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27 April 2008

Sicherten die Atomwaffen den Ost-West-Frieden?

Auf dem Hintergrund der www.diskussionen.de um den Atomwaffensperrvertrag kommt oftmals die These, dass die atomare Abschreckungsstrategie jahrzehntelang den Frieden im Kalten Krieg gesichert habe. Dagegen stehen folgende Argumente:

"Friedenssicherung im Kalten Krieg" ist ein Widerspruch in sich, denn der "Kalte Krieg" zwischen Ost und West entzündete seine Feuer auf zahlreichen Nebenschauplätzen Indochinas und Afrikas, war mitverantwortlich für Kriege des Nahen und Mittleren Ostens.

Die gegenseitige Atomwaffendrohung hinderte die Atomwaffenmächte also nicht am Kriegführen gegeneinander, denn in ihrem Weltmachtstreben polarisierten sie die Staaten und nahezu jede Gesellschaft in den Antagonismus des Ost-West-Konflikts, so dass die gesamte Politik einschließlich aller wirtschaftlichen und kulturellen Verhältnisse von Demarkationslinien durchzogen waren, an denen die Kriege stattfanden, wann immer geglaubt wurde, die Demarkationslinie zu den eigenen Gunsten verschieben zu können.

Somit fragt sich, ob die atomare Abschreckung - wenn schon nicht die Stellvertreterkriege - nicht doch wenigstens den Angriff auf die Machtzentren des Ost-West-Konflikts oder direkte Konfrontation ihrer Streitkräfte verhindert habe, suggeriert also, dass die Großmächte z.B. anlässlich der Berlin-Krisen mit konventionellen Waffen aufeinander losgegangen wären.

Das militärische Muskelspiel war beachtlich, denn es fuhren Panzer auf, es rasten Kampfflugzeuge am Himmel, aber zugleich war die gegenseitige Zusicherung, dass man keinen Krieg wünsche, auch keinen konventionellen, sondern "nur" die bestehenden Machtsphären zu sichern gedenke.

Für etwaige Wünsche, diese Machtsphären an den wichtigsten Demarkationslinien im Wege der unmittelbaren Konfrontation mit dem Gegner ausdehnen zu wollen, gab es wenig Wahrscheinlichkeit, auch wenn die Propaganda des Kalten Krieges solche Absichten permanent der Gegenseite unterstellte, wie immer auch die Absicht von Angriffen auf die Machtzentren selbst, aber das war Propaganda und diente zur Forcierung und Legitimation der eigenen Rüstungen einschließlich der Atomwaffen.

Es bleibt die Frage zu beantworten, ob denn die Atomkriegsgefahr nicht zumindest dadurch die Welt sicherer gemacht habe, dass sie hinter jedem Konflikt abstrakte Totalvernichtungsdrohung war, also die Konfliktbereitschaft auf konventionellem Niveau gemindert habe.

Aber auch das ist nicht wahr, denn ob nun aus Furcht vor der Totalvernichtung oder dem Willen dazu, war ein permanentes Streben nach Übervorteilung der Gegenseite, um genau aus der Logik der "massiven Vergeltung" herauszustehlen, beispielsweise durch Versuche einseitiger Vorteile bei der Landstationierung (Kuba-Krise 1962) oder bei der Beschattung von seestationierten Atomwaffen durch U-Boote, schließlich auch die Fehlinterpretation von Kräften, Bewegungen und Täuschungsmanövern, wie es mit der U-Boot-Krise 1981 zur Destabilisierung beitrug und Olaf Palmes Politik vernichtete.

Genau dieses Streben nach Übervorteilung unterminierte stets die Abschreckungsdoktrin und erhöhte sowohl die konventionelle als auch die atomare Kriegsgefahr. Und letztere besteht überhaupt nur deshalb, weil sich die Atomwaffenmächte im Bruch des Art. 6 Atomwaffensperrvertrag nicht auf ein Regime zur Durchsetzung vollständiger (also auch eigener) Atomwaffenfreiheit einlassen.

So fragt sich, was der reale Zweck von Atomwaffen ist. Realer Zweck ist Beanspruchung von Erpressungspotential zugunsten einer Vormachtstellung in der Weltpolitik - und als solche völkerrechtswidrig. Und statt den Frieden zu sichern, die Wahrscheinlichkeit einer atomaren Totalkatastrophe erhöhend.

-markus rabanus- (Friedensforschung.de)

Atomwaffen sichern den Frieden   27.08.2017

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