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ehemaliger Rechtsextremist

Initiative-Dialog fragt:  Was trieb Dich hin & wieder her?

T-1000 antwortet: Wohin überhaupt?:-))

Was mich als 15-jährigen trieb, war, sagen wir, die Macht der Symbolik: Hakenkreuz, Fahnenaufmärsche, Paraden und der ganze Zirkus...
Ich hatte ja in dem Alter so gut wie keine politische Vorbildung, von den Allgemeinplätzen, die man aus der Schule kannte, mal abgesehen.

Ich las die damals erschienene Heftserie "Das 3.Reich", sah alte Wochenschauen und war fasziniert. Ich bedauerte, dass es diese Zeit nicht mehr gab. Dann ein Bericht im ZDF-Jugendmagazin "DIREKT"  über die NPD: diese sei die Nachfolgepartei der NSDAP.
In meiner Begeisterung bin ich natürlich sofort hin und man stelle sich meine Enttäuschung vor: keine Uniform, keine Fahnen, bloß Gerede über alte Zeiten :-))))  Das hat natürlich nicht ausgereicht, also über einen von der JN die Adresse der damaligen ANS besorgt.
Dann begann der erste Stress mit dem Staat, Demo vor dem Heß Gefängnis, ein Fernsehinterview, in dem ich meine Zweifel an bestimmten Darstellungen der Geschichte äußerte, führten zu einer ersten Verurteilung.

Das alles weckte nicht Zweifel, es bestärkte meine Ansicht.
Man hat sich damals wie heute nicht mit Rechts argumentativ auseinandergesetzt, sondern wie üblich den Holzhammer herausgeholt
- eine Initiative Dialog hat es damals noch nicht gegeben, lol.

Repressive Maßnahmen seitens meiner Schule trugen auch nicht zur Einsicht bei, wohl aber fand ich einen Halt bei damaligen Kameraden.
Diese Saufkumpaneien von heute, Glatzen und das Zeug hat's damals nicht gegeben.

Ich hatte Kontakte zu Bu. (anonymisiert v. Redaktion), damals VSBDPdA, zur ANS, illegale NSDAP-Aufbauorganisation, eigentlich überallhin, was so Rang und Namen hatte. Durch das Fernsehinterview hatte ich mir einen solchen ja selbst verschafft :-))).

Nun muss man folgendes sehen: ich war in erster Linie IMMER Politiker, Ideologe, NIE Gewalttäter. Ich war Idealist und lebte mein Ideal. An Auseinandersetzungen war ich lediglich in wirklichen Notwehrsituationen beteiligt - Gewalt lehnte ich ab und tue es heute noch. Für mich stand vollkommen außer Frage, dass man das Volk durch Argumente überzeugen muss und nicht durch sinnlose
Gewaltanwendung. Nicht wenig hatte ich allerdings damit zu tun, meine eigenen Kameraden davon zu überzeugen, lol.

Nun, man wird älter, man wird ruhiger, irgendwann zog ich hierher nach Ostdeutschland, hier wieder in die NPD, Mitglied im Landesvorstand, und hier denke ich, hat sich ein Wandel vollzogen. Die Übergriffe auf Ausländer, die hier unter Rechten normal sind, die absolute Unmenschlichkeit und der Zynismus, mit denen man seinen eigenen Worten hohnspricht; das Aufspielen als Saubermänner der Nation, die gegen Korruption sind und dann sich selber bedienen bis zum Abwinken - das alles erschüttert irgendwann einmal Dein Weltbild bis in das Innerste.
Ich hab viele ausländische Bekannte - soll ich die nun nicht mehr kennen, weil sie Ausländer sind? Die Ideologie ist nur schöner, theoretischer Schein, die Wahrheit sieht so aus, wie ich sie hier jeden Tag sehe.

Und wohin es mich trieb ist richtiger gefragt als "wieder her", lol. :
Weil es ja nichts gibt, wohin es mich zurücktreiben könnte. Ich bin nicht vom Saulus zum Paulus geworden, sondern lehne das System genau so ab wie schon immer - ich hab's schon erläutert und muss mich nicht weiter dazu einlassen.

Warum ich trotzdem nicht den Mund halte, lol? Weil der Weg, den manche Leute einschlagen in Richtung rechts, falsch ist und es jemand geben muss, der sich mit ihnen durch Verständigung und Argumente auseinandersetzt und nicht durch Polizeiknüppel, Hausdurchsuchungen und Gerichtsurteile.


Initiative-Dialog fragt:  Was bewirkt ein Dialog-Konzept?

T-1000 antwortet: Gute Frage und klar zu beantworten: in erster Linie mal eine Deeskalation. Es ist dringend erforderlich, mit den Rechten zu Reden, aus

1.den schon genannten Gründen, dass Jugendliche jemanden zum Reden brauchen und nicht jemanden, der ihre Buden durchsucht.

