KONTROVERSE
US-Präsidentschaftskampf: McCain besser für Russland als Obama und
Clinton
MOSKAU, 22. Mai (RIA Novosti). Der republikanische Präsidentschaftskandidat
John McCain, der sich für eine stabilere und voraussagbarere Russland-Politik
einsetzt, wäre für Russland eine bessere Wahl als seine demokratischen
Konkurrenten Hillary Clinton und Barak Obama.
Diese Meinung äußerte Alexander Konowalow, Leiter des Instituts für
strategische Studien. "Ich bin eindeutig für McCain", sagte der
Experte in einem Interview mit RIA Novosti. Russland müsse nicht von Amerika
geliebt werden, sondern es brauche einen voraussagbaren Opponenten.
"McCain hat zwar keine besondere Sympathie für Russland, aber er hat
Voraussagbarkeit und Stabilität".
Außerdem habe ein republikanischer Präsident einen Vorteil gegenüber einem
demokratischen. "Er müsste nämlich nicht jeden Tag beweisen, dass er
sich nicht an die Kommunisten verkauft hat", sagte Konowalow. Da die
Amerikaner nicht an den Republikanern zweifeln, würde McCain als Präsident
mehr Spielraum bei der Ausgestaltung der Russland-Politik haben.
In Russland habe man immer den demokratischen Kandidaten in den USA den Daumen
gehalten. "Wir waren von John F. Kennedy begeistert, kriegten aber die
Kuba-Krise. Mit dem republikanischen Hardliner Richard Nixon hingegen haben
wir die ersten Verträge zur strategischen Abrüstung geschlossen."
Unter Präsident Jimmy Carter (Demokraten) sei das gesamte System der Rüstungskontrolle
zusammengebrochen, sagte Konowalow. "Dann kam Ronald Reagan, der die
Sowjetunion "das Reich des Bösen" nannte. Mit ihm haben wir reale
Abkommen über die atomare Abrüstung unterzeichnet."
Außerdem sei Präsidentschaftskandidat McCain Veteran des Vietnam-Krieges.
"Wenn man weiß, was Krieg ist, kann man ihn nicht wollen."
KOMMENTAR
Konowalows Einschätzung klingt zunächst plausibel, zumal das
Patriotismus-Argument sticht und wegen der historischen Bezüge, aber 1. sind
sie nur ein Ausschnitt der Geschichte und 2. schon darin regelrecht falsch.
Ein Beispiel: Konowalow irrt, denn nicht Kennedy "bescherte" die
Kuba-Krise, sondern das kontinuierliche Streben beider Supermächte, sich
gegenseitig mit Mittelstreckenraketen auf den Pelz zu rücken - die USA mit
der Raketenstationierung in der Türkei, Russland mit der Raketenstationierung
auf Kuba.
Und worin sind Hardliner "berechenbarer"? Allein in der zur Hetze
und Militanz neigenden Selbstgerechtigkeit. Oder soll
"Berechenbarkeit" darin charakteristisch sein, dass jemand keinen
Kurswechsel zu vollziehen imstande ist? - Dann wäre die Menschheit an Kuba
gescheitert, denn es brauchte die finale Verhandlungsdynamik eines Kennedy und
Chruschtschow zur "Kehrtwendung".
Und wer brachte die Politik aus ihrem Antagonismus heraus? Es waren Willy
Brandts Ostpolitik und Gorbatschows Westpolitik, die den "Eisernen
Vorhang" mit Diplomatie und Verträgen durchschnitten, Ost und West
wirtschaftlich und politisch vernetzten.
Es waren diplomatische Politiker, die den "Kalten Krieg" mit dem
Konzept der "friedlichen Koexistenz" überwanden. Und auch die
"friedliche Koexistenz" wurde überwunden, erwies sich als Aufbruch
zu "friedlicher Kooperation".
Diese Entwicklung wäre mit Leuten, die einander nur durch Zielfernrohre beäugen
und von der anderen Seite bloß als "Reich des Bösen" zu sprechen
wussten, nicht zu schaffen gewesen.
Die grundlegenden Veränderungen zum Besseren konnten nur diplomatische
Politiker erwirken, während die Hardliner, so zahlreich und wiederkehrend sie
an der Macht waren, schlussendlich bloß mitlächeln und unterschreiben
mussten und konnten.
Konowalow hätte allenfalls recht, dass ein McCain "besser für Putins
Burgfrieden" sei, aber "für Russland besser" ist damit nicht
gleichbedeutend. Mit Obama als US-Präsidenten hingegen "droht" der
gesamten Welt:-), dass zur Politik der bloße Konter nicht mehr genügt.
Putin ist kein Dummkopf. Und Medwedew auch nicht. Die beiden können da
mithalten, aber man wird sie dazu motivieren müssen. Und das wiederum kann
nur klappen, wenn man entweder die Nato auflöst oder weit genug für Russland
öffnet.
-Markus Rabanus-
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