Gewaltlos-Pazifismus?

An sich lehne ich den Gewaltlos-Pazifismus ab, denn m.E. sagt der Pazifismus zur Gewalt weder Ja noch Nein, sondern fordert die Gewalt unter das Recht, aber viele nennen sich Pazifisten und verstehen darunter die Ablehnung jeder Gewalt. 

Auch vor solchen Gewaltlos-Pazifisten habe ich Hochachtung - und oft genug ist die Gewaltlosigkeit der richtigere Weg, wenn beispielsweise Widerstand zwecklos ist und die Kapitulation das kleinere Übel.

Aber der Verzicht auf verteidigender Gewalt wäre wie ein offenes Tor für die Tyrannei. In sie mag sich begeben, wer sie ertragen will, keinen Ausweg sieht oder Hoffnung hegt, sie zu überstehen, doch die Gewaltlosigkeit kann keine allgemeingültige Empfehlung sein, denn auch der gewalttätige Widerstand soll den Tyrannen und Verbrechern ein möglichst großes Wagnis sein.

Der Gandhi-Pazifismus war sicherlich richtig, denn das vermied viele Opfer, die gegenüber der hochgerüsteten Kolonialmacht Großbritannien zu befürchten waren.
Der Gandhi-Pazifismus war zugleich Vorbild für die Alternativen zur Gewalt, die aller Gewalt vorgehen müssten.
Allerdings sei der Hinweis, dass sich Gandhi nie als Pazifist bezeichnete, sondern von anderen zur Ikone des Pazifismus gekürt wurde.

Der Jesus-Pazifismus ist wiederum ganz anderer Art: Ein Martyrium (= Blutzeugnis für ein Bekenntnis, dem irdisches Leben in der religiösen Hoffnung auf ein ewiges Leben weniger wichtig ist. Wer dieses Bekenntnis hat, ist dem Neuen Testament zufolge der Gewaltlosigkeit und geradewegs dem Passionismus verpflichtet. Der Jesus-Pazifismus ist also Glaube, sollte von Andersdenkenden respektiert werden, aber kann wiederum nicht Allgemeinbefolgung beanspruchen, ansonsten würde das Christentum sich Andersdenkenden aufzwingen.  

msr20070207/200902   mein "gewaltbereiter" >> Pazifismus


>> "wenn es geht dann Gandhi"  & Jesus hatte Pech

>> Pazifismus und Gewalt

 

Bedeutung der Gewaltlosigkeit

Die Neigung zur Gewaltlosigkeit ist ebenso wie die Neigung zur Gewalt in allen Menschen und allen politischen Lagern anzutreffen. 
 
Die Neigung zur Gewaltlosigkeit hat ihre Ursache in der Friedenssehnsucht, letztlich im Lebenswillen des Menschen, weil die Sicherheit unzuverlässiger durch Gewalt als durch zivile Abkommen (=
Recht) und Freundschaft gewährleistet ist. 

Die Neigung zur Gewaltlosigkeit bildet zur Gewaltneigung das spontane, pragmatische und rationale Gegengewicht. Das aber ist noch KEIN Pazifismus.

Erst wenn aus Spontaneität,  Pragmatismus und Rationalität eine prinzipielle Haltung = ein Suchen nach System wird, um die Gewaltlosigkeit nicht allein Stimmungsschwankungen zu belassen, kann von "pazifistischer Politik" gesprochen werden.

 

Gewaltlosigkeit häufig alternativlos

In vielen politischen Streitigkeiten ist die Gewaltlosigkeit alternativlos und Praxis.

Beispiel: Die Bundesrepublik Deutschland positionierte sich gegen den Irak-Krieg. Trotzdem nutzten die USA Militärstützpunkte auf deutschem Territorium und den deutschen Luftraum für Kriegshandlungen. 
Hätte die Bundesregierung den USA solche Rechte suspendiert und die USA sich trotzdem darüber hinweg gesetzt, so wäre es politischer Wahnsinn gewesen, wenn Deutschland versucht hätte, die Überflugverbote gegen die USA militärisch durchzusetzen. Es hätte zur Duldung keine Alternative gegeben. Also wäre die Gewaltlosigkeit trotz des Rechtsbruchs "richtige Realpolitik" gewesen.

Zugleich zeigt dieses Beispiel, dass die Gewalt nicht nur zur Findung des Rechts untauglich ist, sondern häufig auch zu dessen Durchsetzung.

