SyrienGiftgasMassaker2013Schuldfrage 

- ein Rückblick -  08.04.2017

Prinzpiell: Schuldig ist, wem das Massaker nachgewiesen ist. 

Der Schuldnachweis war seitens des Weltsicherheitsrats nicht beauftragt, sondern lediglich. ob es Giftgas war. 

Der Giftgas-Nachweis wurde erbracht. Zum Schuldnachweis traf der Bericht keine Feststellungen.

Rechtsfolge: Alle verdächtigen Bürgerkriegsparteien inklusive Assad wären freizusprechen, denn in dubio pro reo gilt auch im Völkerrecht. 

Faktische Folge: Ein grausames Massaker und Freispruch für alle Tatverdächtigen. Also vollends inakzeptabel.

Deshalb stellt sich die weitere Fragen, wer die Klärung der Schuldfrage vereitelte? 

Wenn ich recht erinnere, bestand die Vetomacht Russland darauf, dass die Schuldfrage nicht untersucht wurde. 

Vielleicht ein schmutzig-pragmatischer "Deal", damit massenweise Giftgas aus syrischen Armeearsenalen vernichtet werden konnten? 
Vielleicht, weil Russland fürchtete, im Falle Assads Täterschaft nicht mehr ohne Gesichtsverlust an seiner Seite kämpfen zu können. 
Vielleicht, weil Russland dann andere Interessen hätte offenlegen müssen, über die zu sprechen, weniger schmeichelhaft ist als über "Beistand gegen Terroristen", nämlich über Moskaus Interesse a) am letzten russischen Marinestützpunkt am Mittelmeer, b) an Syrien als Kunden der russischen Waffenindustrie, c) am russischen Einfluss in dieser Region.

So jedenfalls meine Vermuttung, muss aber nicht wahr sein. Also in dubio pro reo Moskau. 

Oder die US-Regierung verzichtete auf die Schuldklärung, um die Übertretung der "Roten Linie" nicht ahnen zu müssen. Da aber die USA zwar Supermacht ist, aber ohne speziellen Auftrag des Weltsicherheitsrates dann eben auch völkerrechtliche Legitimation, sich zur Hüterin des Völkerrechts zu machen, wäre es richtiger gewesen, die Wahrung "Rote Linien" dem Weltsicherheitsrat zu überantworten, auch wenn das für die US-Regierung ein Gesichtsverlust bedeutet hätte. Aber es wäre immerhin nur ein Gesichtsverlust aus Perspektive von völkerrechtsunkundigen Leuten gewesen, während die US-Regierung bei Völkerrechtskundigen einen Gesichtsgewinn hätte erheischen können.

Lässt sich nicht aussschließen, muss aber auch nicht wahr sein.  Also in dubio pro reo Washington. 

Sowohl Russland als auch die USA sind mir hinsichtlich dieses ersten Syrien-Giftgas-Massakers 2013 der Strafvereitelung verdächtig - und Moskau diesbezüglich m.E. deutlich schlimmer als Washington. 

Aber eines wurde klar: Assad hatte Chemiewaffen. Deshalb hat Assad m.E. deren Einsatz entweder direkt oder indirekt zu verantworten, auch wenn sie in die Hände von Rebellen gefallen sein sollten, denn was man an verbotenen Waffen hat und in dritte Hände gelangen lässt, macht sich der dritten Hände mitschuldig. 
In solchen Fällen wäre ich jedenfalls für eine Beweislastumkehr. Mindestens hätte Assad darlegen müssen, wann, wie, wo und in welchem Umfang seinen Streitkräften Chemiewaffen abhanden kamen - und wieso er das dem Weltsicherheitsrat nicht unverzüglich mitteilte, sondern erst, als wechselseitige Beschuldigungen die Weltöffentlichkeit alarmierten.. 

Darum ist mir Assad tatsächlich "sehr schuldig", aber sowohl gegen die meinerseits geforderte Beweislastumkehr lässt sich gewichtig argumentieren als auch gegen die Behauptung, dass Assad mit den Chemiewaffen über "verbotene Waffen" verfügte, denn Syrien "durfte", weil Syrien der Chemiewaffenkonvention erst am 14-09.2013 beirat.

Und das Wichtigste: All diese Schuldfragen sind m.E. im Moment politisch vollkommen nachrangig, denn es geht den großen Akteuren nicht um Chemiewaffenschuldige, nicht um 1000 oder 10000 Tote, zumal es schon 400.000 sind, das Land zerstört und Millionen auf der Flucht. 
Es geht dem Westen einzig und allein um Regime-Change, weil dieser Assad kein Nato-Mann ist - und nicht etwa, weil er Thron-Erbe einer Diktator ist, was ein besserer Grund wäre, aber nicht um den Preis, den die Humanität dafür zahlt, denn sonst wären weit schlimmere Diktaturen zu stürzen, die stattdessen von den USA, von Deutschland hochgerüstet werden, z.B. Saudi-Arabien. .
Es geht Moskau nicht um "Beistand für einen gewählten Präsidenten eines souveränen Staates", sondern einzig und allein um den letzten russischen Militärstützpunkt am Mittelmeer und um Syren als Waffenkunden.
Und über diese tatsächlichen Interessen wird deshalb nicht verhandelt, weil sie beiderseitig unlauter sind. Das ist keine "Verschwörungstheorie", sondern der bittere Hintergrund dieses Bürgerkriegs, der zugleich ein Stellvertreterkrieg ist. 

Markus S. Rabanus 20170408

lexikalisch >> https://de.wikipedia.org/wiki/Giftgasangriffe_von_Ghuta 

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