Moskau (Russland), 06.05.2008 – Am morgigen Mittwoch wird in Moskau die
Amtseinführung des designierten russischen Präsidenten Dmitri Medwedew,
der aus den Wahlen im März als klarer Sieger hervorging, stattfinden. Auf
der Veranstaltung, die mit großer Förmlichkeit durchgeführt wird, wird
auch Wladimir Putin, der bisherige Präsident Russlands, auftreten. Für
Donnerstag wird dann dessen Ernennung zum Ministerpräsidenten erwartet.
Die russische Verfassung verbot es Putin, nach zwei zusammenhängenden
Amtszeiten selbst noch einmal für das Amt zu kandidieren.
Große Unklarheit herrscht dabei über die Stellung Medwedews zu Putin.
Manche Beobachter sehen ihn ihm jemanden, der Putins enger Gefolgsmann ist
und dessen Politik weiter fortsetzen wird. Diese Meinung vertrat
beispielsweise Yevgeny Volk, der Leiter der Moskauer Vertretung der
konservativen US-amerikanischen Heritage-Foundation, gegenüber Radio Free
Europe. So argumentiert er, Putin habe im Vorfeld bereits die bis dato recht
schwache Position des Ministerpräsidenten im Staatssystem Russlands gestärkt;
zudem habe er Vertraute auf Schlüsselpositionen der Regierung platziert.
Im gleichen Zusammenhang ging Aleksei Malashenko, Experte des von einem
US-amerikanischen Verein gegründeten „Carnegie Moscow Center“, sogar
von einer Art „Platzhalterrolle“ Medwedews aus, der seinen Posten nach
einer recht kurzen Zeitspanne wieder zugunsten Putins räumen könnte, was
die Verfassung durchaus zulässt.
Medwedew trat in der öffentlichen Wahrnehmung in der Regel liberaler und
dem Westen zugewandter als Putin auf. Doch auch wie ernst dies zu nehmen
ist, ist umstritten. So dürfte die linksgerichtete australische Zeitung „The
Age“ nicht die einzige sein, die impliziert, dass Medwedew auch anders
auftreten könnte. Die einer ähnlichen politischen Richtung zuordbare
Zeitung „The Guardian“ dagegen schätzt die Situation so ein, dass es
zumindest nicht unmöglich sei, dass Medwedews Amtsübernahme das Verhältnis
Europas zu Russland durch eine liberale Politik wesentlich verbessern könne.
Das europäisch-russische Verhältnis war während Putins Amtszeit zunehmend
dadurch belastet gewesen, dass Putin eine sehr konfrontative Position dem
Westen gegenüber eingenommen hatte, beispielsweise durch die relativ
harsche Kritik an den USA.
Aber auch der Guardian geht davon aus, dass es ein realistischeres Szenario
wäre, dass gerade dies nicht eintreten würde. Stattdessen könnte Putins
Russland bereits so sehr in der bestehenden Position verankert sein, dass es
sich nur unter hohem Druck nur „widerstrebend“ ändern könnte.