Wiener Kurier v. 20.08.2000   S.2  

Titel: Österreich als Vorreiter im Kampf gegen rechte Links im Internet
Text: Harald Eggenberger "Die rechtsextreme Szene hat schnell erkannt, dass die Zukunft den elektronischen Medien gehört", weiß Wilhelm Lasek, Rechtsextremismus-Experte des Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstandes. Ob Holocaust-Leugner oder Skinheads: Die Szene organisiere sich professionell und über die Grenzen hinweg via Internet. In Diskussionsforen und auf Homepages werde versucht, speziell Jugendliche anzusprechen. Lasek: "Die Vorteile des neuen Mediums liegen auf der Hand: Es ist schnell, billig, weltumspannend, anonym und dem Zugriff der Behörden praktisch entzogen." Auf heimischen Servern gebe es derzeit keine rechtsextreme Homepage, so Lasek. Entsprechende Versuche habe man schon 1996 stoppen können. Grund sei die vorbildliche Gesetzeslage in Österreich: Das Internet sei kein "rechtsfreier Raum", wie viele meinten. "Wer etwa das Verbotsgesetz oder den Verhetzungsparagrafen verletzt, macht sich auch im Internet strafbar." Das Innenministerium hat 1997 auf seiner Homepage (www.bmi.gv.at) eine Meldestelle eingerichtet. Heuer sind bereits 90 Hinweise eingegangen, erzählt Günter Poßegger, Leiter des Referats "Extremismus". Es sei jedoch schwierig, die Täter auszuforschen und ihnen das Vergehen nachzuweisen. Man arbeite aber eng mit den österreichischen Providern zusammen - diese würden solche Seiten schnell löschen. In Deutschland hingegen kann etwa die NPD unbehelligt via Homepage rechtsextreme Propaganda verbreiten. Rund 500 solcher Seiten werden über bundesdeutsche Server betrieben. "Das Problem liegt im Ausland", erklärt Lasek. In den USA etwa gelte die Meinungsfreiheit als unantastbar. Daher dürften dort rechtsextreme Seiten publiziert werden, zumal Server benutzt würden, über die man anonym bleiben könne. Das Internet mache vor Grenzen nicht halt, und so seien einige Österreicher, gegen die teilweise auch Verfahren anhängig seien, ins Ausland ausgewichen. Poßegger ergänzt: "Kinderpornographie ist weltweit geächtet. Daher ist dort das Vorgehen viel einfacher." Laut Bernhard Krumpel, Pressesprecher von Innenminister Ernst Strasser (VP), bemüht sich Österreich deshalb um eine einheitliche internationale Linie. "Vor allem mit Deutschland funktioniert die Zusammenarbeit schon sehr gut." Man beobachte die heimischen Rechtsextremisten auch im Internet und habe sie "relativ gut im Griff". Lasek lobt die zunehmende Sensibilität der Bevölkerung: "Die Menschen rufen uns an und fragen, was man gegen diese Seiten tun kann." Abhilfe gebe es leider wenig. Alle drei Experten setzen auf einen Maßnahmenmix: Größere internationale Zusammenarbeit, noch bessere Kooperation mit den Providern und Suchmaschinen, verstärkte Aufklärung. Krumpel nennt ein deutsches Vorzeige-Projekt: Wer www.nazis.de eingibt, landet bei einer Seite, die zum Dialog einlädt.
Wiener Kurier vom 20.08.2000