Segenswunsch

Lieber Fra Paolo,

ich freue mich darüber, wenn Menschen Menschen den Segen ihres Gottes wünschen und es sollte öfter geschehen, vor allem, um der Feindschaft begegnen - und weil es gelebte Nächstenliebe ist.

Aber genau darin liegt oft das Problem, denn Feinde können es nicht ertragen, wenn sie von ihren Feinden geliebt werden oder wenn ihnen Frieden, Segen und Gutes gewünscht wird. 
Es kann für Juden, Christen, Muslime eine schlimme Erfahrung sein, wenn gutwollende Wünsche das Gegenteil bewirken: Verhöhnung, Hass-Reaktionen und Zurückweisung. 

Aus Konzeptgründen sind in unseren Foren solche Religionshasser keine Seltenheit und leider lassen sich viele Religiöse davon verschrecken, ziehen sich zurück in Bereiche, in denen sie besser verstanden und mit weniger Hass konfrontiert werden. Solch Rückzug ist natürlich, denn Hass verletzt und wer mag schon gern Zielscheibe von Verletzung sein. 

Es sei denn, man würde verstehen, dass die Verletzenden selbst Verletzte sind und man in sich das Bedürfnis hat, etwas gegen das Verletzen lernen und tun zu können. 
Doch auch dann fühlt man kaum für den Frieden und Liebe "gewonnen" zu haben, denn je mehr man sich müht, desto mehr hat es den Anschein, dass sich Hass gegen das Bemühen ansammelt. 
Ich vermute zwar, dass solch Anschein trügt, aber die Erfahrungen machen nicht nur dickere Haut und geschickter für den Umgang, sondern hinterlassen Spuren in der Seele und lassen zu sehr in Abgründe blicken, als dass die Zuversicht so mühelos strahlen könnte, wie es eigentlich der Plan wollte.

Wie kann man sich vor solch seelischer Verletzung bewahren?

Indem man sich seine Verletzbarkeiten eingesteht und sich zur Erholung davon Auszeiten nimmt. Hält man am Anliegen fest, so muss man sich praktisch bei jeder Aktivität fragen, was sie bewirkt. Ich bin darin oft kurzsichtig, kurzsichtig aus vermeintlicher Überlegenheit, kurzsichtig in der Annahme, dass es das letzte erforderliche Wort für den Streit sei, aber der Streit geht weiter und dem beugte die eigene Aktivität zu wenig vor, heizte an statt abzukühlen. 
Es kann kein Trost sein, dass solche Kurzsichtigkeit so weit verbreitet ist, denn sie soll ja Grund sein, dass man es ändert. 

Was war dann der Fehler? Der Fehler der Rücksichtslosigkeit gegen den Feindlichen, die daraus ist, dass man sein Empfinden und seine Verletzlichkeiten nicht analysiert und ihn nicht schont, sondern seine Schwächen zu nutzen versucht, obwohl doch auch das genau wieder eigene Feindschaft wäre, die es ebenfalls nicht geben dürfte, weil Feindschaft gegen Feindschaft die Feindschaft nur mehrt.

Bemerkenswert >> Im Urlaub auf Hawaii oder bei den Eskimos würden sie sich geehrt fühlen, weil sie dort trotz aller Fremde, eben aus Faszination des Entdeckens, mühelos erkennen würden, dass man ihnen Gutes wünscht.

sven200408

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