Rechtsnotstand

Rechtsnotstand ist eine juristische Hilfskonstruktion für gebotene Handlungen, für die es an Rechtsgrundlagen fehlt. In der juristischen und politischen Debatte ist die Formulierung >> Übergesetzlicher Notstand gebräuchlicher, aber nach hiesiger Auffassung irreführend, weil er impliziert, dass es gebotene Handlungen gebe, für die sich keine Rechtsgrundlage entwickeln lasse. während für den Begriff Rechtsnotstand die Vorstellung genügt, dass die Legislative einen Regelungsbedarf übersehen oder noch nicht gedeckt hat.

Rechtsnotstand im Völkerrecht

Während im innerstaatlichen Recht Rechtsnotstände kaum vorstellbar sind, weil die Regelungsdichte gewachsen und häufig ausreichend ist, erlangt der Rechtsnotstand in den internationalen Beziehungen eine höhere Bedeutung dadurch, dass es zu wenig kodifiziertes Weltrecht gibt und der Weltsicherheitsrat durch das Veto-System in so vielen Fällen zur Selbst-Blockade tendiert, weil sich die Veto-Mächte gegenseitig ärgern wollen und aus Streitigkeiten mit sogar eindeutiger Schuldsituation Vorteile gegen die anderen Veto-Mächte zu ziehen versuchen. 

Dadurch kann es passieren, dass ein Staat durch einen anderen Staat bedroht wird und keine Hilfe durch den für solche Situationen zuständigen Weltsicherheit bekommt. 

So wenig jemand hinnehmen müsste, dass sein Nachbar untalentiert an der Gasleitung schraubt oder Raketen am Gartenzaun aufbaut, weil es innerstaatliches Recht verbietet, so wenig sollte sich auch ein Staat gefallen lassen müssen, dass ein anderer Staat Dinge treibt, die Risiken für andere Staaten bedeuten. 

Wenn dann aber der Weltsicherheitsrat nicht hilft, weil seine Mitglieder mal wieder gegeneinander mit den Veto-Rechten spielen, dann kann dem bedrohten und rechtlich im Stich gelassenen Staat auch ein präventives Handeln gegen die Bedrohung nicht abgeredet werden >> Präventivkrieg, es sei denn, dass er selbst zu jenen Staaten gehört, die im Verein mit den Veto-Mächten die Weltrechtsentwicklung blockierten und sich darum auf die Rechtsdefizite nicht berufen können.

Häufig kann es Abgrenzungsprobleme geben, ob ein Rechtsnotstand oder ein gewöhnlicher Notstand vorliegt, denn laut Kapitel VII der UNO-Charta ist jedem Staat schon die Bedrohung eines anderen Staates verboten, so dass der Weltsicherheitsrat gemäß Artikel 41 und 42 aktiv werden müsste, um die Bedrohung zu unterbinden. 
Wenn nun aber der Weltsicherheitsrat dem potentiellen Aggressor mit Gewalt nur droht und sonst nichts tut, obwohl der gewarnte Staat die Aggression weiterhin vorbereitet, dann wird sich letztlich der im Stich gelassene Staat nicht hindern lassen, präventiv vorzugehen, gleichwie ihm die Rechtslage scheint, wenn sich a) solch Vorpreschen gegen den anderen Staat militärisch zutraut und b) keine militärischen Reaktionen des Weltsicherheitsrats gegen sich fürchten muss.

Um solch Wildwuchs an Selbstjustiz zu vermeiden, müsste die Weltorganisation einerseits Bedrohungen stärker unterbinden und andererseits dem potentiellen Selbstjustizler militärische Gewalt androhen.

Markus Rabanus 200512 u. 20140810

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