Atomwaffenschuld - damals und HEUTE
Da die Zerstörung von Hiroshima und
Nagasaki
keine Naturkatastrophen waren, stellt sich unausweichlich die Frage nach
politischer Verantwortung und Schuld.
"Unausweichlich?" - Hmm, viele Menschen sind anderweitig
interessiert oder sagen, dass von solcher Frage kein einziges Opfer ins Leben
zurück geholt werden kann.
Stimmt, aber dass fehlende Betroffenheit bei vielen Menschen zur Teilnahmslosigkeit führt, ist Dummheit, denn wer zunächst eigenen Schaden braucht, dem käme der Verstand zu spät, was Atomwaffen sind und Atomkrieg ermöglichen.
Nun soll auch niemandes die Zeit unnötig
beansprucht werden, aber zumindest soll aufgezählt sein, wessen Mitschuld in
Betracht kommt:
1. US-Präsident Truman, der die Einsatzbefehle gab. Und er kann sich nicht
damit rausreden, dass der Krieg, den es tatsächlich zu gewinnen galt, ohne die
Atombombenabwürfe mehr Menschenleben oder amerikanische Soldaten das Leben
gekostet hätte,
- als wenn damals kein Völkerrecht gegolten habe, das Leben von Zivilisten zu
schonen,
- als wenn der Krieg militärisch nicht bereits entschieden gewesen wäre und
bloß die politische Kapitulation ausstand,
- als wenn die Androhung des Atomschlags genügen könnte, die Verantwortung an
den Feind zu delegieren,
- als hätte es an Erfahrung mit NS-Deutschland gefehlt, dass Machthaber, je
mehr sie sich in Kriegsverbrechen verstrickten, desto weniger Neigung haben, die
eigene Bevölkerung zu schonen,
- dass folglich wenig überraschen konnte, dass Japans Regierung nicht sofort
nach Hiroshima kapitulierte,
- so dass sich die Frage stellt, wie viele japanische Städte über Hiroshima
und Nagasaki hinaus hätten zerstört werden sollen, wenn Japans Regierung wie
Hitler den Untergang des eigenen Volks in Kauf genommen hätten.
- Dass die Atombombenabwürfe womöglich den Zweck hatten, die Stalins
Sowjetunion einzuschüchtern.
2. Diejenigen, die sich zu Vollstreckern der Einsatzbefehle machten, denn wer Soldat ist, schuldet keinen blinden Befehlsgehorsam, sondern sollte sich im Kriegsrecht auskennen, welche Befehle zulässig sind und welche nicht.
3. Die japanische Regierung,
- die den Krieg begonnen hatte, barbarische Kriegsverbrechen verübte und einen
Militarismus verkörperte, mit dem sich ausschließlich im deutschen Faschismus
Verbündete finden konnte,
- die militärisch längst geschlagen war und dennoch nicht kapitulierte,
- die auch dann nicht kapitulierte, als ihr der Atomwaffeneinsatz angedroht
wurde,
- die auch dann nicht kapitulierte, als Hiroshima zerstört war, sondern eine
Informationssperre verhängte.
4. Die faschistische Regierung Deutschlands, die ihre barbarische Ideologie in barbarische Politik und "Herrenrasse"-Krieg umsetzte, stets nach "Wunderwaffen" strebte, mit denen sich die militärische Niederlage in einen "Endsieg" verwandeln ließe, sich deshalb an der Atomwaffenentwicklung versuchte - und dessen zumindest dringend verdächtig war.
5. Die Wissenschaftler und alle, die sich in den
Dienst faschistischer Atomwaffenentwicklung stellten und auch dadurch
provozierten, dass in den USA Wissenschaftler wie Oppenheimer und Albert
Einstein zuvorkommen wollten - und vielleicht auch mussten, was gesondert
untersucht gehört.
Wobei ich mutmaße, dass viele us-amerikanische Wissenschaftler davon ausgingen,
dass ihre Atomwaffe ausschließlich zur Vergeltung eines nazideutschen
Ersteinsatzes kommen werde, obgleich die Städtebombardements der Alliierten
Ausmaße auch andere Aussicht nahe legten.
