott unveränderlich geoffenbarte Gesetz. Seine Anhänger legen großen Wert auf die buchstabengetreue religiöse Praxis und Anwendung des islamischen Rechts (Scharia) ohne Abstriche.

Der regierungsoffizielle türkische Islam wird durch das "Amt für religiöse Angelegenheiten" (Diyanet) repräsentiert. Dieses beschickt viele Moscheen mit Hodschas, die in der Türkei ausgebildet wurden und einige Jahre in Deutschland tätig sind.

Der mystische Islam wird vom offiziellen Rechts-Islam argwöhnisch beobachtet. Vertreter des mystischen Islam sind die islamischen Bruderschaften ("Tanzende Derwische", Naqschibandi, Bektaschi). Naqschibandi mit dem Großscheich Nazim Oubrusi Al-Haqqani geriet in die Schlagzeilen, weil deutsche Anhänger sich weigerten, ihr an Krebs erkranktes Kleinkind behandeln zu lassen. Ein Schwerpunkt dieses Ordens liegt im Südschwarzwald.

Die anatolischen Aleviten, nicht zu verwechseln mit den syrischen Aleviten (Nusairiern), sind eine muslimische Sondergruppe. Sie wurden in der Türkei unterdrückt und verschwiegen, stellen jedoch einen erheblichen Teil der in Deutschland lebenden Türken. Sie verehren wie die Schiiten Ali und die zwölf Imame, unterscheiden sich aber sonst von Sunniten und Schiiten, vor allem durch eine liberale Lebensführung.  

 

Islamische Organisationen
 

In Deutschland leben gut 3 Millionen Muslime, 80 Prozent von ihnen stammen aus der Türkei. 310.000 Muslime sollen einen deutschen Pass haben. Die Zahlenangaben über deutsche Muslime schwanken zwischen 11.000 und 100.000. In Stuttgart leben allein ca 40.000 Muslime. Die türkischstämmige Jugend verliert zunehmend den Kontakt mit der Herkunftskultur, Korankurse werden von nur 7 Prozent besucht. In Deutschland sind 66 klassische Moscheen eröffnet worden. Dazu kommen 2.200 Gebetshäuser bzw. -räume.

Es gibt keine einheitliche Vertretung aller Muslime als Partner von Staat und Kirchen, sondern zahlreiche Organisationen, teilweise zusammengefasst in einigen Dachverbänden:

DITIB ("Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion". Das Amt für Religion in Ankara heißt Diyanet und entsendet Imame und Hodschas nach Deutschland). Dieser 1982 gegründete größte Verband vertritt den türkischen Staatsislam mit dessen laizistischen Prinzip der Trennung von Staat und Religion. Ihm sollen ca 750 Vereine mit ca 150.000 Mitgliedern angehören. Von den Moscheen in Deutschland gehören viele zu DITIB.

Dem 1986 gegründeten ISLAMRAT gehören verschiedene Organisationen mit (nach eigenen Angaben) gut 100.000 Mitgliedern an; vor allem die "Islamische Gemeinschaft Milli Görüs" (IMGM, früher AMGT) und eine Reihe mit ihr verbundener Vereine.

Dem 1994 gegründeten ZENTRALRAT DER MUSLIME IN DEUTSCHLAND (ZMD) gehören fast 20 Organisationen mit etwa 50.000 Mitgliedern an, darunter etliche "Islamische Zentren" ferner die Union der Türkisch-Islamischen Kulturvereine (ATIB) und der Verband der Islamischen Kulturzentren (VIKZ). Der Zentralrat hat auch Verbindungen nach Saudiarabien und anderen islamischen Ländern. Die türkischen Verbände haben ihr deutsches Zentrum in Köln.

Im 1996 gegründeten "Islamischen Kooperationsrat in Europa" arbeiten viele Verbände zusammen. Islamrat und Zentralrat sind Gründungsmitglieder. Wichtige türkisch-islamische Organisationen

Die IGMG (Islamische Gemeinschaft Milli Görüs) gehört dem Islamrat an. Sie ist eng verknüpft mit der (verbotenen) Refah-Partei unter der Leitung von Necmettin Erbakan, gilt als politisch-islamistische Bewegung und ist in Württemberg mit vielen Vereinen vertreten. Ihre Vorgänger-Organisation AGTM wurde 1975 gegründet. Angaben über Mitgliederzahlen der IGMG variieren zwischen 30.000 und 60.000.

