Umvolkungspläne   

Kurzexpose der DFG-Tagung 06/02 zum 
Generalplan Ost
Uni Freiburg i,B., 1.2.02

Vom "Generalplan Ost" zum "Generalsiedlungsplan: NS-Wissenschaft, Umvolkungspläne und die nationalsozialistische Besatzungspolitik in Europa. Tagung der Deutschen Forschungsgemeinschaft vom 7.6.02 bis 9.6.02 im Harnack-Haus in Berlin.

Notizen

Anfang Juni 1942 übersandte der Agrarwissenschaftler und Raumplaner Konrad Meyer dem Reichsführer SS Heinrich Himmler seine Denkschrift "Generalplan Ost. Rechtliche, wirtschaftliche und räumliche Grundlagen des Ostaufbaus." Himmler hatte diesen Entwurf in seiner Eigenschaft als Reichskommissar für die Festigung deutschen Volkstums (RKF) und damit als Beauftragter für die Germanisierung der eroberten Gebiete Konrad Meyer, dem Chef der RKF-Planungsabteilung bestellt. Nach den Vorstellungen der Raumplaner sollten im besetzten Osteuropa ausgedehnte Umsiedlungen und Vertreibungen der polnischen, sowjetischen und baltischen Bevölkerung durchgeführt werden. Neuansiedlungen von Volksdeutschen und Reichsdeutschen sollten ebenfalls zur Germanisierung weiter Teile der eroberten Gebiete und zur Festigung des deutschen Herrschaftsanspruches über den besetzten Osten beitragen. Die Versklavung und der Hungertod von Millionen Menschen waren einkalkuliert, und die restlose Ermordung aller Juden der betreffenden Gebiete stellte die Prämisse aller volkstumspolitischen Pläne dar.  
Der "Generalplan Ost" gilt seither in der historischen Forschung als Symbol für den verbrecherischen Charakter der NS-Volkstumspolitik und insbesondere für die Skrupellosigkeit der NS-Experten und angeblich "unpolitischen Wissenschaftler". Hierbei handelt es sich jedoch nicht um ein einheitliches Planungskonzept, sondern um ein Konglomerat verschiedener Entwürfe zur "Neuordnung" und "Germanisierung" des besetzten Europa auf dem Wege von Zwangsvertreibungen und Umsiedlungen. An diesen Planungen arbeiteten von 1939 bis 1943 eine Vielzahl von Wissenschaftlern, Fachleuten und Vertretern von Forschungsinstituten wie SS-Ämtern teils in erfolgreicher Kooperation, teils in fachlicher Konkurrenz.  
In diesem Kontext ragt Konrad Meyer als landwirtschaftlicher Fachspartenleiter der DFG und Leiter der "Reichsarbeitsgemeinschaft für Raumordnung" einerseits, als hochrangiger Vertreter des SS-Umsiedlungsapparates andererseits heraus. Bereits vor dem Krieg erhielt der Agrarwissenschaftler Gelder von der DFG und vom Reichsforschungsrat und auch die Entstehung des "Generalplan Ost" wurde von der DFG maßgeblich gefördert. Hier soll die Tagung ansetzen, um Meyers Wissenschaftskarriere und SS-Tätigkeit exemplarisch für die Stellung der DFG im Kontext der verbrecherischen Umsiedlungspläne zu erörtern. Neben Meyer werden andere Vertreter der SS- und SS-nahen "Planungsexpertokratie" in den Blick zu nehmen sein. Die Konferenz wird die Karrieren von Medizinern, Anthropologen und "Ostforschern" an der Schnittstelle von Wissenschaft und NS-Politik diskutieren und die Verbindung zwischen wissenschaftlicher Theorie und ns-Vernichtungspolitik untersuchen.  
Es ist ferner das Ziel dieser Tagung, den "Generalplan Ost" und die flankierenden Umsiedlungsskizzen im Kontext der ns-Vernichtungspolitik und der europäischen Besatzungspolitik neu zu interpretieren. Hierzu wird ein Austausch zwischen deutschen und amerikanischen Forschern, Holocaustexperten und Wissenschaftshistorikern sowie Autoren von Regionalstudien zur NS-Besatzungspolitik angestrebt.  
Im Rahmen der Konferenz soll der sogenannte "Generalplan Ost" zunächst im Kontext der NS-Vernichtungspolitik, von Judenmord, Zwangsumsiedlung und wirtschaftlicher Ausbeutung der Zivilbevölkerung erörtern werden. Anschließend widmen sich mehrere Vorträge den verschiedenen Komponenten der volkstumspolitischen Rahmenplanungen – darunter Agrarpolitik, Landschaftsplanung und Züchtungsforschung. In der dritten Sektion sollen die Versuche bevölkerungspolitischer Neuordnung in deutsch besetzten West- und Osteuropa untersucht, also Theorie und Praxis vergleichend analysiert werden. Die vierte Einheit fragt nach den Architekten der Pläne und der Rolle der Wissenschaftsförderung während der NS-Diktatur, nimmt damit Raumplaner, Ostforscher und ihre institutionelle Basis in den Blick. Abschließend wird es um die Frage nach möglichen Kontinuitäten im Wissenschaftssystem der BRD gehen.  

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