UNO200509

Neunundfünfzigste Tagung

Tagesordnungspunkt 52

Neubelebung der Tätigkeit der Generalversammlung

Resolutionsentwurf, vorgelegt vom Präsidenten der Generalversammlung

Verteilung: Begrenzt  6. September 2005
Deutsch  Original: Französisch

Eine gestärkte und neu belebte Generalversammlung

Dieser Resolutionsentwurf wurde mit mehr als 400 "Änderungsvorschlägen" zu einem 35-Seiten langen Dokument verwässert.

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Kommentar

Der ganze Entwurf leidet den Mangel, dass er eine Aufwertung der Generalversammlung versucht, ohne die Privilegien der Veto-Mächte im Weltsicherheitsrat zu beschneiden.

Ich sehe zwar den guten Willen, aber die Reform kann so nicht gelingen.

Die 60. Generalversammlung der Vereinten Nationen stand von Anbeginn unter schlechtem Stern:

1. Schon der Beschlussentwurf von UN-Generalsekretär Kofi Annan war zu rücksichtsvoll gegenüber den Veto-Mächten und hinderte nicht, dass der Entwurf mit mehr als 400 "Änderungsvorschlägen" verwässert wurde. 

2. Kofi Annan hatte für ein resoluteres Vorgehen keine Unterstützung, auch nicht von bundesdeutscher Seite, und beklagte zurecht, dass die Reform der Vereinten Nationen an den Egoismen der Mitgliedsstaaten ein weiteres Mal gescheitert sei.

35 Seiten Banalitäten, von denen viele Absätze mit "Wir bekräftigen ..." beginnend, die darin liegende Rückbesinnlichkeit nicht zum Reformfortschritt bringen.

Die US-Regierung feierte die Resolution als "Sieg" - und tatsächlich war es ein Sieg für sie, denn die Autorität der Generalversammlung gegenüber dem Sicherheitsrat wurde nicht gestärkt und damit erneut die Autorität der Vereinten Nationen untergraben.

Das Verhalten der US-Regierung macht deutlich, dass sie die Generalversammlung allenfalls als "Beirat", als "Allianz der Willigen" usw. wahrzunehmen gewillt sind. Und die anderen Veto-Mächte spielen mit, denn auch sie wollen keine Demokratisierung der Weltorganisation. Stattdessen protzen sie gegen die Supermacht USA außerhalb der UNO mit Militärmanövern und "Achsen".

Auch in den Medien war von "Verwässerung" die Rede, aber gleichzeitig trugen auch sie zur Verwässerung bei, indem die unsinnigen Bekenntnisse gegen den Terrorismus in Mittelpunkt der Information gestellt wurden, während es doch gerade darauf angekommen wäre, welche Stellung und MITTEL die Vereinten Nationen zur Durchsetzung solcher Bekenntnisse gegenüber den Nationalstaaten bekommen müssten.

Ein weiterer Schwerpunkt der Versammlung war der "Kampf gegen die Armut", aber schaut man sich diesen "Schwerpunkt" an, vergleicht ihn in den weltweiten Budgetzahlen mit dem Schwerpunkt Militär, so lässt sich die Armutsbekämpfung als Propaganda-Show erkennen, denn sie findet nicht statt und belässt Milliarden von Menschen im "Kampf um das nackte Überleben".

- Sven -

Die Generalversammlung,

in Bekräftigung der zentralen Stellung der Generalversammlung als wichtigstes Beratungs-, richtliniengebendes und repräsentatives Organ der Vereinten Nationen,

in Bekräftigung ihrer früheren Resolutionen betreffend die Neubelebung ihrer Tätigkeit,

in dem Bewusstsein, dass das heutige von Interdependenz gekennzeichnete internationale Umfeld die Stärkung des multilateralen Systems im Einklang mit den Zielen und Grundsätzen der Charta der Vereinten Nationen und den Grundsätzen des Völkerrechts erforderlich macht,