VIKZ (Verband der Islamischen Kulturzentren), 1973 gegründet, gehört seit 1988 dem Zentralrat an und soll 20.000 Mitglieder haben. Er geht auf die Süleymanci-Bewegung zurück und ist vor allem in der Koranunterweisung engagiert.

ADÜTDF ("Föderation der Demokratischen Idealistischen Vereine in Europa", unter der Führung des verstorbenen c. Kaplan, des "Khomeini von Köln" und seines Sohnes), türkisch-nationalistisch geprägt, etwa 10.000 Mitglieder. Davon hat sich abgespalten:

ATIB (Union der Türkisch-Islamischen Kulturvereine, früher "Türkisch-Islamische Union"), gehört dem Zentralrat an. Nach eigenen Angaben 122 Vereine mit 11.000 Mitgliedern.

Der Koran

570-650 n. Chr.

(arabisch al-Qur’an: Lesung, Vortrag oder Vorzeit), heilige Schrift des Islam. Nach muslimischem Glauben enthält der Koran eine Reihe von Offenbarungen, die Gott (Allah) an seinen Propheten Mohammed zwischen 608 und 632 in Mekka und Medina richtete.

Die Offenbarungen, die in Arabisch erfolgten, sind nach allgemeiner Ansicht der Muslime Eingebungen des Engels Gabriel (Jibrail oder Jibril). Diese wurden zunächst nur mündlich überliefert. Nach dem Tode Mohammeds 632 n. Chr. begannen seine Nachfahren die Offenbarungen zu sammeln bis sie schließlich um 650 unter dem dritten Kalifat des Othman zum Koran zusammengestellt wurden, der in seiner Form heute noch gültig ist. Da Schriftarabisch gewöhnlich nur aus Konsonanten besteht, nicht aber aus Vokalen, wurden letztere erst später in den Text eingefügt. Um das 10. Jahrhundert nach unserer Zeitrechnung (4. Jahrhundert nach islamischer Zeitrechnung) gab es verschiedene „Lesarten“ (d. h. Schreibungen mit Vokalen) des anerkannten konsonantischen Textes, von denen sieben als gleichwertig galten.

Der Koran ist in 114 Abschnitte (Suren) eingeteilt, jede davon mit einer eigenen Überschrift versehen. Die Abschnitte sind in Verse (ayas) eingeteilt. Die Verseinteilung ist jünger als die Einteilung in Abschnitte und in den verschiedenen Textausgaben nicht immer gleich. Die Länge des Korans entspricht ungefähr der des Neuen Testaments. Die Abschnitte sind nicht chronologisch nach dem Zeitpunkt ihrer Offenbarung an Mohammed angeordnet, sondern nach ihrer Länge. So besteht die zweite Sure aus 287 Versen, wohingegen die letzte Sure sechs Verse umfasst.

Der Koran ist in Reimprosa geschrieben und gilt als das älteste arabische Prosawerk. Er besteht zum größten Teil aus Verordnungen und Empfehlungen, Warnungen vor dem Ende der Welt und Ankündigungen des Jüngsten Gerichts. Gleichzeitig enthält er Erzählungen von früheren Propheten, in die sowohl biblische als auch jüdische und christliche Traditionen einflossen, wobei viele Einzelheiten der Geschichten aus den jüdischen und christlichen Apokryphen stammen. Darüber hinaus umfasst der Koran Regeln zum religiösen Leben sowie zu Heirat, Scheidung und Erbangelegenheiten. Die grundlegende Botschaft des Korans ist, dass es nur einen Gott gibt, der Schöpfer aller Dinge ist. Er ist ein gnädiger Gott, der immer wieder Propheten zu den Menschen sendet. Diese treffen jedoch auf verstockte Menschen, die sie abweisen, die Gott aber für ihr Verhalten bestraft.

