Votest-2003 | |
Wie weiter im Irak-Krieg und drumherum? | |
Thesen und Forderungen | |
Sich über den Krieg aufregen kann jeder, womit ich die Proteste, an denen ich selbst teilhabe, nicht schlecht reden will. Ich verteidige jeden demokratischen Protest als legitim, auch wenn er keine eigenen Alternativen benennt, denn wer die Macht hat, soll sich nicht mit der Ohnmacht seiner Kritiker rausreden, sondern sich der Kritik stellen. Deshalb rufe ich auch den Kritikern unserer Projekte allenfalls polemisch entgegnen: "Macht es doch besser!" Hingegen steht niemand uns gegenüber in solcher Pflicht, sondern wir als "Macher" haben gegen die Kritik zu bestehen oder sollten gehen. Wenn wir gut sind, dann gewinnen aus der Kritik. So sehr ich also für Toleranz gegenüber Kritik werbe, so viel lieber ist sie mir dennoch, wenn sich in ihr die Geister emanzipieren und mehr leisten als das bloße "Dagegen", nicht nur fixiert sind auf das Ausweichen im Spiel der obwaltenden Kräfte, sondern Argumente so entwickeln, dass sie die Kräfte beeinflussen. Notwendigkeit von politischen Forderungen Wer in diesen Wochen die
Entwicklung der öffentlichen Meinung beobachtet, kann bestätigt sehen,
dass der Irak-Krieg nun tatsächlich mehr und mehr Antiamerikanismus
heraufbeschwört, dass also die "harte US-Linie" nicht nur im
Mittleren Osten "harte Gegenreaktionen" auslöst, sondern auch
bei den Bündnispartnern, selbst innerhalb der NATO. Wenn wir uns in den aktuellen Fragen auf das Protestieren reduzieren und keine konstruktiven Szenarien zur friedlichen Konfliktbeilegung entwickeln, dann überlassen wir die Menschen und also uns selbst einer "Anti-Haltung", die dann auch labil für Antiamerikanismus werden kann. Anm.: Als
"Kriegsbefürworter" bezeichne ich ganz leidenschaftslos jene
Leute, die nicht das sofortige Ende jeglicher Kriegshandlungen
fordern. Dass fast jeder "gegen den Krieg" sei, sagen sie
uns hinreichend und vielen glaube ich es auch, aber wenn man fortgesetzte
Bombardierungen "jetzt für unvermeidlich" hält, dann ist man
eben "jetzt ein Kriegsbefürworter". Glücklicherweise gibt
es genügend Menschen, die gelassen reagieren, wenn jemand "Forderungen"
auftischt. Und so will ich es mit den Unterpostings mal gegliedert durchtesten. |
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1. Akut-Forderung: Waffenstillstand | |
Die
Gründe für diese Forderung sind in einem älteren Posting dargelegt. Hier nur knapp skizziert: a) Nur ein sofortiger Waffenstillstand beendet weiteres Blutvergießen und Zerstören. b) Der von vielen befürchtete Ansehensschaden ist für den "Westen" würde nur größer, wenn falsche Politik fortgesetzt wird. |
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2. Akut-Forderung: Humanitäre Hilfe | |
Die Bundesrepublik Deutschland soll gemeinsam mit den Vereinten Nationen sofort und umfassende Hilfe für die irakische Bevölkerung leisten. Diese Hilfe soll notfalls (und der Notfall ist da!) die Größenordnung von mehreren Milliarden Euro erreichen. - Uns Deutschen blieb jetzt ein Krieg erspart, den wir von der irakischen Bevölkerung nicht abzuwenden verstanden. Hilfen dieser Größenordnung sind uns möglich und allein schon unter Aufschub von Aufrüstungsprojekten finanzierbar, ansonsten durch Steuererhöhungen. | |
3. Rücktrittsforderung gegen Bush und Blair | |
Dieses
ist "nur eine politische Forderung" und braucht nicht zwingend
die Unterstützung durch die Bundesregierung, denn die sollte bemüht
sein, diplomatische Beziehungen zu reaktivieren und zu gesunden.
Aber die Nicht-Regierungsorganisationen sollten weltweit eine solche Forderung stellen, denn Bush und Blair sind die Hauptversager in der Bewältigung des Konflikts der Welt mit dem diktatorischen Regime im Irak, weil sie a) ihre politischen Privilegien innerhalb der Vereinten Nationen missbrauchten, indem sie als Veto-Mächte im UN-Sicherheitsrat andere zivile Vorgehensweisen blockierten, b) gegen den klaren Mehrheitswillen der Welt einen Krieg vom Zaun brachen, c) gegen geltendes Völkerrecht verstoßen, denn keinem Staat und keiner Allianz sind ohne Verteidigungsfall kriegerische Handlungen gegen andere Staaten gestattet. d) gegen geltendes NATO-Recht verstoßen, was man mal nicht übersehen sollte, denn die NATO ist ihrem Selbstverständnis gemäß eine Verteidigungsallianz und einzelne ihrer Mitglieder haben sich da nicht so ohne Rechtsbruch als Befreiungsarmeen aufzuspielen. e) Blair dürfte zudem noch gegen EU-Recht verstoßen haben. Wir werden es uns angucken.
Eine auf das Völkerrecht gestützte Rücktrittsforderung ist juristisch
allerdings nur "halbrichtig", denn das Völkerrecht verbietet
die Einmischung in die inneren Angelegenheiten eines Staates. Es gibt für internationale Rücktrittsforderungen / Einmischung ohnehin jede Menge guter und schlechter Beispiele: 1. Als der Rechtspopulist Jörg Haider an der österreichischen Regierungsbildung mitwirkte, beschloss die EU diplomatische Sanktionen. Ich befand damals solche
Sanktion für prinzipiell richtig, sowohl juristisch, weil die EU im
Unterschied zur UN weitreichender Einmischungen erlaubt und ihre
Beziehungen zu einzelnen Mitgliedern auch verschlechtern darf, wenn sie
dabei formelles und materielles Recht beachtet, was damals weitgehend
eingehalten wurde, wenngleich ich auch da höhere Anforderungen gestellt
hätte, aber es wurde mitunter populistisch auf den Populisten reagiert,
was ich kritisierte. Ich belasse es mal bei diesen beiden sehr gegensätzlichen Beispielen für Rücktrittsforderungen. Eine davon kam von Bush. Und wenn ihn nun selbst eine trifft, dann liegt darin ein weiteres Stück Legitimation, obwohl Wechselseitigkeiten nicht immer für Recht stehen.
Anmerkung für
Kriegsbefürworter, die uns andauernd vorhalten, dass Kosovo und
Afghanistan auch Kriege gegen den Mehrheitswillen der Welt waren: - wenn
die Kriege auf dem Balkan und in Afghanistan völkerrechtswidrig waren,
dann sollte man daraus den Schluss ziehen, dass sich solche
Völkerrechtswidrigkeiten nicht wiederholen dürfen. |
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