Multikulti ist nicht tot

Offener-Brief.de
28.10.2010

Sehr geehrter Herr Seehofer, 

auf dem Deutschlandtag der Jungen Union riefen Sie unter dem Jubel der Anwesenden aus: "Multikulti ist tot!"  -  So tot nun auch wieder nicht, denn ich lebe noch - und nicht bloß mit dem Bekenntnis zur pluralistischen Gesellschaft, sondern auch in der sehr lebendigen, pluralistischen Realität unseres Landes, beispielsweise in einem multikulturellen Haus mit Menschen unterschiedlicher Religion oder atheistischer Anschauungen, mit Menschen unterschiedlicher Traditionen. Wir leben. Nicht bloß tolerant und friedlich, sondern freundlich, kooperativ und befreundet, mitunter gemeinsame Familien gründend.

Wenn da ein Mieter oder Betriebsangehöriger mit dem Spruch käme, Multikulti sei tot, so hätte er bei uns umzulernen, denn solche Leute stören den Frieden und behindern die gemeinschaftliche Lösung von Problemen, die sich zwar auch aus kulturellen Unterschieden ergeben können, aber selbst dann zumeist persönlicherer oder ganz anderer Art sind, sozialstruktureller oder projektkonzeptioneller Art, deren Uminterpretierung zu multikulturellen Problemen ein Irrweg ist oder Ablenkung von den realen Ursachen und Erfordernissen. - So in meinem Betrieb, so auch in der Gesellschaft. Zweifeln Sie daran, dann schicken Sie eine Person Ihres Vertrauens zu uns ins Praktikum; zwei Wochen Berlin, kostenlos einschließlich An- und Abreise.

Der Pluralismus steht unter Verfassungsschutz, ist Gebot zum Frieden unserer pluralistischen = multikulturellen Gesellschaft. 

Wer die Realität der gesellschaftlichen Multikulturalität, die Verpflichtung und den Anspruch, diese multikulturelle Gesellschaft friedlich und mehr noch kooperativ zu gestalten, für tot erklärt, verhöhnt die Verfassung. Das sollten Sie nicht tun, schon gar nicht als Ministerpräsident von Bayern, schon gar nicht in Ansprache vor der Jungen Union, die lernen und vermitteln muss, mit Menschen anderer Kulturen in gegenseitigem Respekt umzugehen und Integration zu schaffen.

Die etwaige Ausrede, "Multikulti ist tot" sei "anders gemeint", kann so wenig wie das Bekenntnis genügen, nicht über Rot fahren zu wollen, es aber dennoch zu tun.

Mit freundlichen Grüßen
Markus Sebastian Rabanus
  - Unternehmer -

Berlin, 28.10.2010

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Reaktionäre Sprücheklopfer behaupten, dass es Verdienst der Christdemokraten sei, dass es in Deutschland im Unterschied zu anderen europäischen Staaten "rechts von den Unionsparteien keine Partei" gebe. Das ist purer Unsinn, denn in keinem anderen europäischen Staat bescherte der Rechtsextremismus eine vergleichbare Verbrechenshypothek, wie es in Deutschland stattfand. Das ist der Grund für mehr Sensibilität, die durch reaktionäre Sprüche von Spitzenpolitikern erodiert wird, also rechtsextremistische Stereotype fördert.

Populismus - und was das ist

Reaktionäre Sprücheklopfer behaupten, dass sie "die Sorgen vieler Menschen ernst nehmen", indem sie in deren Formulierungen sprechen. Nein, sie nehmen die Sorgen keinesfalls ernst, wenn sie falsche Diagnosen übernehmen und nicht dagegen aufklären. Populisten ist einzig wichtig, an der Spitze zu stehen. Dazu sind ihnen Zweck und Mittel gleichgültig.

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>> Moralische Nachhilfe für Horst Seehofer  06.03.2011 

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