Evolutionsbiologie und evolutionäre Ethik
[quote="MinoreChica"]Evolutionsbiologie und evolutionäre Ethik[/quote]
Beide Betrachtungsgegenstände lassen eine Vielzahl auch konträrer Logik
beobachten:
- Kleinstlebewesen töten Größtes und umgekehrt (Biologie),
- Übereinkunft als Ideal oder Übervorteilung als Ideal (Ethik),
in Gleichzeitigkeit, mit und ohne Dominanzen, in Entwicklungen mit
Pendeleffekten und/oder vertikalen Spiral-, Wellenformen.
Unter gleichbleibenden Bedingungen können sich Eigenschaften sowohl vermehren,
diversifizieren als auch verlieren.
Ändern sich die Bedingungen, ändern sich die biologischen und ethischen
Dominanten, die wiederum die Bedingungen ändern können, soweit uns die
Menschheitsgeschichte als Menschenmassengeschichte rückreicht, z.B. als
hausgemachte Öko- und Politikkatastrophen. Einzelne Fähigkeiten und
Wertvorstellungen eilen voraus, werfen anderes weit zurück - die Zerstörung
antiker Bibliotheken und kompletter Kulturräume.
[quote="MinoreChica"]ist der mensch ein gefangener seiner Gene?[/quote]
Offenkundig wäre ein Menschenbild, dass er Gefangener seiner Gene sei, ein
äußerst pessimistisches. Immerhin konnten wir lange Zeit genetisch bedingt nur
steil abwärts "fliegen", hingegen schafften es einige von uns mittels
technischem Fortschritt inzwischen zum Mond. Der technische Fortschritt
überwindet zahlreiche genetische Grenzen wiederum mittels der genetischen
Vorraussetzung zur Intelligenz. Und dennoch müssen die Gene der Astronauten
nicht tauglicher als die Gene eines Menschen sein, der Gefangener sozialer
Verhältnisse bleibt und Ziegen über die Hänge treibt.
Es ist dann eher ein Problem der Chancenverteilung. Sobald und soweit auf die
Chancen über den Zufall hinaus Einfluss genommen werden kann, ist es ethisches
Problem.
[quote="MinoreChica"]gibt es grenzen dieses erklärungsansatzes?[/quote]
Die Grenze des Erklärungsansatzes, wonach der Mensch Gefangener seiner Gene
sei, zeigte ich schon auf, aber Grenzen bzw. Hindernisse tun sich auch
anderweitig auf: Beispielsweise in der Einbildung, in der Prägung und Bildung,
also der Sozialisation. So denkt unser Papagei von Tag zu Tag mehr, dass er
einer von uns sei, und wir denken uns von Tag zu Tag mehr in seine Welt hinein.
Es finden sich Gemeinsamkeiten, zufällige und erarbeitete; die genetischen
Grenzen könnten zwar starr sein, aber in der Wahrnehmung verschieben sie sich,
und vermutete Parameter halten den Experimenten nicht stand. Wer nicht forscht,
entdeckt wenig, irrt öfter in den einfachsten Dingen von Gemeinsamkeit und
Unterschiedlichkeit. Nicht selten bauen Forschung und Verständnis zunächst
Brücken, die es sodann gar nicht mehr braucht, weil bloß nicht gesehen wurde,
dass die Ebene eine gemeinsame ist.
Dass der Mensch heute in Höhen und Tiefen vordringen kann, die früher der Phantasie vorbehalten waren, ist Folge davon, dass sich immer wieder Menschen nicht mit dem Staunen begnügten, sondern forschten, so dass Fragen geklärt werden konnten und neue Fragen aufwarfen, während es anderen Menschen "Wunder" waren oder bleiben.
Die Individualität der menschlichen Gene dürfte wenig entscheidend sein,
inwieweit sich der einzelne Mensch dem Schicksal und den Zyklen der
Gegebenheiten gebunden sieht oder die Vorteile forschender Traditionen erkennt
und Neues erwägt.
Die ethische Höhe des einzelnen Menschen dürfte eher davon abhängen, mit
welchen gesellschaftlichen Impulsen er konfrontiert wird. Angefangen im
Elternhaus. Oder ob die Ablenkungen dominieren, wenn am Existenzminimum genagt
wird oder Bedürfnisse zu Zwecken der Kommerzialisierung durch Werbung formiert
werden. Ob die Konflikte die Impulse fördern oder ersticken, ob die Freiheit
mit Unordnung verwechselt zur Dekadenz oder zum Gerechtigkeitsstreben führt.
Vieles ist Erbe. Ob der Reichtum verdient oder geraubt ist, ist eine ethische Frage. Ob sich das Erbe verbraucht oder der Reichtum gemehrt werden kann, entscheidet sich in jeder Generation neu und eben auch als ethisches Problem. Wer die sozialen Unterschiede als genetische verklärt, obwohl auch jeder sicherlich schon in der Schulklasse zahlreiche Indizien für das Gegenteil fand, der erspart sich das ethische Problem mittels Apartheid in dem Maße, wie sie ihm vermittelt wurde und sich ihm bewährt, keine besseren Schlüsse zu ziehen.
Heute fotografiert. Eine sich entwickelnde Interessengemeinschaft bei
anschaulich genetischem Unterschied:
Ich wünsche Dir sehr, dass zwischen Freizeitbedarf und Paukerei genug Zeit für eigenes Denken bleibt. Vielleicht traust Du Dich und stellst Dein Referat hier ins Forum.
Markus Rabanus 20090620 >> Beitrag