Die Geschichte ist reich an Beispielen gewaltloser Politik und Politiker, von denen Gandhi der bekannteste Gewaltlose ist und den Pazifismus zum Prinzip seiner Politik erhob. Auch Gandhi konnte Indien im Wege der Gewaltlosigkeit mit weniger Opfern in die Unabhängigkeit führen, als wenn er zum Krieg gegen Großbritannien gerufen hätte.

 

Totale Gewaltverweigerer

Es gab immer auch solche Pazifisten, die auf jede Gewalt verzichteten bis hin in den eigenen Tod.  Soweit würde ich mich nicht wagen, aber meine HOCHACHTUNG vor solchen ist größer als die Achtung vor Leuten, die uns ihre Kriege als gerecht, als Ultima Ratio zu verkaufen suchen, obwohl der Krieg das umfassendste Unrecht darstellt und zwar als Folge versagender Politik. 

Es gibt leider auch viele Christen, die verächtlich über Gewaltverweigerer denken. Solche Christen kann ich nur mahnen: Wer die Gewaltlosen verspottet, der verspottet Jesus Christus. 

So bekenne ich mich zwar zur Gewalt, aber nicht zu dem Spott gegen die Gewaltlosigkeit.

 

Gibt es gewaltlosen Pazifismus?

Es gibt Menschen, die vollständig gewaltlos sind und es gibt Pazifisten, die jegliches Militär als Friedensbedrohung ablehnen.

Auch daran ist Wahres und die historischen Erfahrungen mit Kriegen sollten zumindest dazu veranlassen, gewaltlose Verteidigungsstrategien maximal auszuloten und zu entwickeln.

Gewöhnliche Politik hat jedoch ein Interesse daran, die eigene Gewaltpolitik gegenüber dem Pazifismus zu rechtfertigen, indem den Pazifisten Naivität, Dummheit und sogar  Verantwortungslosigkeit unterstellt wird, die zur  Untätigkeit gegenüber Diktatoren führe und Verbrechen begünstige. 
Zu dieser Verleumdung gehört es, dass der Gewalteinsatz gegen die Gewalt wie eine alternativlose Feuerwehr gegen das Feuer sei, aber Pazifisten weisen den
Bellizisten häufig genug nach, 

1. dass die Bellizisten nicht Wasser, sondern Benzin in die Feuer gießen,

2. dass die Bellizisten nicht die Feuerwehr sind, sondern meist selbst die Brandstifter waren,

3. dass es viele Situationen gibt, in denen nur Rückzug und passiver Widerstand helfen kann, während der Ruf zum Krieg dem kollektiven und massenhaften Selbstmord gleichkommt.

Oft ist von der Gewalt als "letztem Mittel" die Rede

So reden die Schurken auch, dass sie "alles getan hätten, um zu vermeiden, was sie nun tun müssten."

"Und was tun gegen Hitler?"
So lautet eine der Lieblingsfragen gegen Pazifisten.


Stellt die Gegenfrage: 

Fiel Hitler vom Himmel? Man sah ihn nicht kommen? Man hörte ihn nicht hetzen? 

Und antwortet:

Wer die morgigen Hitler vermeiden will, der darf heute nicht mehr zulassen, dass Politiker unter Berufung auf die "staatliche Souveränität" an Waffen basteln, wie es auch meinem Nachbarn nicht statthaft ist, gegen mich Bomben zu basteln. 

Wer keinen Krieg will, der muss durchsetzen: Alle Waffenproduktion und alle Verfügungsgewalt über die kriegsentscheidenden Waffen soll unter die Kontrolle der Vereinten Nationen, denn Frieden wahrt sich am besten mit einem demokratischen Gewaltmonopol. 

Stellt die Frage: 

Wer verweigert die Entwicklung solchen Rechts und solcher Kontrolle?

Und antwortet:

Diejenigen versperren den Weg in eine friedliche Zukunft, 
die uns morgen erneut erzählen wollen, 
dass ein Krieg
unvermeidlich sei, 
während sie ihn heute noch immer vorbereiten 
anstatt die Vorbereitung zu verbieten.

Stattdessen warnen sie vor den Diktatoren und auch noch vor den Pazifisten, als würden Pazifisten nicht immer schon sagen, was gegen den Krieg zu unternehmen ist, damit er gar nicht erst passiert.

Markus Rabanus 200406

DEMNÄCHST ausführlich und besser ;-)   
Es soll im Moment nur "Denkzettel auf einer Pinnwand" sein, die entsprechend verknüpft den Überblick verschaffen für das, was alles an Pazifismus zu bearbeiten ist. 

Die unterschiedlichen
>> Pazifismus-Varianten

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