mein Schuldbegriff KLICK
 Holocaust & Schuld

  
Häufige  Frage:                                            
"Wann ist die Schuld verjährt?"
 


Einfache Antwort
:                                                                            

Der Sohn des Mörders        
              ist  ohne  Schuld,
da gibt es nichts zu "verjähren" und übrigens auch nichts zu "verzeihen",
es sei denn,   der Sohn rühmte sich der Untat des Vaters,
 denn  dann belüde er sich selbst mit neuer Schuld.

Und WER Schuld hat, dem kann nur das Opfer verzeihen,
 wenn das Opfer noch lebt  -  niemand sonst.
                                             Und zum Verzeihen ist niemand verpflichtet.

Mit Ausnahme von Mord und Verbrechen gegen die Menschlichkeit gilt: 
 Straf-  und Ersatzansprüche  können "verjähren",

nie   jedoch die  Schuld .

Also merken:  Schuld kann "gesühnt",  kann "erlassen",  "verziehen"
oder  "beglichen" werden,   aber niemals "verjähren".

         

      Häufige Gegenrede :

"Mein Großvater war kein Mörder!"
 

     meine Antwort = Frage : 

"Was ist dann Dein Problem mit der Erinnerung?"

  

     Häufige Antwort :

"Dass niemand von den Verbrechen 
gegen die Deutschen spricht."
  

 Mögliche Deutung: Da will jemand Gerechtigkeit.
 Mögliche Deutung: Da will jemand von NS-Verbrechen ablenken.

              Beides gibt es.  -  Wirft man die Deutungen zusammen, 
              dann verschafft  man den Ablenkern Verstärkung.

     meine Frage : 

"Haben die Verbrechen gegen die Deutschen
mit den deutschen Verbrechen zu tun?"
  

     Falls  "Ja",  dann frage, ob genügte, 
    
was die Großväter gegen das Treiben 
     der  "Herrenrasse"  taten.  
     Nicht alle waren Täter, aber wer waren die Täter?

     Und wer vertrieb sie aus der Politik?

     Deutsches Versagen holte uns die WELT 
    
als Feinde ins Land,    nachdem  sie von Deutschen
     zu "Untermenschen", zu Feinden erklärt waren.

     Wer über die Reaktion spricht, aber über die 
     Vorgeschichte nicht, der "verfälscht die Geschichte".
 
Sven

  


 
Ausführlicher  zum Umgang mit der Schuld:

  1. Strafansprüche  können  verjähren,  niemals aber die  Schuld.

  2. Schuld  kann  gesühnt  werden, dann ist sie nicht verjährt, sondern abgegolten und darf nicht nochmals bestraft werden.

  3. Schuld  kann durch Wiedergutmachung getilgt werden. Die Schuld ist dann nicht "verjährt", sondern "getilgt".

  4. Wiedergutmachung ist jedoch nicht in allen Fällen der Schuld möglich: ein Mord kann durch nichts und niemanden rückgängig gemacht werden.

  5. Schuld kann erlassen werden, aber der Schulderlass fällt in die alleinige Kompetenz der Opfer und niemand darf sich anmaßen, "stellvertretend" für Millionen ermordeter Juden  die Holocaust-Schuld zu erlassen.

  6. Die Schuld ist immer persönlich, also individuell und in ihrer Entstehung stets vom Wollen und Können des Menschen abhängig. Deshalb kann es keine "kollektive Schuld" geben, auch dann nicht, wenn sich eine Vielzahl von Menschen in gleicher Weise verstricken. Es bleibt stets nach der Schuld des Einzelnen zu fragen.

  7. Die historische Schuld ist zu unterscheiden von der persönlichen Schuld. Wer beides gleichsetzt, begeht Unrecht an denen, die keine persönliche Schuld tragen.