6. Die Bevölkerungen aller kriegsbeteiligten
Nationen, dass sie ihre Regierungen gewähren ließen, womit keine
Kollektivschuld gemutmaßt ist und auch nicht, dass der Mensch zum
"Held-Sein" verpflichtet sei, aber zur Mitverantwortung für alles
Politische im Rahmen dessen, was individuell an Nachdenklichkeit, Wissen und
eben auch Widerstand zumutbar gewesen wäre und ist.
Überdies würde die Kollektivschuld-Befürwortung zu einer Mitleidlosigkeit
führen, wie sie Militaristen grad recht ist, wie sie auch einem Hitler eigen
war, der nicht sich in die Verantwortung nahm, sondern befand, dass das deutsche
Volk sich nicht bewährt habe und den eigenen Untergang verschulde.
Klarstellend: Mir geht es nicht darum, Truman und seine Bomberpiloten (moralisch) hängen zu sehen, zumal ich mir der gesollten Fehlerfreiheit an deren Stelle nicht sicher bin, sondern eher den noch so lange von vielen Japanern verehrten Kaiser und vor allem die japanische Militärjunta. - "Kultur", wenn Heiligsprechung nationalistischer Traditionen, kann so entsetzlich verdummen.
"Aber das ist doch alles Schnee von gestern!"
Nein, ist es nicht, denn solange es Atomwaffen gibt, ist die Asche von gestern auch die Asche von heute und morgen, wenn wir nicht dafür sorgen, aus Hiroshima und Nagasaki die richtigen Schlüsse zu ziehen, Atomwaffen zu ächten und zu verbieten.
"Die richtigen Schlüsse wurden gezogen, denn es wiederholte sich nicht!"
Nein, es
wurde und wird immer wieder der Atomwaffeneinsatz nicht bloß zur Abschreckung
angedroht, sondern auch ernsthaft erwogen, zumal die Androhung oft keine Wirkung
hat.
Aktuelles Beispiel: Das nordkoreanische
Regime prahlt unverdrossen mit eigener Untergangslust - und wer es für
"bloße Prahlerei" hält, kann sich gefährlich irren.
Aber Nordkorea unterscheidet sich von anderen Atomwaffenstaaten nur durch die
Schrille der Töne, denn inhaltlich ist man sich einig, dass der kollektive
Untergang eine hinnehmbare Alternative sei zur friedlichen Beilegung von
Konflikten, wie sie nur zu gewährleisten ist, wenn die Nationalstaaten auf
polizeiliche Mittel abgerüstet werden und den Vereinten Nationen das
militärische Gewaltmonopol zugebilligt wird.
Und das wichtigere Nein begründet sich mit dem vollends unterschätzten Risiko eines versehentlichen Atomkrieges, denn dieses Risiko ist das Hauptrisiko, an dem die Menscheit schon oft um Haaresbreite vorbeischrammte - und stets um Jahrzehnte verschwiegen, damit der Glaube an die Verlässlichkeit von Atomwaffenstrategien nicht verlorengeht.
"Was einmal in der Welt ist, wird aber bleiben!"
Solche Gefahr besteht und ist auch den 122
Staaten bewusst, die sich am 7.7.2017 gegen den Willen der Atomwaffenmächte und
deren Trittbrettfahrer auf ein weltweites Atomwaffenverbot
verständigten. Darum enthält der Vertrag Vorschriften zur Überwachung, wie
sie auch schon der Atomwaffensperrvertrag forderte.
Darüber hinaus wäre allerdings ein weltweites "Whistleblowergesetz"
erforderlich, denn es gehört "verraten", wenn jemand
Verbrechen begeht oder vorbereitet.
Markus S. Rabanus 2017-08-30
Anlass für diesen Text war eine hervorragende
Dokumentation, die ARTE ausstrahlte.
"Count-Down in ein neues Zeitalter: Hiroshima"
Dokumentarfilm Großbritannien 2014 - Thema: Hiroshima und Nagasaki |
arte
http://programm.ard.de/TV/arte/count-down-in-ein-neues-zeitalter--hiroshima/eid_2872415126016044
Hiroshima Schuld Nagasaki Schuld
www.Friedensforschung.de |