2.dem Grund, den ich vor ca.2 Jahren im "Linksruck" las: dort stand sinngemäß, es wird zu einer Polarisierung zwischen Links und Rechts kommen. Kann sich jemand die Folgen ausmalen? Dazu darf es gar nicht erst kommen, daher DIALOG und nicht Polarisierung.


Initiative-Dialog fragt: Wo sind die Grenzen des Dialogs?

T-1000 antwortet: Das ist schwer zu definieren. Die Grenze für mich persönlich ist da, wo das Gespräch endet und die Gewalt oder deren Androhung anfängt. Über alles andere kann man reden - gewisse Geschichtsbilder inbegriffen. Für andere sind die Grenzen eben woanders - da kann man keinem dreinreden.

Herbst 2000   gehackter Link   Diskussion     

 

Rückblick von Sven acht Jahre später

"T-1000" fand unseren Dialog-Anspruch sofort richtig, aber sprach der Initiative-Dialog zu Beginn nahezu jegliche Rechtsextremismus-Kompetenz ab, a) aus schlechter Gewohnheit, b) weil sie vielen Antifaschisten ja auch tatsächlich fehlt.

Aber durch die Mitwirkung der Aussteiger "Carla" und "Hans" war es bei uns anders genug, um entscheidend zu helfen, wenn allzu bekloppt von oder mit naiven oder abgebrühten "Drinbleibern" debattiert wurde, wenn es einfach zu sehr den Erfahrungen oder der Logik widersprach. 

"T-1000" war in der rechtsextremistischen Szene weit rumgekommen. Es war seine Identität, von der sich aber während der Gefängnisjahre immerhin unterschied, dass dort die  "Fronten" anders verliefen, dass weniger zählt, ob jemand Araber oder Deutscher ist, sondern Häftling oder Schließer.

Trotzdem machte "T-1000" noch Jahre lang Politik mit "Kameraden", von denen es viele darauf hinauslaufen lassen, dass Ausländer wie außerirdische Eindringlinge zu behandeln seien und deshalb eher ins Jenseits befördert gehören als an der nächsten Straßenecke Döner verkaufen zu dürfen.

Irgendwann war ihm das über, obwohl "T-1000" die Welt außerhalb der rechtsextremistischen Szene nach seiner Geschichte dort vollkommen versperrt und deshalb verlogen vorkam. 

Das war nicht ganz fair von ihm, denn er versuchte aus Verbitterung nichts, was ihm den Weg hätte erleichtern können. Aber Erleichterung war genau nicht sein Ding. Schon das ganze Leben nicht. Obwohl längst in Berlin und täglichem Besuch bei uns, änderte sich daran nichts. 

Politische "Klärungen" sind eben nicht alles. Auch Freundschaft nicht, denn der gegenseitige Respekt, der einerseits die Klärungen und Freundschaft ermöglicht, kann andererseits dann wieder zur Falle werden, wenn jemand zu enttäuschen glaubt, weil er es einfach nicht schafft, sein bisheriges Leben gegen die Verhältnisse in ein Leben mit den Verhältnissen zu verändern - ohne sich des Opportunismus zu verdächtigen, der man sich in extremer Opposition gern so unverdächtig sein möchte, aber kritisch besehen gar nicht sein konnte, sondern die Erfahrung machte, dass je extremer die Feindschaft war, desto pflichtiger wurde der Opportunismus gegenüber den "eigenen Reihen".

Letzteres war lange genug praktiziert und vorbei, aber für das "normale Leben" über die theoretischen Einsicht hinaus zu wenig Zutrauen auf Erfolg durch Praxis. Meiner Freundin und mir schien, dass ihm uns gegenüber nicht gut damit war. Die Kontakte wurden seltener. Und nach zwei, drei Jahren (?) war die Wohnung leer. Niemand wusste, wohin er war.

"T-1000" als Freund und aus dem Antifaschismus-Projekt der IniDia zu "verlieren", war beides schade. Ihn im Hintergrund zu haben, war einfach genial. Politisch wie menschlich. Einige der früheren Mitwirkenden werden sich erinnern, wie humorvoll er mit komplizierten Situationen umgehen konnte und gleichzeitig ernsthaft in Personalia beriet, leider ausnahmslos recht behielt, während ich ganz gern anders entschied, wenngleich deshalb, weil die Risiken für solche Leute größer als für ein Projekt sind, an dessen Ruf wir in Anbetracht so vieler Kritik wenig zu retten haben:-) 

Na, irgendwann wird auch "T-1000" sich wieder melden, denn was er schuldig blieb, ist mietrechtlich und menschlich allemal verschmerzt und verjährt. Da kamen uns andere Freunde teurer. Und wir sind trotzdem noch da:-) 

Sven200805              FORUM

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