NATO-Mitgliedschaft oder Neutralität? Beides
falsch.
Ich halte die NATO-Mitgliedschaft für verfassungswidrig, weil die NATO in ihrer Entstehung und ihrer Praxis kein "System kollektiver Sicherheit" i.S.d.
Art.24 Abs.2 Grundgesetz ist.Ich halte die NATO für völkerrechtswidrig, weil sie keine "regionale Abmachung" i.S.d.
Art. 52 UNO-Charta ist, obgleich sich die NATO in Art.1 des Nordatlantikvertrages von 1949 zu den Prinzipien der Vereinten Nationen bekennt, aber die Sub-Justiz eben nicht auf das Gebiet der Mitgliedsstaaten beschränkt, sondern bloß klassische Militärallianz darstellt, wie es die Vereinten Nationen überwinden wollten.
Beispiele:
Die NATO wäre in Übereinstimmung mit der UNO-Charta, wenn sie z.B. den Zypernkonflikt (notfalls auch gewaltsam) beigelegt hätten & zwar ohne "Gebietsgewinne", denn Zypern und Türkei sind NATO-Mitglieder und hätten einander die Grenzen- entweder zu respektieren gehabt,
- oder einvernehmlich gewaltfrei zu ändern,- oder einen Gerichtshof entscheiden zu lassen.
Die NATO darf ohne Entschließung des Weltsicherheitsrates aber keine militärischen Aktivitäten gegen Drittstaaten entfalten, sogar auch keine Notwehr, wenn nicht per Dringlichkeitssitzung der Weltsicherheitsrat befindet, dass es tatsächlich Verteidigung ist.
Nach vorherrschender Auffassung der Völkerrechtslehre sind "Systeme kollektiver Sicherheit" und "regionale Abmachungen" i.S.d. UNO-Charta stets nur auf das Binnenverhältnis solcher Bündnisse zu beziehen.
Folgerichtig wäre deshalb der NATO-Austritt, aber ich plädiere dennoch eher dafür, dass Deutschland durch Mitgliedschaft seinen Einfluss geltend macht und innerhalb der NATO darauf besteht, dass sich die NATO völkerrechtskonform verhält.
Neutralität? Naja, ist mir das überhaupt erstrebenswert?
Pro Neutralität: Die Polarisierung, wie sie jede Konfliktpartei mit der Welt treibt
("Helft mir, die andere Seite ist sooo satanisch.") eskaliert regionale Konflikte.
Contra Neutralität: Überließe man die Konfliktparteien sich selbst, so wäre dort das Recht des Stärkeren und/oder Rücksichtsloseren. Kleine Staaten wären immerzu unterlegen, es sei denn, dass sie Tresore ("Steueroasen") der Mächtigen wären.
Darum ist mir die Neutralität nicht mein Favorit, sondern der Internationale Gerichtshof könnte es sein, wenn dessen Kompetenzen erweitert würden, denn dann wäre es wie in jedem halbwegs funktionierenden Rechtsstaat:
"Ich kann mich zwar über manches Urteil ärgern, weil ungerecht usw., aber es ist besser, vor Gericht zu unterliegen als auf dem Schlachtfeld."
Wenn zwei sich streiten, müssen von den Streitparteien unabhängige Gerichte auf Basis des Völkerrechts entscheiden.
Soll der Richter "neutral" sein? Das trifft es irgendwie nicht, denn der Richter soll das Recht vertreten und zum Recht verhelfen, soll den Rechtsstreit entscheiden, den Rechtsfrieden herstellen. "Der Richter ist Pazifist. Wie es dann auch der Vollstreckungsbeamte wäre."
Naja, jedenfalls nach meiner Pazifismus-Definition, wie sie Immanuel Kant und Albert Einstein folgt, die ebenfalls forderten, dass sich die Rivalen dem Recht unterwerfen, denn auch faires Verhandeln lässt sich oft nicht, wenn Stark & Schwach am Tische sitzen.
Aber ich weiß sehr wohl, dass der Pazifismus leider oft anders besetzter Begriff ist und bloß den Friedenswillen ausdrückt, als genüge der Friedenswille zum Ziel.
Und wir können ja leider auch keinen Gandhi befragen, ob sein Spruch so universelle Geltung haben kann, wie er im Gegenüber einer weit überlegenen Kolonialmacht rational & humanistisch ohnehin alternativlos war, wenn er zitiert wird: "Es gibt keinen Weg zum Frieden, der Frieden ist der Weg."
Das ist so ein toller Spruch, aber er funktioniert dem Friedlichen eben nur, wenn auch das politische Gegenüber einen gehörigen Rest an Anstand hat. Das lässt sich nicht immer voraussetzen oder beobachten.
Markus S. Rabanus 20151127