Der Koran, der als das von Mohammed empfangene Wort Gottes angesehen wird, steht im Zentrum des Islam und hat eine ähnliche Bedeutung wie die Thora für die Juden. Zur traditionellen Erziehung gehört das Auswendiglernen von Textpassagen, die auch beim täglichen Gebet rezitiert werden. Gleichzeitig bildet der Koran für die Muslime eine der beiden Hauptquellen des islamischen Rechtes (die andere ist bei den Sunniten< seit 950 n. chr.> die Sunna des Propheten, während bei den Schiiten die Urteile der Imame eine zusätzliche Rechtsquelle darstellen). Ohne die ihn begleitende Tradition der Auslegung wäre vieles im Koran unverständlich. Sogar die Ansicht, er enthalte eine Reihe von Offenbarungen an Mohammed, stützt sich auf die Überlieferung, denn im Koran selbst wird dieser Lehrsatz nicht explizit ausgesprochen.

Die Auslegung des Korans (traditionell als tafsir bezeichnet) ist ein Gebiet muslimischer Gelehrsamkeit, die seit den Tagen der Einführung des Korans als der heiligen Schrift der Muslime bis auf den heutigen Tag praktiziert wird. Das früheste bedeutende Werk eines Tafsir ist dasjenige des Al-Tabari (gestorben 923). Dieses Werk ordnet den Versen des Korans verschiedene Auslegungen früherer und zeitgenössischer Gelehrter in bezug auf Vokalisierung, Grammatik, Wortkunde, ethische und moralische Deutungen zu. Die verschiedenen Meinungen werden ohne Kommentar wiedergegeben, obwohl Al-Tabari oft andeutet, welche er vorzieht.

Ein großer Teil der Auslegungen beschäftigt sich mit den „Anlässen der Offenbarungen“. Die einzelnen Verse und Versgruppen werden auf das Leben Mohammeds bezogen. Diese gelten als Offenbarungen, die mit bestimmten Begebenheiten in seinem Leben in Verbindung gebracht werden. Somit wird der Text so gedeutet, als habe er einen unmittelbaren Bezug zum Leben Mohammeds, und sei daher gleichzeitig von universaler und zeitloser Bedeutung.

Nichtmuslimische Gelehrte vertraten die Auffassung, dass es sich bei Einzelheiten aus dem Leben Mohammeds um Ausschmückungen bestimmter Koranverse handele und zogen so Parallelen zur Midrasch, in der die Erzählungen von biblischen Gestalten anhand von Geschichten veranschaulicht wurden.

Die traditionelle orthodoxe Auslegung spiegelte oft Abweichungen und Entwicklungstendenzen im Islam wider. Die schiitische Auslegung bestimmter Verse unterschied sich oft grundlegend von der sunnitischen; so findet sie in den Koranversen Hinweise zum besonderen Status von Ali ibn Abi Talib und dem der Imame. Heute interpretieren sowohl die Fortschrittlichen als auch die Fundamentalisten den Koran in ihrem eigenem Sinne.

In den theologischen Auseinandersetzungen des frühen Islam, ob der Koran erschaffen oder ewig sei, setzte sich der Standpunkt durch, dass die heilige Schrift unerschaffen und ewig sei. Dieser Standpunkt, der auch mit der Autorität der Kalifen und der Religionsgelehrten (Ulema) zusammenhängt, wurde insbesondere von den Schiiten in Frage gestellt.

Die erste Übersetzung in eine europäische Sprache war die lateinische Version des englischen Gelehrten Robert von Ketton 1143 auf Geheiß von Petrus Venerabilis, um die Lehre des Islam mit Gegenargumenten abzulehnen, was jedoch bis heute fehlschlug. Die erste englische Version erschien 1649 auf der Grundlage einer früheren französischen Übersetzung. Die erste unmittelbare englische Übersetzung aus dem Arabischen stammt von George Sale und erschien 1734. Heute steht eine Vielzahl von verschiedenen Übersetzungen zur Verfügung.

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