Mit dem Ableben der Kriegsgeneration geht es immer weniger um die "persönliche Schuld":  

Der
Sohn eines Mörders ist nicht deshalb ein Mörder, weil der Vater ein Mörder war.
Nur für Dumme mag die Abstammung des Kindes ein Makel sein, 
für Vernünftige wäre es ein zu bemitleidendes Schicksal, denn obwohl das Kind ohne persönliche Schuld ist, hat es an der historischen Schuld des Vaters zu tragen.


Darum ist das eigentliche Problem nicht die Schuld an sich, sondern der
Schuldkomplex, also der Wunsch, unrühmliche Vergangenheit loszuwerden. 

Walser will uns den Schuldkomplex nehmen, indem er uns das Recht auf Schulderlass  gewährt.  Aber der Sohn des Mörders hatte nie Schuld!  Es sei denn, der Sohn fordert für die grässliche Tat des Vaters das Unschuldsurteil (z.B. Verharmlosung des Holocaust).  Das wäre ein weiterer Schlag in das Gesicht der Opfer - und der Sohn würde selbst schuldig. 

Auch der Sohn des Mörders hat ein Recht darauf, seinen Vater zu lieben.  Aber es ist keine wahrhaftige Liebe, wenn er den Vater verklärt, um ihn lieben zu können. - Der Sohn des Mörders wird seinen Vater lieben, aber mit dessen Fehlern und trotz dieser Fehler, aber er soll die Fehler nicht leugnen.
 

Schlussfolgerungen:
Für den Holocaust gibt es keine "Verjährung", 
weil die Schuld NIE verjährt.
Für den Holocaust gibt es keinen "Schulderlass",
weil diejenigen, die ihn nicht überlebten,
durch niemanden vertreten werden können.
Für den Holocaust gibt es keine "Wiedergutmachung",
weil niemand die Ermordeten lebendig machen kann.
Aber zweierlei ist Pflicht:
1. Die Wiedergutmachungsversuche durch die Gesellschaft setzen nicht ihr eigenes Verschulden voraus, sondern ihre Humanität. Diese Wiedergutmachung ist "stellvertretend" und bemüht, die Folgen des Antihumanismus der Täter zu lindern.
2. Man sei sich der historischen Verantwortung dafür 
    bewusst, dass sich solche Schuld nie wiederhole.

Und diese Verantwortung lastet auf den Nachkommen von Opfern nicht minder als auf den Nachkommen von Tätern.  Es ist ihre gemeinsame Last und also Verantwortung.

Solange aber  in Deutschland jüdische Friedhöfe geschändet werden und jüdische Einrichtungen unter Polizeischutz stehen müssen, lädt sich jeder Einzelne von uns Nachkommen in dem Maße neue persönliche Schuld auf,  wie wir nicht dafür sorgen, dass Deutschland zur sicheren Heimat auch für seine jüdische Bevölkerung wird.

msr/berlin12/1998   
im
www.internet-journal.de   


überarbeitet 1998, 1999, 2002,
2003, 2012 

www.initiative-dialog.de 


         
Die große Schuld

Die große Schuld des Menschen sind nicht die Sünden, die er begeht
- die Versuchung ist mächtig und seine Kraft gering! 

Die große Schuld des Menschen ist, dass er in jedem Augenblick die Umkehr tun kann und nicht tut.    
(Rabbi Bunam)  

  peinliche Fragen zur persönlichen Schuld

  Wiedergutmachung

  der doppelte Schuldbegriff

  zum Kollektivschuldkomplex

Scham & Stolz      Nationalstolz

Dialog-Lexikon

 Anmerkung:   dieser Text ist unser ältester Text.
 Dass er so oft überarbeitet wurde und sicherlich
 noch wird, steht für die Unzulänglichkeit aller Erkenntnis.   
DISKUSSION

Ursprünglich adressierte ich diesen Text mit "Einfache Antwort auch an Walser", wobei "auch an Walser" kleinformatiert war, aber das durfte gar nicht sein, denn Martin Walser hatte nicht die "Schuldverjährung" gefordert, sondern war unfair in solche Richtung "interpretiert" worden.