Abmahnung im Internet
Was
soll man bei Abmahnungen tun?
Zunächst nicht bluffen lassen, nicht schockieren lassen von der Schwere der
Vorwürfe und den Forderungen ("250.000
€ Ordnungsgeld, 6 Monate Ordnungshaft").
Nicht vorschnell reagieren, schon gar nicht im Zorn oder unter Schock, denn es
ist immer Zeit und Notwendigkeit, sich in Ruhe zu überlegen, ob und inwieweit
man sich aus den Sichtweisen aller Beteiligten und eines unabhängigen
Beobachters im Recht glauben darf.
Um überhaupt zu solcher Denkarbeit willens und befähigt zu sein, sollte man
seine etwaige Rechtsverdrossenheit mal pausieren lassen, denn die Gesetze
unseres Landes sind - mit Ausnahme kompliziertester Regelungsgegenstände (z.B.
AKW-Betriebserlaubnis) - auf die Wahrung berechtigter Interessen gerichtet, also
durchaus auch für den Laien erahnbar, ansonsten wäre unsere Zivilgesellschaft
überhaupt nicht handlungsfähig.
Recherche von Sachverhalt, Gesetz, Urteilen und Gegenpartei
Inzwischen ist das Web groß genug, um annähernd zu jeder Frage irgendwelche
Antworten zu erhalten. Das führte bei uns insbesondere im Hinblick auf die
Akteure, die uns den Streit beschert hatten, mitunter zu streitentscheidenden
Erkenntnissen. Also sowohl die vertretene Streitpartei als auch deren Vertretung
recherchieren, denn sogenannte "Abmahnanwälte" drängen sich nicht
selten ihren Mandanten auf - und ebenfalls nicht selten ist die Abmahnerei
solchen Anwälten und "Mandanten" gemeinsames Geschäft, was aber
gerade nicht Zweck des Abmahnrechts sein darf.
Strafanzeige?
Wenn man den Eindruck hat, dass jemand geschäftsmäßig missbräuchlich
Abmahnungen versendet, sollte überlegt werden, darauf mit Strafanzeige zu
reagieren. In Betracht kommen Strafbarkeit wegen Betrugsversuchs (§ 263
II StGB), Nötigung (§ 240 II StGB) und etwaige Qualifikationen.
Keine Unterlassungserklärung ohne
Rechtsbeistand
Die Risiken aus dem Umgang mit Abmahnungen sind allerdings meist ziemlich groß,
zumal die vielleicht lieb und nachgebend gemeinte Unterschrift unter eine
"Unterlassungserklärung" weitreichende Folgen haben kann.
Die Devise könnte lauten: "Ohne rechtlichen Beistand (Verbraucherberatung,
Rechtsanwalt) besser gar keine Unterlassungserklärung", aber oft ist die
Sache durch Nichtstun nicht aus der Welt, schon öfter nicht, wenn man im
Unrecht ist.
Fühlt man sich im Recht, wäre auch das keine Veranlassung zum Verzicht auf
einen Rechtsbeistand, denn wer mit missbräuchlichen Abmahnungen
"angreift", muss dann auch die Kosten tragen, die jemandem durch
anwaltliche Verteidigung entstehen.
Die Wahl des richtigen Anwalts
Der Gang zum Anwalt sichert aber nur dann die Richtigkeit, wenn er die
Rechtslage auch zutreffend erkennt. Wer sich aber nur "auf die eigenen
Interessen konzentriert", kommt zu falschen Vorentscheidungen und läuft
Gefahr, sich auch anwaltlich falsch beraten zu lassen, denn es bringt nun mal überhaupt
nichts, wenn der Anwalt die Sache so sieht, wie man möchte, wenn es der Richter
anders sehen kann oder anders sehen muss.
Das ist keine Kritik an unserer Kanzlei, mit der wir absolut zufrieden sind.
Sonst wären wir bei einer anderen. Und gut an ihr ist eben, dass sie uns nicht
selten die von uns übersehenen Interessen der Gegenseite aufzeigt.
Bei der Anwaltswahl kommt nicht darauf an, dass sie die "größte am
Ort" ist oder die spektakulärsten Prozesse gewann, sondern darauf, dass
sie zu ihren Mandanten und ihr der Fall in der Größenordnung und zeitlich
passt.
Das lässt sich aus Mandantensicht oftmals schwer beurteilen, aber wiederum
besser, je mehr man sich selbst mit dem Fall befasst und die anwaltliche
Vertretung nicht zu inhaltlichem Unfug anstiftet, sondern sie vor allem für die
prozessrechtlichen Dinge in Anspruch nimmt.
Streitkosten erfragen
Wer das Geld nicht im Überfluss hat, sollte ruhig vorab den Anwalt nach den
entstehenden Kosten fragen, was vielfach nicht gemacht wird, weil es "so
peinlich" ist. - Genau deshalb sollte man fragen.
Zunächst nach den Kosten des augenblicklichen Beratungsgesprächs fragen, dann
nach den Kosten der weiteren Maßnahmen, auch der gegnerischen Maßnahmen und
des Gerichts.
Dass die Kosten vom Aufwand abhängen, ist ohnehin klar, reicht als Antwort
nicht, denn jeder (halbwegs erfahrene und nette) Anwalt weiß, in welchen Rahmen
sich die Kostengrößen halten und sagt es dann auch seinem Mandanten nicht erst
mit der Post.
Auszug aus >> Domainstreit um Gattungsbegriff 20090629
Thema >> Abmahnindustrie
Forderungen >> Abmahnmissbrauch und Forderungen an den Gesetzgeber
allg. Abmahnung