in der Erkenntnis, dass die Generalversammlung das universelle und repräsentative Forum ist, dem alle Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen angehören,

sowie in der Erkenntnis, dass die Generalversammlung, wenn ihre Möglichkeiten voll genutzt werden sollen, in der Lage sein muss, ihre in der Charta festgelegte Rolle uneingeschränkt wahrzunehmen,

betonend, dass die Rolle und die Autorität der Generalversammlung gestärkt werden müssen,

in Bekräftigung der der Generalversammlung von der Charta übertragenen Rolle und Autorität in allen globalen Angelegenheiten, welche die internationale Gemeinschaft berühren,

sowie in Bekräftigung der Rolle und der Autorität, die der Generalversammlung in Artikel 13 der Charta übertragen wird, wenn es darum geht, die fortschreitende Entwicklung des Völkerrechts sowie seine Kodifizierung zu begünstigen, die Notwendigkeit hervorhebend, das von der Charta vorgesehene Gleichgewicht zwischen den Hauptorganen der Vereinten Nationen unter Berücksichtigung ihrer jeweiligen Zuständigkeitsbereiche und Mandate uneingeschränkt zu achten und zu wahren,

erneut erklärend, dass die Plenarsitzungen der Generalversammlung als Forum für die Abgabe von Grundsatzerklärungen auf hoher Ebene sowie für die Behandlung unter anderem von Tagesordnungspunkten dienen sollen, denen eine besondere politische Bedeutung oder besondere Dringlichkeit zukommt,

unterstreichend, wie wichtig es ist, ausreichende Ressourcen für die Durchführung der mandatsmäßigen Programme und Tätigkeiten zur Verfügung zu stellen,

erneut erklärend, dass sie nach der Charta zur Prüfung aller Haushaltsfragen befugt ist,

Rolle und Autorität der Generalversammlung

1. betont, dass es notwendig ist, den politischen Willen zur Gewährleistung der wirksamen Durchführung der von der Generalversammlung verabschiedeten Resolutionen unter Beweis zu stellen;

 

2. beschließt, im Hinblick auf die weitere Stärkung der in der Charta der Vereinten Nationen festgelegten Rolle und Autorität der Generalversammlung

a) große thematische Aussprachen einzuberufen und zu organisieren, um eine breite internationale Verständigung über aktuelle Sachfragen herbeizuführen, die für die Mitgliedstaaten von Bedeutung sind;

 

b) Fragen im Zusammenhang mit der Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit im Einklang mit den Artikeln 10, 11, 12, 14 und 35 der Charta zu erörtern und dabei gegebenenfalls nach den in den Regeln 7, 8, 9 und 10 ihrer Geschäftsordnung vorgesehenen Verfahren vorzugehen, die ihr ein rasches Handeln ermöglichen, eingedenk dessen, dass der Sicherheitsrat nach Artikel 24 der Charta die Hauptverantwortung für die Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit trägt;

Es kann solchen "Einklang mit den Artikeln 10, 11, 12, 14 und 35 ..." nicht geben, denn Artikel 12 schließt ja gerade aus, was an Aufwertung der Generalversammlung  gefordert ist.

Und selbstverständlich hat der Weltsicherheitsrat zwar "die Hauptverantwortung" für den Weltfrieden, aber im Sinne exekutiver Maßnahmen und müsste also durch die Generalversammlung und den IGH kontrollierbar sein.

c) die Jahresberichte und Sonderberichte des Sicherheitsrats im Einklang mit Artikel 15 Absatz 1 und Artikel 24 Absatz 3 der Charta im Wege interaktiver Sachdebatten zu prüfen;  
d) den Sicherheitsrat zu bitten, der Generalversammlung im Einklang mit Artikel 24 der Charta in regelmäßigen Abständen themenbezogene Sonderberichte zu Fragen von aktuellem internationalem Belang zur Prüfung vorzulegen; Kofi Annan ist so höflich, dass er von "bitten" spricht, wo für das selbstverständlichste Recht nur durch den Begriff "fordern" Ausdruck geben kann.

