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9.Aug.2003 16:11
Hallo Thilo,
Dein Posting nimmt auf das Thema zwar nur Randbezug, aber ich will mal
darauf eingehen.
Ich war lange genug in Politik und auch Wissenschaft, um das Treiben von
Professoren einigermaßen würdigen zu können: während die
Naturwissenschaft zumindest in den praxisnahen Niederungen noch messen,
wiegen und rechnen kann, bleiben den Sozialwissenschaften zur
Verifizierung ihrer Annahmen nur die Umfrageexperimente und darauf
bezogen statistische Evaluierung.
Fragetyp und Erhebungsmethoden sind trotz all der diesbezüglichen
Fortschritte noch immer unverlässlich, wenngleich alternativlos.
In dieser grundlegenden Problematik unterscheiden sich die
Sozialwissenschaften nicht von der Demokratie, in der die Wahlen auch
nicht "1 zu 1" zum Ausdruck bringen, was die Bürger
"wollen", sondern was sie "eher wünschen" und
"eher nicht wünschen".
In der "naturgetreuen" Willensspiegelung würde immerhin auch
keine "demokratische Entscheidung" (=Einigung) stattfinden,
was die Alternativlosigkeit des Verfahrens nochmals unterstreicht, aber
eben nur in den Grenzen der sich anbietenden und entwickelten
Alternativen.
Und in diesen Alternativen liegt dann der Hase im Pfeffer, wenn es
Politikern und Umfrage formulierenden Professoren an moralischer und
intellektueller Höhe fehlt = zwei Eigenschaften, die mit sonstiger
Intelligenz nur teilweise korrelieren:
Wenn also beispielsweise die Selbstprofilierung nicht durch konstruktive
Politik, sondern durch Täuschung und Unterstellung betrieben wird;
wenn Sozialwissenschaftlern im Grunde genommen nichts einfällt und sie
stattdessen die Bevölkerung in jenen Alternativen zu Worte kommen
lassen, in denen ihr eigenes Wissenschaftler-Weltbild beschränkt ist -
wie auch sonst? Aber eben oft arg "beschränkt" :-)), was sich
durch gegenseitige akademische Anerkennung per Titel und
Bundesverdienstorden nur für Dumme und das selten klügere Ego
kaschieren lässt, damit die "Berufung" für die Besoldung
erhalten bleibt.
Trotzdem ganz klar: Es gibt dazu keine Alternative und dies war deshalb
kein Plädoyer gegen Sozialwissenschaften oder Demokratie, aber für
konstruktive Skepsis gegenüber den Zerrbildern unserer Experten, die
nicht zuletzt deshalb so wenig von dem gebacken kriegen, was sie sich
als "begriffen" vorstellen. - Aber uns hier geht es da mit
vielem nicht anders. Der Mensch ist dumm und würde schon gescheiter,
wenn er sich wenigstens dieses bewusst machte.
Grüße von Sven
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