Feindstaatenklausel, ein Relikt des Zweiten Weltkrieges.
Nach dem Zweiten
Weltkrieg wiederholte die Charta
der Vereinten Nationen mit ihrer Feindstaatenklausel
einen Fehler des Völkerbundes, der
nach dem Ersten Weltkrieg in seinem
statuierenden Dokument Versailler
Vertrag die Kapitulationsbedingungen für Deutschland enthielt. Grund für solche Fehler war, dass die Staaten erst nach diesen bis dahin jeweils größten Politikkatastrophen festere Gemeinsamkeit in Friedensfragen suchten und die jeweils jüngsten Feindschaften in den Abkommen nachwirkten. Richtiger wäre es in beiden
Fällen gewesen, wenn die Rechte gegenüber den Feindstaaten vorausgegangener
Kriege ausschließlich Gegenstand gesonderter Abkommen gemacht worden
wären, die sich an den Verfassungstexten der Weltorganisation hätten
orientieren müssen. |
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Artikel 53 Charta der Vereinten Nationen | Kommentar und Kritik |
(1) Der Sicherheitsrat nimmt gegebenenfalls diese regionalen Abmachungen oder Einrichtungen zur Durchführung von Zwangsmaßnahmen unter seiner Autorität in Anspruch. |
spezielle Kommentierung >> KLICK |
Ohne Ermächtigung des Sicherheitsrats dürfen Zwangsmaßnahmen auf Grund regionaler Abmachungen oder seitens regionaler Einrichtungen nicht ergriffen werden; | spezielle Kommentierung >> KLICK |
ausgenommen sind Maßnahmen gegen einen Feindstaat im Sinne des Absatzes 2, soweit sie in Artikel 107 oder in regionalen, gegen die Wiederaufnahme der Angriffspolitik eines solchen Staates gerichteten Abmachungen vorgesehen sind; | Diese Ausnahme vom zuvor genannten Gewaltverbot wird "Feindstaatenklausel" genannt. |
die Ausnahme gilt, bis der Organisation auf Ersuchen der beteiligten Regierungen die Aufgabe zugewiesen wird, neue Angriffe eines solchen Staates zu verhüten. | Den
Feindstaaten
des Zweiten Weltkrieges wird möglicherweise kein eigenes Recht gewährt, die Streichung
der Feindstaatenklausel zu "ersuchen",
denn mit den "beteiligten
Regierungen"
sind nur die Siegermächte des Zweiten Weltkriegs gemeint. Dann könnte die Bundesregierung z.B. die Staaten der EU oder NATO bitten, dass in der UNO-Charta für Deutschland ein veränderter Status festgestellt oder die Feindstaatenklausel gänzlich gelöscht wird, wenn sie auf keinen Staat mehr zutreffen soll. |
(2) Der Ausdruck "Feindstaat" in Absatz 1 bezeichnet jeden Staat, der während des Zweiten Weltkriegs Feind eines Unterzeichners dieser Charta war. | Unklar ist, ob neben Deutschland und Japan auch weitere Staaten keinen Schutz durch die UNO-Charta haben, denn nach dem Wortlaut könnten auch solche Staaten gemeint sein, die während des Zweiten Weltkrieges vorübergehend Feinde eines Charta-Unterzeichners war, also z.B. Italien, Türkei, ... |
Artikel 78 Das Treuhandsystem findet keine Anwendung auf Hoheitsgebiete, die Mitglied der Vereinten Nationen geworden sind; die Beziehungen zwischen Mitgliedern beruhen auf der Achtung des Grundsatzes der souveränen Gleichheit. |
Konstruktive
Auslegung:
Dieser Artikel sollte auch Suspensivwirkung für die Feindstaatenklausel des Artikels 53 haben. |
Reformforderung
Die Feindstaatenklausel sollte gestrichen werden, denn: 1. Die Feindstaatenklausel perpetuiert
einen Feindstatus, der längst überwunden ist. Es ist ein Armutszeugnis insbesondere bundesdeutscher und japanischer Außenpolitik, dass die Feindstaatenklausel noch immer in der Charta steht. Gegen die Forderung nach einer Streichung der Feindstaatenklausel wird nicht selten der Einwand geltend gemacht, dass die Feindstaatenklausel nicht mehr anwendbar sei. Aber die Nichtanwendbarkeit einer Klausel ist das wohl schlechteste Argument für die Beibehaltung einer als unanwendbar erkannten Norm sein, denn schlechtere werden zumindest nicht genannt. Ralf Rotte schreibt im PDF-Dokument www.ipw.rwth-aachen.de/paper_7.pdf : "Dies ändert jedoch nichts daran, dass die Feindstaatenklausel seit 1990 endgültig obsolet und ihre Entfernung aus der Charta zwar systematisch wünschenswert, aber letztlich redaktioneller Natur ist." Der wahrscheinlichere Grund für Nichtstreichung dürfte sein, dass dieses Thema den Kriegsverlierer-Staaten noch immer "zu peinlich" ist. Rotte mag sich über sein "wünschenswert" hinaus nicht zum "Fordern" durchringen und redet das Problem gleich wieder klein, was man gewiss mit nahezu jedem Problem tun kann, aber dann wäre das Erkennen von politischen Fehlern nur unpolitischer Zeitvertreib. So unwichtig sollte
jedoch niemandem sein, was Inhalt der UNO-Charta ist, denn es ist zwar
unvermeidlich und oft gut, dass Normen durch die
Realität eingeholt werden, aber wenn
der Normgeber auf veränderte Realitäten nicht reagiert, dann verliert sein Normwerk an
Qualität und Autorität. |
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Anlass
für die ausführliche Auseinandersetzung
mit diesem Thema war, dass sich unter dem Begriff "Feindstaatenklausel"
bei der Suchmaschine www.Google.de
rechtsextremistische Ausschlachtungen an vorderster Stelle fanden. Das werden wir
mit dieser Seite nun hoffentlich ändern können. Aber den demokratischen Freunden sei ins Bewusstsein gebracht: Wenn wir uns nicht um die Erledigung von längst nicht mehr gerechtfertigten antideutschen Feindklauseln in der UNO-Charta kümmern, dann ist das "gefundenes Fressen" für den Rechtsextremismus. Und dann hebt auch antifaschistisches Parolieren wie "Kein Fußbreit den Faschisten" solches Versagen von Demokraten nicht auf. |
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Friedensforschung |
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