e) den Sicherheitsrat außerdem zu bitten, die Generalversammlung regelmäßig über die Schritte auf dem Laufenden zu halten, die er hinsichtlich der Verbesserung seiner Berichterstattung an die Versammlung unternommen hat oder in Betracht zieht;

f) interaktive Aussprachen über andere Berichte abzuhalten, die der Generalversammlung im Einklang mit Artikel 15 Absatz 2 der Charta vorgelegt werden;

 

Präsident der Generalversammlung

3. beschließt, die Rolle und Führerschaft des Präsidenten der Generalversammlung zu stärken und zu diesem Zweck

 
a) den Präsidenten der Generalversammlung zu ermächtigen, in Absprache mit den Mitgliedstaaten interaktive Aussprachen über aktuelle Fragen auf der Tagesordnung der Versammlung vorzuschlagen; Viele Leser werden nicht wissen, dass bislang der Weltsicherheitsrat bestimmt, was auf die Tagesordnung der Generalversammlung kommt. >> siehe Art. 12 der UNO-Charta

b) im Rahmen der verfügbaren Mittel und vorbehaltlich ihrer Behandlung des Haushaltsentwurfs des Generalsekretärs für 2006-2007 die dem Büro des Präsidenten der Generalversammlung bereitgestellten Mittel zu erhöhen, um zwei zusätzliche Stellen auf leitender und herausgehobener Ebene zu schaffen, die jährlich nach Konsultationen mit dem designierten Präsidenten zu besetzen sind, beginnend mit der sechzigsten Tagung der Versammlung;

c) dem Präsidenten der Generalversammlung ausreichende Büro- und Konferenzräumlichkeiten zur Verfügung zu stellen, damit er seine Aufgaben in einer der Würde und dem Rang seines Amtes angemessenen Weise wahrnehmen kann;

d) den Generalsekretär zu ersuchen, dafür Sorge zu tragen, dass dem Präsidenten der Generalversammlung am Amtssitz und an anderen Dienstorten der Vereinten Nationen angemessene protokollarische Dienste zur Verfügung stehen;

 

Tagesordnung und Arbeitsmethoden des Plenums und der Hauptausschüsse der Generalversammlung

4. beschließt, eine allen Mitgliedstaaten offen stehende Ad-hoc-Arbeitsgruppe einzurichten, mit dem Auftrag, Möglichkeiten zur weiteren Stärkung der Rolle, Autorität, Wirksamkeit und Effizienz der Generalversammlung aufzuzeigen, unter anderem durch eine Überprüfung der Tagesordnung und der Arbeitsmethoden der Versammlung, und dabei insbesondere auch einschlägige Resolutionen der Versammlung zugrunde zu legen;

 

5. beschließt außerdem, dass die Ad-hoc-Arbeitsgruppe der Generalversammlung auf ihrer sechzigsten Tagung einen Bericht mit konkreten Empfehlungen vorlegen wird;

6. ersucht den Generalsekretär, der Ad-hoc-Arbeitsgruppe die erforderlichen Dienste bereitzustellen;

7. legt den Hauptausschüssen nahe, die in Ziffer 3 der Anlage zur Resolution 58/316 vom 1. Juli 2004 enthaltenen Bestimmungen vollständig umzusetzen, aufbauend auf den Ergebnissen der einschlägigen Erörterungen in jedem Ausschuss;

8. legt den Vorständen der Hauptausschüsse nahe, enger zusammenzuarbeiten und von den bewährten Praktiken der anderen zu lernen;

 

9. ersucht die Vorsitzenden der Hauptausschüsse, am Ende ihrer jeweiligen Amtszeit ihrem unmittelbaren Nachfolger einen kurzen Bericht mit ihren Bemerkungen und den von ihnen gewonnenen Erfahrungen vorzulegen;

10. beschließt, dass die Redezeit im Plenum und in den Sitzungen der Hauptausschüsse gemäß den Regeln 72 und 114 der Geschäftsordnung der Generalversammlung beschränkt wird;

