von Sven
am 12.Jun.2003 01:17
Hallo Chris,
die "beste Armee" wäre die, die man nicht braucht. Im Nahen
Osten ist allerdings seit Jahrzehnten der "Homo sapiens" in
der Krise und schlägt sich, wie Du weißt, gegenseitig die Köpfe ein.
Es hat viele Ursachen und viele schuldige Seiten. Auch der 2. Weltkrieg
tat seinen Teil dazu. Die großen arabischen Staaten wollten dann keine
zwei Staaten auf dem vom Westen besetzten "Mandatsgebiet",
sondern das Land unter sich aufteilen. Deshalb stimmten sie in der UNO
gegen Israel und auch gegen Palästina.
Am 14.Mai 1948 wurde der Staat Israel proklamiert. Einen Tag später
griffen die Truppen von Ägypten, Transjordanien, Libanon, Syrien und
Irak von allen Seiten Israel an, um es "ins Meer zu treiben",
wie noch heute extremistische Kräften und nie einlenkten auf den nach
Jimmy Carters Camp David (1978) friedlicher werdenden Kurs Ägyptens, später
Jordaniens und dann auch Arafats Mitte der achtziger Jahre.
Aber bis 1978 versammelten sich die arabischen Staaten ohne Pause und wünschten
den siegreichen Krieg gegen Israel, der jedoch nie gelang. Sicherlich
auch wegen der internationalen Unterstützung für Israel, denn der
UN-Beschluss galt und gilt.
Und die Juden Israelis ihrerseits verließen sich nach dem Judenmorden
von Auschwitz und anderswo nicht mehr auf Philosophen allein, sondern
griffen selbst zu den Waffen.
Chris, es ist doch klar:
1. Wenn ich zwischen 1933 und 1945 Jude gewesen wäre, dann hätte ich
dieses NS-Regime samt aller, die es unterstützten oder tolerierten, zur
Hölle gewünscht, denn deren Unterstützung und Ignoranz wäre mir die
Hölle gewesen.
2. Wenn ich dann als Jude dieser europäischen Hölle entkommen wäre
und nach Israel auf UNO-Beschluss, dann hätte ich mich nicht ins Meer
treiben lassen wollen. Und die Frage stand damals nicht, ob ich mich gut
mit Palästinensern verstehe, sondern dass die arabischen Staaten mir
den Frieden nicht ließen und die Palästinenser ihnen Vorwand waren,
wie die Sudeten für Hitler die Annexion.
3. Auch klar ist, dass bei all diesen Kriegen die Palästinenser zu
Hauptverlierern werden mussten, denn um ihre Interessen ging es in
diesen Kriegen in Wahrheit nie. Wenn ich also Palästinenser gewesen wäre,
dann hätte ich mich hoffentlich nicht blenden lassen von
"arabischer Nation" und all dem Quatsch, den es nie gab, wie
schon ein einziger Blick in den Irak zeigt, wenn nicht gerade Öl, Kunde
oder Feind die arabischen Völker eint. Und dennoch wäre ich gegen
israelische Besatzung, völkerrechtswidrige Siedlungen und
Benachteiligung in Israel selbst. Aber trotzdem müsste ich versuchen,
als Palästinenser auch die Lage der israelischen Juden zu verstehen und
ich müsste als israelischer Jude die Lage der Palästinenser verstehen.
Dieses Verstehen kann nur durch Dialog entwickelt werden. Nur wenn die
Waffen in der Region nicht schweigen, wenn welche "weiter kämpfen"
wollen und die israelische Armee Vergeltung übt, die wieder Vergeltung
provoziert und Vergeltung kein Ende nimmt, dann müsste die UNO
einschreiten und den Dialog erzwingen.
Aber die Macht dazu verleiht niemand der UNO, sondern diese Macht
bewahren sich die USA, weil sie den Völkern nicht trauen und auch nicht
umgekehrt.
Das ist das Dilemma. Wer nun aber meint, die uneinsichtigen USA bekämpfen
zu müssen wie die palästinensischen Extremisten gegen Israel, wofür
hier dumme Rechtsextremisten schwärmen - und sei es auch nur in Worten
-, der wird die Hardliner, die Sharons und Bushs zu weiteren Schandtaten
treiben, anstatt sie zu friedlichen Alternativen bringen.
Vielleicht half Dir die Antwort weiter, auch wenn sie niemals
"befriedigend" sein kann, aber nicht nur Du, sondern auch ich
haben diese Situation nicht geschaffen, die so kompliziert geworden ist,
dass sich die Menschen so viel töten und hassen.
Grüße von Sven
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