11. fordert alle Amtsträger, die bei Sitzungen der Generalversammlung den Vorsitz führen, mit allem Nachdruck auf, diese Sitzungen pünktlich zu eröffnen;

12. befürwortet die Abhaltung interaktiver Aussprachen mit dem Ziel, zur Entscheidungsfindung auf zwischenstaatlicher Ebene beizutragen;

 
13. bittet die Mitgliedstaaten, die mit einer von dem Vorsitzenden einer Gruppe von Mitgliedstaaten abgegebenen Erklärung übereinstimmen, zusätzliche Stellungnahmen, die sie in ihrem eigenen Namen abgeben, möglichst auf Punkte zu beschränken, die in der Erklärung der fraglichen Gruppe nicht bereits ausreichend behandelt wurden, unter Berücksichtigung des souveränen Rechts eines jeden Mitgliedstaats, seiner nationalen Position Ausdruck zu verleihen;  

14. ersucht den Generalsekretär, eine konsolidierte Fassung der Geschäftsordnung der Generalversammlung in allen Amtssprachen sowohl in gedruckter Form herauszugeben als auch online verfügbar zu machen;

"online" wäre prima, denn das schafft heute die meiste Öffentlichkeit

Gedruckte Ausgaben sollten auf Kosten der Mitgliedsstaaten gehen, die sie anfordern.

Gedruckte Ausgaben für die ärmeren Staaten sollten auch in deren Sprachen vorgelegt werden.

15. empfiehlt, den Einsatz optischer Scanner zu prüfen, um die Auszählung der in geheimen Wahlen abgegebenen Stimmen zu beschleunigen, unter gebührender Berücksichtigung der damit zusammenhängenden Sicherheitserfordernisse sowie der Glaubhaftigkeit, Verlässlichkeit und Vertraulichkeit dieses Mittels, und ersucht den Generalsekretär, der Generalversammlung über den Konferenzausschuss über die diesbezüglichen Modalitäten Bericht zu erstatten;  

Dokumentation

16. ersucht den Generalsekretär, die vorgesehenen Maßnahmen in Ziffer 20 der Resolution 57/300 der Generalversammlung vom 20. Dezember 2002 betreffend die Konsolidierung von Berichten und in Ziffer 6 der Anlage zur Versammlungsresolution 58/316 betreffend die Dokumentation weiter umzusetzen;

17. legt den Mitgliedstaaten, die zusätzliche Informationen benötigen, nahe, darum zu ersuchen, dass ihnen die Informationen entweder mündlich oder, falls schriftlich, in Form von Informationsblättern, Anhängen, Tabellen und dergleichen mitgeteilt werden, und befürwortet eine breitere Anwendung dieser Praxis;

18. ersucht den Generalsekretär, sicherzustellen, dass Dokumente und Berichte im Einklang mit der Sechs-Wochen-Regel für die gleichzeitige Herausgabe von Dokumenten in allen Amtssprachen hinlänglich im Voraus herausgegeben werden, wie in Resolution 49/221 vom 23. Dezember 1994 und Resolution 59/309 vom 22. Juni 2005 über Mehrsprachigkeit vorgesehen;

19. ersucht den Generalsekretär außerdem, der Generalversammlung auf ihrer sechzigsten Tagung einen Sachstandsbericht über die Durchführung aller Resolutionen betreffend die Neubelebung ihrer Tätigkeit, einschließlich der Resolutionen 58/126 vom

19. Dezember 2003, 58/316 und dieser Resolution, vorzulegen.

 
  Der ganze Entwurf leidet den Mangel, dass er eine Aufwertung der Generalversammlung versucht, ohne die Privilegien der Veto-Mächte im Weltsicherheitsrat zu beschneiden.

Ich sehe zwar den guten Willen, aber die Reform kann so nicht gelingen.

- Sven -

  Zu diesem Dokument gab es eine Presseerklärung des Friedensratschlags, den wiederum ich kritisiere >> KLICK
 

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